Tausend und eine Nacht, Band 4
fochten, näherten sich mir Murdjana und Jakuta und sagten: »Weißt du, daß dein Leben hier in Gefahr ist? Wie leicht könnte eines dieser Mädchen in seiner Wut dich ergreifen und der anderen zum Trotz umbringen! Wir raten dir daher, diesen Augenblick zu benützen und mit uns zu kommen.« Ich ging mit ihnen zur Tür hinaus; eine von ihnen nahm mich auf ihre Schultern und die andere flog hinter uns her, um uns zu bewachen, bis wir glücklich in Murdjanas Schloß anlangten. Aber kaum hatten wir uns auf einem Divan niedergelassen, als schon die alte Feirusadj erschien und den Mädchen sagte: »Wisset, daß, nachdem Djauharah und Sumurda noch einige Zeit miteinander gefochten hatten, es mir gelang, mit Hilfe einiger Sklavinnen sie zu trennen und den Frieden wieder herzustellen. Als sie aber dann nach der getroffenen Übereinkunft sich die eine zur Rechten und die andere zur Linken Alis setzen wollten und ihn nicht mehr fanden, so dachten sie wohl, er sei von euch entführt worden, und wollten sogleich mit ihren Kriegerscharen euch hier überfallen. Mit vieler Mühe gelang es mir, sie zu bewegen, zuerst mich hierherzusenden, um Ali von euch zurückzufordern und erst, wenn ihr mir ihn verweigert, euch den Krieg zu erklären.« Als Feirusadj so gesprochen hatte, erhoben sich Murdjana und Jakuta und sagten wie mit einer Zunge: »Bei dem erhabenen Gott, lieber sterben wir, als daß wir diesen Jüngling unseren Schwestern ausliefern, und wärest du uns nicht von Jugend an so teuer, so würden wir dich als Überbringerin einer so kühnen Botschaft umbringen; doch kehre zurück und sage unseren Schwestern, das Schwert möge zwischen uns entscheiden.« Feirusadj entschuldigte sich und versprach, alles aufzubieten, um ihre Gebieterin von einem Krieg abzuhalten, hoffte aber in ihrem Inneren, durch List viel leichter ihr Ziel zu erreichen. Sobald sie nämlich Djauharah die Antwort ihrer Schwestern überbracht hatte, kochte sie eine ihr wohlbekannte schwarze Wurzel und wusch damit ihren ganzen Körper, so daß sie wie eine geborene Negerin aussah; sie kleidete sich dann wie die Sklavinnen Murdjanas und flog nach ihrem Schloß, mischte sich unter ihre Sklavinnen und trat so in den Saal, wo ich zwischen Murdjana und Jakuta vor einem Weintischchen saß.
Gegen Morgen, als ich einen Augenblick den Saal verließ und in den Hof ging, folgte sie mir, murmelte ein paar unverständliche Worte her, und sogleich stieg ein abscheulicher Genius aus der Erde, dem sie befahl, mich in Djauharahs Schoß zu tragen. Als aber der Genius mit mir hoch in der Luft, ungefähr Mitte Wegs zwischen Djauharahs und Murdjanas Insel, war, rief ich: »Es gibt keinen Gott außer dem einzigen Gott, und Mohammed ist sein Abgesandter!« Sogleich traf ein feuriger Pfeil meinen Träger und verwandelte ihn in Asche, ich aber fiel herunter in den Abgrund des Meeres. Zu meinem Glück war die See so stürmisch, daß mich die Wellen bald wieder herauf warfen und ich ohne große Anstrengung den ganzen Tag fortschwimmen konnte. Aber gegen Abend nahmen meine Kräfte ab, ich konnte keinen Arm mehr bewegen und dachte: Jetzt wird die Tiefe des Meeres mich verschlingen und kein Mensch und kein Genius wird mein Grab kennen, als die Wellen mich auf einen großen toten Fisch trieben, der auf der Oberfläche des Wassers schwamm. Ich klammerte mich daran fest und ließ mich so einen Teil der Nacht von den Wellen umherschaukeln. Nach Mitternacht tauchten aber Seetiere von jeder Größe und jeder Gestalt, manche waren größer als Elefanten, aus dem Meer, umgaben meinen Fisch von allen Seiten und fraßen so lange daran, bis nur noch das Stück, auf dem ich lag, übrig blieb. Da ich fürchtete, mitgefressen zu werden, sprang ich schnell herunter und schwamm wieder eine Weile umher, bis mein Fuß auf etwas Hartes stieß; da hielt ich an und blieb darauf stehen, bis der Tag heranbrach und mir zeigte, daß ich mich auf einem aus dem Meer hervorragenden kleinen Felsen befand, in der Nähe einer großen Stadt, mit einem schönen von Schiffen angefüllten Hafen. Ich dankte Gott für meine Rettung aus so großer Not, denn ich zweifelte nicht, daß mich bald jemand vom Land aus erblicken und abholen würde. Ich hatte mich nicht getäuscht, denn bald war ein Fischerkahn vom Hafen losgebunden, der auf mich zusegelte und mich aufnahm. Ich dankte dem Schiffer, der mich in seinen Kahn hob, und bat ihn, mir zu sagen, wo ich mich befände? »Du kommst sogleich«, antwortete er mir, »in die weiße
Weitere Kostenlose Bücher