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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymer Verfasser
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Beinen ankommen zu sehen. »Was hast du der angetan, die ich dir anvertraut habe?« fragte er ihn. »Möge dich der Himmel mit ihr vereinigen!« erwiderte der unglückliche Ehemann, »du hattest mein Weib verführt, und es läßt mich für seine und deine Missetaten bestrafen!«
    Nach solchem Zornanfalle erzählte er dem Liebhaber, indem er vor Wut heulte, was sein Weib mit ihm angestellt habe; und nachdem sie sich alle beide gehörig ausgesprochen hatten, ergriffen sie die Gelegenheit, einer dem andern zu verzeihen, um ihre gemeinsame Gefangenschaft besser ertragen zu können.

Die Geschichte von der scharfsinnigen Ausflucht zweier Trunkener
    Hudschadsch, der durch seine Strenge so bekannte Statthalter des Sultans, hatte dem Aufseher der Wache von Bagdad eingeschärft, alle die zu töten, denen er zwei Stunden nach Sonnenuntergang auf den Straßen begegnete; als dieser nun die Runde machte, überraschte er zwei vom Weine berauschte junge Männer. »Wer seid ihr denn,« fragte er mit barscher Stimme, »daß ihr den Befehlen des Stellvertreters des Sultans entgegenhandelt?« Der eine der jungen Leute antwortete ihm durch folgende Stegreifverse:
    Große Herren, bleich und zitternd – Neigen sich vor meinem Vater,
Aber wenig rührt den ihre – Demutsvoll ergebne Haltung:
Er vergießt ihr dunkles Blut – Und bereichert sich an ihnen.
    Der Aufseher war überzeugt, daß der junge Mann ein naher Verwandter des Sultans sei, und wagte nicht, ihn töten zu lassen, und gab sich damit zufrieden, ihn ins Gefängnis zu setzen.
    Er stellte die gleiche Frage an seinen Begleiter, der ihm mit andern Versen antwortete:
    Tag und nächtens brennt das Feuer :– In den Küchen meines Vaters,
Und es drängt der Gäste Menge – Ständig sich um seine Tische!
    Der Aufseher hielt ihn für den Sohn eines Araberfürsten aus der Wüste und glaubte, ihm die gleiche Schonung zukommen lassen zu müssen wie dem ersten.
    Und er führte folgenden Morgens die beiden jungen Leute vor Hudschadsch, indem er ihm erzählte, was sich ereignet hatte. Als der Wesir sie befragte, gestand der erste, daß er der Sohn eines Arztes wäre; und der zweite sagte, daß sein Vater alle gekochten Bohnen im Basar der Stadt verkaufte. Trotz seiner natürlichen Strenge konnte sich Hudschadsch ein Lachen ob des Versehens seines Wachthauptmanns nicht verkneifen und begnadigte die beiden Schuldigen auf Grund ihrer Verstandesschärfe.

Die Geschichte von den Heldentaten und dem Tode des Hauptmanns Raggad oder Bergspalter und seiner Tapferen
    Nachdem der Hauptmann Bergspalter weit in der Welt umhergekommen war, fand er sich in Ägypten, und zwar in der Nähe des gebirgigen Teiles dieses Landes; seine außerordentliche Gefräßigkeit war kaum zu ersättigen, und der Schrecken, den er aller Welt einjagte, hielt die für seine Bedürfnisse nötigen Hilfsquellen von ihm fern.
    Als er nun eines Tages eine Einöde durchquerte, führte ihn der Zufall in die Hütte eines Derwischs. »O heiliger Mann,« sprach er zu ihm, »du siehst einen Kriegsmann vor dir, der Hungers stirbt; hast du nicht einige hundert Nüsse zu knacken?« »Die Ratten haben gute Zähne,« antwortete ihm der Derwisch, ohne aufzustehen, und fuhr fort über sein Buch nachzusinnen; »sie haben alle Nüsse, die mir die Mildtätigkeit der Gläubigen einbrachte, aufgezehrt und haben mir nur die Schalen zurückgelassen; der einzige Vorrat, der mir bleibt, ist der Nilzwieback, den du vor meiner Türe siehst.« Also endend, wies er gleichzeitig auf einen Stein von sechs Fuß Länge und drei Fuß Höhe hin.
    »Den ißt du?« fragte Bergspalter, »bei Allah, du bist kein Kostverächter! Ich kenne dies Backwerk, Ägyptens Pyramiden sind aus ihm erbaut, doch kann ich dein Tischgenosse sein. Er ist etwas schwer zu verdauen für andere Magen als unsere; erlaube, daß ich mir eine Schnitte herunterschneide!« Und zog im selben Augenblicke sein Schwert; und mit einem Streiche säbelt er eine Schnitte von drei Palmenblätter Dicke ab und zerbricht sie in mehrere Stücke, zermalmt sie mit den Zähnen und schlingt sie hinunter. >Welch ein Schwert, welch ein Arm,< sprach der Einsiedler bei sich selbst, >mein Hausrat ist zwar ziemlich dauerhaft, aber der Mann da könnte mir in vier Mahlzeiten alles wegputzen; ich muß ihn mir zum Freunde machen.< »O Herr,« sprach er zu ihm, »ich wundere mich zu gleicher Zeit über die Kraft deines Armes und seine Geschicklichkeit und finde außerordentliche Gaben an dir. Ich wünsche deine

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