Tausend und eine Nacht, Band 4
seiner Wanderungen erzählen und fand so viel Wohlgefallen daran, daß er ihn zwei Monate bei sich behielt.« Nachdem Haseb diese wunderbare Erzählung von der Schlangenkönigin Tamlicha gehört hatte, bat er sie, sie möchte doch nun ihm eine ihrer Gehilfinnen mitgeben, daß er in seine Heimat zurückkehre. Aber die Schlangenkönigin erwiderte: »Wisse, oh Haseb, wenn du auf die Oberfläche der Erde zurückkehrst, zu deinen Leuten gehst und dann ein Bad nimmst, so muß ich, sobald du dich wäschst, sterben.« Haseb sagte zur Schlangenkönigin: »Ich will dir schwören, daß ich in meinem Leben in kein Bad mehr gehen will, sondern, wenn ich eines Bades bedarf, mich zu Hause waschen lasse.« Aber die Schlangenkönigin erwiderte: »Und wenn du mir hundert Eide schwörst, so glaube ich dir nie und lasse dich nicht weg; du bist ja Adams Sohn und kennst so wenig Treue, als dein Stammvater, der Gottes Bündnis gebrochen, obschon der erhabene Gott vierzig Jahre lang an der Materie, woraus er geschaffen worden, gearbeitet und allen Engeln befohlen hatte, vor ihm niederzufallen.« Als Haseb dies hörte, schwieg er; dann rief er weinend: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott dem Erhabenen!« Nach zehn Tagen bat er die Schlangenkönigin, ihm zu erzählen, was denn aus Bulukia geworden, nachdem er zwei Monate bei Barachja zugebracht hatte. Da erzählte sie: »Wisse, o Haseb, nachdem Bulukia den König Barachja verlassen hatte, irrte er Tag und Nacht in Wüsten und Einöden umher, bis er an einen hohen Berg kam, auf dem er einen erhabenen Engel sitzen sah, der Gott lobte und für Mohammed betete. Er hatte eine Tafel in der Hand, auf der etwas weiß und schwarz geschrieben war. Der Engel hatte zwei Flügel, einen nach Osten und einen nach Westen. Bulukia ging auf den Engel zu und grüßte ihn. Der Engel erwiderte seinen Gruß und fragte ihn, wer er sei und wo er herkomme. Bulukia erzählte ihm seine ganze Geschichte und bat ihn dann, ihm auch zu sagen, wie er heiße und was diese Tafel mit den Inschriften bedeute. Der Engel antwortete: Mein Name ist Michael. Ich bin beauftragt, über den Wechsel des Tages und der Nacht zu wachen; bis zum Auferstehungstag ist dies mein Geschäft. Auf dieser Tafel sind die Stunden des Tages und der Nacht aufgezeichnet. Nachdem Bulukia die ehrfurchtgebietende Gestalt des Engels bewundert und über seine geheimnisvollen Worte nachgedacht hatte, nahm er Abschied von ihm und reiste wieder einen Tag und eine Nacht, bis er in eine schöne, fruchtbare Wiese kam, welche von sieben Bächen durchschnitten war. Er erging sich eine Weile darin, bis er an einen hohen Baum kam, unter welchem vier Engel saßen; der eine hatte die Gestalt eines Menschen, der andere die eines wilden Tieres, der dritte die eines Stieres, und endlich der vierte die eines Vogels. Sie lobten Gott und beteten gemeinschaftlich: O mein Herr und Schöpfer, ich beschwöre dich bei deiner Allmacht und bei der Würde des Propheten Mohammed, verzeihe die Sünden aller Geschöpfe, welche meine Gestalt haben, und sei ihnen gnädig, du bist ja der Nachsichtsvolle! Bulukia verließ auch diese Engel mit großem Erstaunen und ging wieder weiter; da kam er an einen hohen Berg, auf dem ein Engel saß, der Gott lobte, für Mohammed betete und immer seine Hand zudrückte und wieder öffnete, sie ausstreckte und wieder zu sich zog.
»Bulukia ging auf den Engel zu und grüßte ihn. Da fragte ihn derselbe: Wo kommst du her, wo gehst du hin, wer bist du und wie ist dein Name? Er antwortete: Ich heiße Bulukia, bin von den Söhnen Adams und wandere umher in der Liebe zu Mohammed, dem Gott hold sei, und erzählte ihm hierauf seine ganze Geschichte. Als er damit zu Ende war, fragte er den Engel: Wer bist du, wie heißt du und was ist das für ein Berg? Der Engel antwortete: Wisse, Bulukia, dieser Berg ist der Berg Kaf, der die ganze Welt umgibt; ich halte in meiner Hand alle Länder, die der erhabene Gott geschaffen; ich vollziehe hier Gottes Willen, und ohne von hier zu weichen, bringe ich, wenn er es befiehlt, Erdbeben, Hungersnot oder Fruchtbarkeit auf der Erde hervor, denn in meiner Hand liegen die Adern der Erde. Bulukia fragte dann: Hat Gott hinter dem Berg Kaf auch noch ein Land geschaffen? Der Engel antwortete. Gott hat hinter dem Berg Kaf ein weißes Land geschaffen wie Silber; nur Gott weiß, wie groß dieses Land ist, er hat es mit Engeln bevölkert, die, statt zu essen, ihn preisen, und statt zu trinken, seinen heiligen Namen
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