Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
schon Abend, als sie den Divan entließ und sich wieder in den Palast der Königin Hajat al Nufus begab. Beim Eintritte fand sie dieselbe auf einem Divan sitzend, neben welchem eine Wachskerze brannte. Bedur setzte sich neben sie und küßte sie auf die Wangen, dann fiel ihr wieder ihr Geliebter ein, sie erhob sich, begann ihr Gebet zu verrichten, machte es aber wieder so lange, daß Hajat al Nufus darüber einschlief. Jetzt legte sie sich neben sie und schlief auch. Am folgenden Morgen stand sie auf, legte den königlichen Schmuck an und begab sich wieder in die Versammlung des Staatsrates. Der König Armanus ermangelte auch diesen Morgen nicht, seine Tochter zu besuchen, und fragte sie nach ihrem Zustande und sie erzählte ihm wieder, was sich ereignet hatte. Da sagte er zu ihr: »Meine Tochter, habe noch Geduld bis zur nächsten Nacht! Benimmt er sich nochmals so, so will ich ihn wieder absetzen und aus meinem Lande verbannen.«
Es war schon Nacht, als Bedur wieder zu Hajat al Nufus kam, welche wieder dasaß bei einer brennenden Wachskerze und wie der Vollmond aussah. Sie betrachtete sie, dachte dabei an ihren Geliebten, wusch sich, betete und wollte aufstehen; aber Hajat al Nufus sagte zu ihr: »Schämst du dich nicht vor meinem Vater und denkst du nicht an das Gute, das er dir erwiesen?« Bedur setzte sich wieder und sagte: »Was sagst du da?« »Was ich sage«, versetzte Hajat al Nufus, »hat man je einen von seiner Schönheit so eingenommenen Menschen wie du gesehen? sind etwa alle hübschen Männer so eingebildet? doch bei Gott, ich sage das nicht aus Verlangen nach dir, sondern aus Liebe und Mitleid. Wisse, der König, mein Vater, wartet nur noch den folgenden Tag ab. Er hat sich vorgenommen, wenn er von mir nicht erfährt, was er sich wünscht, dich morgen der Regierung zu entsetzen und davonzujagen, er könnte dich, wenn seine Entrüstung zu heftig wird, sogar ums Leben bringen. Ich habe dir jetzt meinen Rat erteilt: tue nun, was du willst.« Diese Rede setzte die Prinzessin Bedur in Verlegenheit. Sie senkte ihr Haupt und überlegte: Widersetze ich mich, so bin ich verloren. Nun bin ich aber doch Königin der Ebenholzinseln. Mein Gemahl, der Prinz Kamr essaman muß auf dem Wege nach dem Reiche seines Vaters notwendig hierher kommen.
Nachdem Bedur auf diese Weise überlegt hatte, sagte sie mit ihrer natürlichen Frauenstimme: »Geliebte Prinzessin, was ich getan habe, ist nicht freiwillig, sondern gezwungen geschehen.« Sie vertraute ihr dann ihre Lage an, erzählte ihr ihre ganze Geschichte. Zu gleicher Zeit entblößte sie ihren Busen und fuhr fort: Du siehst, ich bin ein Weib wie du, und bat sie, ihr Geheimnis zu bewahren, bis der Prinz Kamr essaman ankommen wird. Hajat al Nufus fühlte das innigste Mitleid mit der Prinzessin. Sie versicherte dieselbe, daß sie keinen sehnlicheren Wunsch habe, als sie möchte mit ihrem Gemahl bald wieder vereinigt werden. Hierauf umarmten die beiden Prinzessin einander zärtlich, scherzten und lachten bis sie einschliefen. Kurz vor dem Morgengebete stand Hajat al Nufus auf und traf alle Anstalten, um die Ihrigen über das Vorgefallene zu täuschen und Jubelgeschrei ertönte aus dem Munde der Sklavinnen. Die Prinzessin Bedur begab sich nach wie vor in die Versammlung des Divans, und fuhr fort zu regieren. So verging eine geraume Zeit, während welcher Bedur ihre Tage mit Staatsangelegenheiten und ihre Abende in freundlichen und vertraulichen Gesprächen mit der Prinzessin Hajat al Nufus zubrachte.
Während diese Dinge auf der Ebenholzinsel vorgingen, war der Prinz Kamr essaman noch immer in der Stadt der Götzendiener bei dem Gärtner, der ihn aufgenommen hatte. Sein Vater aber, der König Schah Seman, war äußerst niedergeschlagen, als er ihn die ersten Nächte nicht von der Jagd zurückkommen sah. Mit der größten Ungeduld erwartete er den dritten Morgen. Sogleich mit Tagesanbruch bestieg er ein Pferd, nahm eine große Zahl Soldaten mit sich und verteilte sie nach verschiedenen Seiten und bestimmte ihnen den Kreuzweg zum Sammelplatz. Auf diese Weise streiften sie mehrere Tage umher. Am dritten Mittag endlich kamen sie bei dem Scheidewege zusammen. Da erblickten sie die zerrissenen Kleider und die Spuren von Fleisch und Blut. Als er dies sah, stürzte er mit dem Ausruf: »Wehe, mein Sohn!« ohnmächtig zu Boden. Nachdem er durch seine Leute, welche ihm Wasser ins Gesicht spritzten, wieder zu sich gebracht worden war, schlug er mit geballten Fäusten gegen sein
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