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Tausendschön

Tausendschön

Titel: Tausendschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ohlsson
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teilte. Gedämpftes Murmeln breitete sich aus, und Jakob wartete ab. Er hatte lange versucht, den Politikern, so sie ihm überhaupt noch zuhören wollten, zu erklären, dass man diese Art von Denken und die Frustration, der der Junge soeben Luft gemacht hatte, nicht totschweigen dürfe.
    Der Mann verschränkte die Arme vor der Brust. Er schob das Kinn vor und wartete auf die Antwort des Pfarrers. Und Jakob ließ ihn warten. Er nahm einen Gesichtsausdruck an, der vermuten ließ, dass das, was da gerade gesagt worden war, ihm völlig neu wäre. Er sah zu dem Bild hinter sich und wandte sich dann wieder den Zuschauern zu.
    » Glauben Sie wirklich, dass diese Menschen sich das so vorgestellt haben, als sie hierherkamen? Zum Beispiel diejenigen, die bis zu fünfzehntausend Dollar gezahlt haben, um aus einem in Flammen stehenden Irak nach Schweden zu kommen? Haben die von einem Leben in verkommenen, alten Städtebauprojekten aus den Sechziger- und Siebzigerjahren in isolierten Vororten geträumt? Wo sie zusammen mit zehn anderen Erwachsenen tagaus, tagein in einer Dreizimmerwohnung hocken würden, ohne Beschäftigung und ohne ihre Familien? Allein? Fünfzehntausend Dollar kostet es nämlich für eine Person hierherzukommen.« Er hielt einen langen, geraden Finger in die Luft. » Glauben Sie wirklich, dass diese Menschen sich auch nur in ihren kühnsten Träumen vorgestellt haben, dass sie von uns zu solchen Außenseitern gemacht würden? Dass jemand, der ausgebildeter Arzt ist, im besten Fall noch einen Job als Taxifahrer angeboten bekommt und jemand, der einen niedrigeren Ausbildungsgrad hat, noch nicht einmal das?«
    Ohne vorwurfsvoll auszusehen, konzentrierte Jakob seinen Blick auf den jungen Mann.
    » Ich glaube, dass die Menschen genauso denken wie Karl Oskar und Kristina. Ich glaube, sie erwarten, dass es so sein wird, wie vor hundert Jahren nach Amerika zu kommen: dass die Möglichkeiten für diejenigen, die bereit sind, sich abzurackern, unendlich sind und dass harte Arbeit sich bezahlt macht.«
    Eine junge Frau fing Jakobs Blick auf. Ihre Augen glänzten, und in der Hand hielt sie ein Papiertaschentuch umklammert.
    » Ich weiß«, fuhr er langsam fort, » dass es nur sehr wenige Menschen gibt, die sich bewusst dafür entscheiden, in einer Wohnung in einem Vorort zu sitzen und vor sich hinzustarren, solange sie das Gefühl haben, dass es noch Alternativen gibt. Zumindest habe ich das im Rahmen meiner Arbeit festgestellt«, fügte er hinzu.
    Und genau an dieser Stelle ging die Veränderung vonstatten. So wie immer. Das Publikum saß schweigend da und hörte mit wachsendem Interesse zu. Die Bilder wechselten, während sein Bericht von den Einwanderern, die in den letzten Jahrzehnten nach Schweden gekommen waren, Gestalt annahm. Schmerzlich scharfe Fotografien zeigten Männer und Frauen, die in einen Lastwagen gepfercht waren, der durch die Türkei und dann weiter nach Europa fuhr.
    » Für fünfzehntausend Dollar erhält ein Iraker heute Pass, Reise und Geschichte. Die Netzwerke der Schlepper erstrecken sich über ganz Europa, und sie haben Verzweigungen in sämtliche Konfliktherde, wo Menschen gezwungen sind, sich auf die Flucht zu begeben.«
    » Was soll das heißen, Geschichte?«, fragte eine der Frauen aus dem Publikum.
    » Eine Asylgeschichte«, erklärte Jakob. » Die Schlepper erklären dem Flüchtling, was er oder sie sagen muss, um in Schweden eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen.«
    » Aber fünfzehntausend Dollar«, fragte ein Mann zögernd, » das ist so unglaublich viel Geld – ist das denn wirklich so teuer?«
    » Natürlich nicht«, antwortete Jakob geduldig. » Die Leute, die hinter diesen Netzwerken stehen, verdienen unglaubliche Summen. Es ist ein hart umkämpfter Markt und entsetzlich ungerecht. Gleichzeitig ist trotz der Brutalität verständlich, dass es diesen Markt gibt. Europa ist für Menschen in Not verschlossen. Der einzige Weg hinein führt durch die Illegalität, und er ist von Kriminellen kontrolliert.«
    Mehrere Hände winkten, und Jakob beantwortete eine Frage nach der anderen. Am Ende war nur noch die Hand einer jungen Frau erhoben. Das Mädchen mit dem Papiertaschentuch. Ein viel zu langer roter Pony hing ihm wie eine Gardine über die Augen und ließ es fast anonym wirken. Eine Person, die man im Nachhinein nicht würde beschreiben können.
    » Gibt es denn niemanden, der sich dieser Sache aus reiner Solidarität annimmt?«, fragte sie. Diese Frage war neu und bei keinem von

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