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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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läßt sie in Körben, die an eisernen Ketten hängen, hernieder; diese Maschinen sind derartig eingerichtet, daß sie hundert Körbe mit je zehn Mann in Waffen und Gepäck auf einmal herabschaffen, und solches ganz leicht und ohne Schwierigkeit; die Bewohner des Landes aber von zwanzig Meilen im Umkreise sind so in Furcht vor diesem Schauer von bewaffneten Männern, daß sie ihre Abgaben eifrig an den Fuß des Berges bringen und die Körbe, die sie dort vorfinden, mit ihnen anfüllen!« Da sprach der Hauptmann: »Bei meinem Barte, ich will mein bißchen Ruhm einbüßen, wenn ich nicht Verwirrung in diesen Handel bringe! Doch was ist der Bigstaf, von dem du mir gesprochen hast, für ein Mann? Ist er ein Kämpfer von erstaunlicher Kraft? Würde er wohl die Herausforderung, sich Stirn an Stirne mit mir zu messen, ritterlich annehmen?« »Seine Gestalt ist ein wenig riesig, er geht, von Kopf bis zu Fuß mit Eisen bedeckt, ebenso leicht einher, als wenn er in Federn ginge, und bedient sich nur seiner Keule, die aus vergoldetem Erz besteht und fünfundsiebzig Pfund wiegt, und schwingt sie wie eine Aloerute; und ich glaube, daß er sich nur mit dem in einen Einzelkampf einlassen wird, der sich ihm in gleicher Bewaffnung entgegenstellt!« »Ach,« sagte Bergspalter darauf, »welche Freude würde ich haben, wenn ich ihm in genauer Entfernung von meinem Arme gegenüberstünde. Ich wollte ihm mit meiner Klinge nur die Nasenspitze abschlagen, um das Vergnügen zu haben, ihn die Zähne fletschen zu sehen, ehe er unter meinen Streichen stürbe. Denn ich bin ja geboren, mit meinem Schwerte zu siegen oder zu fallen, und überlasse den Gebrauch der Keule allen, die dazu berufen sind, Ochsen totzuschlagen ... Kommt der Kerl denn niemals allein herunter? Könnte man ihm nicht entgegentreten und angreifen, ohne ihm Zeit zu lassen, seinen Vorteil auszunutzen?« Da antwortete der Derwisch: »Er kommt niemals hervor, außer wenn er weiß, daß jemand in sein Gebiet eingefallen ist. Ach, leider hat das zweien unserer Kumpane, Zenhadib oder Eisenarm und Zenbulad oder Stahlzahn, das Leben gekostet, die so verwegen waren, in seinen Gebieten zu jagen; sie waren für jeden andern unüberwindlich, doch er ließ sie von seinen Mannen einschließen, und während Eisenarm mit Fausthieben ihrer viele niederschlug und Stahlzahn andern die erstaunliche Kraft seines Gebisses fühlen ließ, kam er hinzu und tötete sie beide mit seiner Keule!« »Tod und Teufel, ich will sie rächen,« rief der Hauptmann Bergspalter, »deine Schilderung bringt mein Blut so in Aufregung, als wenn er eben meine Brüder getötet hätte, und ich brenne vor Ungeduld, alle deine Leute kennenzulernen; laß uns schlafen gehen, um das Verlangen zu mäßigen, denn ich kenne nur dieses Heilmittel dafür!«
    Trinkaus kam dieser Aufforderung nach, und beide streckten sich auf Blätter und einige Tierfelle aus, die sich im Hintergrunde der Höhle vorfanden. Mit den ersten Strahlen der Morgenröte erwachten sie und verließen ihre Höhle, um zu lustwandeln, als der Derwisch von weitem drei Männer kommen sah. »Da kommen unsere Leute«, sagte er. »Wie heißen sie?« »Ihre Namen künden ihre Fähigkeiten an. Der erste nennt sich Gillarisch oder Scharfblick und kann auf vierzig Meilen im Umkreise eine Nadel auf der Erde liegen sehen. Der zweite heißt Nadhertavil oder Geradinsziel und vermag mit seinem Pfeile auf die gleiche Entfernung in ein Apfelherz zu treffen. Karaamek oder Schneidewind aber, der ihm folgt, kann den Pfeil in fünf Minuten wieder herbeischaffen. Sie sollen vor deinen Augen arbeiten, und du magst danach beurteilen, welchen Nutzen du aus ihnen ziehen kannst!« Inzwischen waren die drei Gesellen herangekommen.
    »Freut euch, o Kumpane,« rief Trinkaus ihnen zu, »das Schicksal hat uns in dem wackeren Ritter hier bei weitem mehr wiedergegeben, als es uns an Eisenarm und Stahlzahn geraubt hat; es ist dieses der schreckliche Hauptmann Bergspalter, dessen Arm und Schwert und Kopf uns in den Stand setzt, uns an unserm grausamen Feinde zu rächen und in Frieden und Freuden auf der Erde zu leben! Aber ihr wißt doch, daß wir heute ein Mittagsmahl haben müssen, solltet ihr da ohne Vorräte kommen?« Da antwortete Geradinsziel: »Nein, wir werden nicht übel daran sein, wenn du Kuchen hast. Bilamisch oder Gutrücken kam mit uns und hat ein sechs Monate altes Kalb auf seinen Schultern und zwei Fässer Wein unter den Armen, doch es kam ihm noch die Lust an, in einen Garten zu

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