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Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
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ihre Königin als Gefangene abführen sahen, in aller Eile ein paar tausend Genien aus der weißen Stadt, der Residenz der blauen Königin, geholt, und in der Nacht, als Farkads Armee schon weit voraus war und nur noch einige hundert Soldaten die Gefangenen bewachten, fielen sie über die Wache her und töteten sie bis auf den letzten Mann, so daß Farkad gar keine Nachricht davon erhielt; dann kehrten sie zusammen auf die Insel des rauchenden Berges zurück und überfielen Turaja.
    Turaja – fuhr Ali in seiner Erzählung vor dem Kalifen Abdul Malik fort – kämpfte zwar wie eine Löwin und tötete allein mehr als hundert ihrer Feinde, aber zuletzt war sie so von Genien umringt, wie der Finger von einem Siegelring; es blieb ihr nichts übrig, als sich zu ergeben, denn Anan, der ihr beistehen wollte, wurde von seinem Sohn Tarad als Gefangener vom Kampfplatz weggeführt, mich aber packte die alte Feirusadj, trug mich auf einen hohen Berg und sagte: »Damit es nicht zwischen der blauen Königin und ihren Töchtern um deinetwillen zu neuen Feindseligkeiten komme, sollst du, Verwüster der belebten Häuser, eine Gestalt annehmen, die niemanden verführt.« Sie nahm dann ein bißchen Erde, murmelte etwas, spie darauf, warf sie mir ins Gesicht und sagte: »Verlasse deine menschliche Gestalt und werde ein häßlicher Rabe, der auf den Gipfeln der Berge umherirrt und mit dem sich kein Mensch bis zum Auferstehungstag befreundet.« Sie hatte kaum diese Worte gesprochen, als ich auf einmal ein Rabe wurde, so schwarz wie die Nacht; ich breitete meine Flügel aus und flog davon.
    Ehe ich aber, o Fürst der Gläubigen, fuhr Ali fort, dir meine weiteren Schicksale als Rabe vortrage, will ich dir erzählen, was sich noch ferner zwischen Turaja und der blauen Königin zugetragen. Sobald jene als Gefangene der blauen Königin gebracht wurde, sagte diese: »Wehe dir, du kühne Dirne, mit welchem Recht eignest du dir den schönsten Jüngling auf Erden zu, und verwüstest um seinetwillen ganze Königreiche! Bei Gott! Wenn ich dich nicht um seinetwillen schonte, du wärest schon unter den Toten, doch soll dir das Leben in meiner Hauptstadt nicht allzu süß werden.« Sie befahl dann einigen Genien, Turaja zu fesseln und in die weiße Stadt zu bringen, wohin sie auch gleich folgte. In ihrer Heimat angelangt, begab sich die blaue Königin sogleich ins Bad, dann setzte sie sich im höchsten Glanz, von ihren Töchtern und den Großen des Reiches umgeben, auf ihren goldenen Thron und ließ die Königin Turaja in Ketten vor sich führen. Turaja beugte einen Augenblick vor Scham den Kopf zur Erde, denn es war die erste Niederlage, die sie in ihrem Leben erlitten, dann hob sie ihn aber stolz zur blauen Königin empor und sagte: »Wahrhaft große Könige sind großmütig nach dem Krieg, übrigens kannst du dich nicht rühmen, mich besiegt zu haben, du hast mich plötzlich mit zahlreichen Scharen überfallen, verdankst also deinen Sieg weder deiner Kraft noch meiner Schwäche; indessen, Gott hatte es so über mich bestimmt und niemand kann seinen Verhängnissen ausweichen. Bedenke aber, daß, sobald mein Vater erfahren wird, daß ich hier gefangen bin, er mit einer Armee heranziehen wird, der du nicht zu widerstehen vermagst. Übrigens, wären nur meine Hände und Füße von ihren Ketten befreit, so würde ich allein es mit dir aufnehmen.« Als die blaue Königin dies hörte, sagte sie zu ihren Töchtern: »Ich glaube, Turaja hat den Verstand verloren, sonst würde sie in diesem Zustand es nicht wagen, so mit mir zu reden; aber nehmet ihr einmal ihre Fesseln ab, ich will doch sehen, was diese Verrückte im Sinn hat, und ihr zeigen, daß ich sie auch ungebunden nicht fürchte.« Djauharah hatte ihr kaum die Ketten abgenommen, als sie mit dem Fuß stampfte; sogleich bekam sie Flügel und flog zu einem oberen Fenster hinaus ihrer Heimat zu. Aber auch die blaue Königin nahm die Gestalt eines ungeheuren Vogels an und verfolgte sie, bis sie ihr nahe war, dann packte sie sie an einem Fuß und sagte ihr: »Wehe dir, du Dirne, glaubst du, es wäre so leicht, mir zu entkommen? Warte nur, ich will dich jetzt in einen Käfig sperren, aus dem zu entfliehen dir alle Lust vergehen soll.« Aber noch ehe die blaue Königin ausgeredet hatte, verwandelte sich Turaja in eine Ameise, ließ sich auf den Boden herunter und kroch in die Erde hinein. Die blaue Königin nahm darauf die Gestalt eines Hahnes mit einem großen Schnabel an und pickte die Erde auf, bis sie zur

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