Tausend und eine Nacht, Band 4
einen Beutel, voll mit Gold und Edelsteinen, vier Sklaven, zwei Maultiere mit Lebensmitteln beladen, und ein Reitpferd, dessen Geschirr ein halbes Königreich wert war, und begleitete mich, noch ehe die Sonne mich verraten konnte, bis zur Stadt hinaus, wo Maher mit vielen berittenen Dienern mich erwartete. Er empfahl mich diesem noch einmal, nahm Abschied von mir und kehrte in die Stadt zurück. Ich reiste nun mit Maher drei Tage lang durch ein sehr wildes und unwirtbares Land, am vierten Tag aber gelangten wir in ein lachendes Tal mit wohlduftenden Blumen, murmelnden Bächen und zwitschernden Vögeln; ich bat Maher, hier ein Zelt für uns aufschlagen zu lassen, um einen Tag auszuruhen. Er stieg sogleich von seinem Maultier und ließ von seinen Dienern am Ufer eines Baches, dessen Wasser den Tränen eines Liebenden in der Trennungsnacht gleichen, ein großes seidenes Zelt aufschlagen und Teppiche darunter ausbreiten, mit Diwanen von Straußfedern. Nachdem ich eine Weile ausgeruht hatte, erging ich mich im Tal und pries den Schöpfer der Welt, der die Zahl der Regentropfen sowohl als der Sandkörnchen kennt. Der Gesang der Taube glich den Seufzern des Fremdlings, der sich nach seiner Heimat sehnt, die Baumzweige umschlangen sich, vom Winde gewiegt, wie Freunde, die sich wiedersehen, die ganze Natur schien mir belebt und entzückte mich so sehr, daß ich in Gedanken immer vorwärts ging, ohne zu wissen, wohin, bis endlich der Abend herannahte. Jetzt suchte ich vergebens Maher wieder auf, ich wußte aber den Weg nicht zurückzufinden. Da indessen die Nacht immer dunkler wurde, bestieg ich einen Baum, in der Absicht, darauf zu übernachten, um vor wilden Tieren geschützt zu sein; morgen, dachte ich, werden meine Leute mich aufsuchen und ich werde auch eher den Weg wieder zu ihnen finden. Als ich auf dem Baum war, sah ich zwei Männer kommen, von denen der eine auf einem Elefanten und der andere auf einem Löwen ritt, und viele Diener auf Pferden und Kamelen folgten. In der Nähe des Baumes, auf welchem ich saß, machten sie Halt und der eine sagte zum anderen: »Wollen wir nicht hier die Nacht zubringen, Madjad?« – »Jawohl, Cheidar, hier sind wir sicher vor weiteren Verfolgungen.« –»Was bedeutet wohl das königliche Zelt, an dem wir vorübergekommen?« – »Auch mir ist es aufgefallen; wir wollen einen unserer Diener hinschicken und ausspähen lassen, wem es gehört, vielleicht gibt es etwas zu erbeuten für uns.« Bei diesen Worten zitterte ich wie die Blätter des Baumes, auf dem ich mich befand, und hielt meinen Atem zurück, um nicht entdeckt zu werden. Ich hörte dann, wie Cheidar einen seiner Diener nach dem Zelt schickte und Ihn beauftragte, sich auf eine geschickte Weise Nachricht über den Besitzer desselben zu verschaffen. Der Diener kam bald wieder und sagte: »Das Zelt gehört einem Mann aus dem Land des rauchenden Berges, welcher Ali, den Sohn Farhas, zur Königin Turaja begleitet; Ali selbst wird aber schon den ganzen Abend vermißt und irrt vermutlich in diesem Tal umher.« Als Madjad dies hörte, rief er aus: »Welch ein sonderbares Zusammentreffen! O Gott, laß uns doch Ali finden!« Bei diesen Worten hob er die Augen gen Himmel und bemerkte mich auf dem Baum, den eben der Mond beleuchtete. Meine Angst war so groß, daß ich fast vom Baum fiel, aber Madjad rief mir zu: »Steige herunter, Ali, fürchte nichts! Gelobt sei Gott, der uns ohne weitere Mühe und Gefahr mit dir vereint.« Ich stieg herunter und fragte sie, was sie von mir wollten, und bat sie, mich zu den Meinigen zu führen. Sie riefen den Diener, der ihnen Nachricht von mir gegeben, und wir gingen zusammen in Mahers Zelt; hier angelangt, fragte ich nochmals: »Wer seid ihr und was wollt ihr von mir?« Da antwortete Madjad: »Wir sind die Söhne des Königs Anan, Brüder Tarads, der dich aus dem Schloß der Königin Turaja weggetragen. Diese machte sich, als sie dich vermißte, mit einem zahlreichen Heer gegen Tarad auf, und nahm ihn gefangen. Als mein Vater um seine Freiheit anhielt, sagte sie: Ich gebe ihn nicht eher heraus, bis ich Ali wieder habe.
»Vergebens schworen mein Vater und Tarad, sie haben keine Kunde von dir; sie sagte immer: Ich fordere ihn von euch zurück, ihr müßt mir ihn verschaffen, und wär er unter der Erde. Mein Vater und wir alle suchten dich dann überall und sandten Boten nach allen Provinzen unseres Reiches; als aber all unser Bemühen vergebens war, schrieb mein Vater der Königin Turaja, daß, wenn
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