Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
Vom Netzwerk:
von Osten bis Westen wurden ihm aus den entferntesten Ländern Huldigungen dargebracht, denn seine Regierung war sehr mild und gerecht. Der erhabene Gott segnete auch meinen Vater in allen seinen Unternehmungen; nur hatte er keine männlichen Nachkommen, weshalb er immer dachte: Wer wird wohl nach meinem Tode mein Nachfolger sein? Eines Tages ließ er die Weisen seines Landes und die Sterndeuter zu sich kommen und fragte sie, ob er wohl noch einen Sohn zeugen werde, dem er sein Reich hinterlassen könne. Die Sterndeuter öffneten ihre Bücher und beobachteten sein Gestirn, machten ihre Berechnungen und sagten: Wisse, o mächtiger König und edler Herrscher, eine Prinzessin von Chorasan wird dir noch einen Sohn gebären. Der König Tighanus freute sich sehr mit dieser Prophezeiung, schenkte den Sterndeutern unzählbare Schätze und entließ sie wieder. Er ließ sogleich seinen Großvezier Einsar kommen, der ein sehr tapferer Ritter war, teilte ihm der Sterndeuter Prophezeiung mit, und bat ihn, nach dem Lande Chorasan zu reisen und um eine dortige Prinzessin für ihn zu werben. Der Vezier verließ sogleich den König, um die Vorbereitungen zur Reise zu treffen und Ritter und Truppen zu seiner Begleitung zu versammeln. Der König aber ließ fünfzehnhundert Kamele mit Gold, Silber, Perlen, Edelsteinen, Seidenstoffen und allerlei Ausstattungsgerätschaften beladen und gab sie dem Vezier mit; auch schrieb er einen Brief folgenden Inhalts:
    »Nachdem wir Bahrawan, den König von Chorasan, freundlich grüßen, melden wir ihm, daß die Weisen und Sterndeuter uns prophezeiten, nur von deiner Tochter würde uns ein Sohn geboren werden; wir schicken dir daher den Vezier Einsar mit allerlei Geschenken zur Morgengabe als unseren Stellvertreter und Bevollmächtigten, und ersuchen dich, ihm ohne Säumen zu gewähren, was er von dir fordert; was du uns Gutes tust, wird reichlich belohnt werden; hüte dich aber, dich unsern Wünschen zu widersetzen, denn wisse, o König Bahrawan, daß uns Gott das mächtige Königreich Kabul geschenkt hat; wenn du uns deine Tochter gibst, so verbinden wir unsere Reiche und wir schicken dir jedes Jahr so viel Geld du brauchst. Das ist's, was wir dir mitzuteilen haben.«
    »Diesen Brief versiegelte der König, übergab ihm den Vezier und befahl ihm, abzureisen. Der Vezier reiste, von vielen Offizieren begleitet, nach Chorasan. Sobald der König Bahrawan dessen Ankunft vernahm, schickte er ihm einige Adjutanten entgegen mit allerlei Speisen und Getränken, und mit Futter für die Pferd.. Sie ließen ihren Proviant abladen, sobald sie dem Vezier begegneten, und bewillkommten ihn im Namen des Königs. Der Vezier brachte mit ihnen zehn Tage unter vielen Festlichkeiten in einer freundlichen Weise zu. Am ersten Tage, als er ausgeruht hatte, zog er in die Stadt; hier besuchte ihn der König sogleich und lud ihn ein, mit ihm ins Schloß zu kommen. Der Vezier überlieferte dann die Geschenke, die er mitgebracht hatte, und den Brief des Königs Tighanus.«
    »Als Bahrawan den Brief gelesen hatte, freute er sich sehr und sagte zum Vezier: Dein Begehren sei dir gewährt; dem König Tighanus gäbe ich auch mein Leben, wenn er es verlangte. Er ging dann zu seiner Gattin und ihren Verwandten, um ihnen die Botschaft des Veziers mitzuteilen, und auch sie sahen mit Freude der Vermählung der Prinzessin von Chorasan mit dem König von Kabul entgegen.
    »Der Vezier verweilte, nachdem ihm die Gewährung seiner Bitte zugesagt wurde, noch zwei Monate bei dem König Bahrawan; dann bat er ihn, ihm die Prinzessin, um derentwillen er gekommen, mitzugeben, daß er sie dem König zuführe. Der König ließ alles, was zur Aussteuer seiner Tochter gehörte, auf Kamele laden, beauftragte die Priester seiner Hauptstadt, einen Ehekontrakt zwischen seiner Tochter und dem König Tighanus aufzusetzen, beschenkte den Vezier, als Stellvertreter des Königs, mit den kostbarsten Edelsteinen, ließ die Stadt mit Teppichen belegen und herrlich ausschmücken, und dann reiste der Vezier mit der Prinzessin ab. Der König Tighanus liebte die Prinzessin von Chorasan mehr als seine übrigen Frauen, und nach einem Jahr zeigte sich die Bestätigung dessen, was die Astrologen prophezeit hatten, denn sie gebar einen Sohn, so schön wie der Vollmond. Der König Tighanus freute sich außerordentlich über die Niederkunft seiner Gattin; er ließ die Weisen und Sterndeuter abermals rufen und sagte ihnen: Ich wünsche von euch zu vernehmen, was diesem

Weitere Kostenlose Bücher