Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
derweil, sie abzulenken.
„Genau, Lieutenant, solltest du in diesem Moment nicht irgendwo für die Hochzeit herausgeputzt werden?“ Fitz war heute ganz leger. Seine stahlgrauen Haare waren nicht ganz so akkurat gescheitelt wie sonst, sein Karohemd steckte nicht in der Hose, dafür sah man sein kleines Bäuchlein sich über den Hosenbund der Jeans wölben. Er äußerte sich jedoch nicht zu diesem Aufzug, sondern lehnte sich nur in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Wann ist die Probe noch mal?“
Er zwinkerte Lincoln Ross zu, der gerade die schwierige Aufgabe, einen Stein aus dem Profil seiner Timberland-Stiefel zu ziehen, beendet hatte und aufschaute. Lincoln lächelte Taylor an. Die kleine Lücke zwischen seinen Vorderzähnen war der einzige Makel in seinem hübschen Gesicht. Sie lächelte zurück und fühlte sich von der Gelassenheit, die er ausstrahlte, irgendwie beruhigt.
„Was ist denn heute eigentlich mit euch los? Warum habt ihr euch alle angezogen, als wolltet ihr zum Camping gehen?“
„Weil du heute gar nicht hier sein solltest und wir früher Schluss machen und zum Camping gehen wollten.“ Fitz grinste sie an.
„Wirklich? Camping? Im Schneesturm?“
„Schneit es schon wieder?“ Lincoln trat ans Fenster und betrachtete stirnrunzelnd die Straße.
„Als ich reinkam, fing es gerade wieder an.“ Taylor stand auf und machte Anstalten, in ihr Büro zu gehen, aber sofort bewegten sich alle drei Männer auf sie zu und sagten gleichzeitig: „Nein.“ Fitz führte sie an seinen Tisch und bot ihr den Stuhl an.
„Gibt es irgendeinen bestimmten Grund, warum ich mein eigenes Büro nicht betreten darf?“
„Nein, keinen Grund. Du solltest jetzt aber wirklich zusammenpacken und nach Hause fahren.“ Marcus lächelte sie an, und Lincoln nickte zustimmend.
„Ich muss aber noch ein paar Dinge erledigen.“
Fitz schüttelte den Kopf. „Nein, musst du nicht. Hör einfach auf, darüber nachzudenken, Lieutenant. Du wirst drei Wochen weg sein. Das FBI hat alles unter Kontrolle. Du heiratest, fährst nach Italien und genießt einen wundervollen Start in dein neues Leben. Wir kümmern uns hier drum. Versprochen.“
„Hat irgendjemand was von der hoch geschätzten Charlotte Douglas gehört, seitdem sie nach Quantico zurückgekehrt ist? Und gibt es was Neues zu Jane Macias? Da draußen läuft ein Serienmörder rum, falls ihr das vergessen habt. Ich will helfen. Am besten sollte ich die Hochzeit verschieben …“
Lincoln unterbrach sie. „Auf gar keinen Fall, Schwester. Keine Chance. Du wirst morgen heiraten, ob dir das nun gefällt oder nicht. Basta. Wie gefällt dir meine Frisur?“
Taylor betrachtete ihn. Sie konnte nicht glauben, dass es ihr nicht gleich aufgefallen war, und schalt sich dafür, so egoistisch zu sein. Lincoln hatte sich den Kopf kahl rasiert, die Dreadlocks, die er über die letzten Monate kultiviert hatte, einfach abgeschnitten. Seine Haut schimmerte in der Farbe von Café au Lait. Sie erhob sich von ihrem warmen Stuhl, umkreiste ihren Mitarbeiter ein paarmal und überlegte. Mit den Dreadlocks hatte er wie ein sexy Rastasänger à la Lenny Kravitz in frühen Jahren ausgesehen, aber Taylor kam nicht drauf, an wen er sie jetzt erinnerte.
„Sehr raffiniert, mein Freund. Der Smoking wird an dir umwerfend aussehen. Du wirst die hübscheste Brautjungfer der Welt.“ Sie stieß seine Schulter leicht mit ihrer Hüfte an und öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, doch er unterbrach sie.
„Bitte keine Rede jetzt. Wir sind alle zufrieden damit, wie es ist. Fitz wird dich zum Altar geleiten, Marcus und ich sind die Brautführer, auch wenn wir auf Baldwins Seite stehen werden, und Sam ist die Trauzeugin. Aber das Wichtigste ist, dass unser Lieblingslieutenant unter die Haube kommt.“ Er sprang von seinem Stuhl auf, und er und Marcus stimmten ein Lied an. Bariton und Tenor erfüllten den Raum.
„Hier kommt die Braut, klein, dick und laut …“ Sie brachen lachend ab, bevor sie die dritte Zeile erreicht hatten.
Fitz und Taylor schauten ihnen zu, schüttelten den Kopf und lachten über ihre Mätzchen. Trotz des Serienmörders, der wie ein Geist in ihrer Mitte schwebte, hatte die Mordkommission verständlicherweise sehr gute Laune.
Taylor schaute zu Fitz. „Gibt es wirklich einen Grund, warum ich nicht in mein Büro darf?“
„Ja, den gibt es wirklich. Du willst doch die Überraschung nicht verderben. Ist nur eine Kleinigkeit für eure
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