Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
war acht Uhr am Morgen, und sie gähnte. Sie hätte ausschlafen und den Spa-Tag absagen können, aber dann hätte Sam sie umgebracht. Du hast seit Monaten keine Maniküre mehr gehabt, Süße, würde sie sagen. Entspann dich und hab zur Abwechslung mal ein bisschen Spaß. Taylor trank einen Schluck von ihrem Kaffee und hoffte, dass das Koffein schnell wirken und sie ein wenig wacher machen würde. Sie war erschöpft. Vielleicht hatte Sam recht. Sich einen Tag lang verwöhnen zu lassen konnte nicht so verkehrt sein.
Sie meldete sich bei der jungen Vietnamesin am Tresen an, setzte sich dann in die Wartezone und blätterte in einer Broschüre über Mikrodermabrasion. Das sah schmerzhaft aus.
In dreißig Stunden würde sie eine verheiratete Frau sein. Als sie einen Blick auf den vor ihr liegenden Zettel warf, musste sie lachen. Sie hatte während des Wartens ein wenig herumgekritzelt und fühlte sich jetzt wie ein Teenager, als sie das Herz mit den Initialen TEJ + JWB = IWL sah, das sie unbewusst gemalt hatte. Immerwährende Liebe. Oh Gott.
Sie fragte sich, wie lange das hier noch dauerte, und schalt sich sofort für ihre Ungeduld. Freier Tag, freier Tag, freier Tag. Energisch wiederholte sie die Worte im Kopf, bis Sam in Jogginganzug und Flip-Flops zur Tür hereingestürzt kam, in der Hand eine Birkin-Bag, die mit wer weiß was vollgestopft war. Der Ladenbesitzerin rief sie einen kurzen Gruß auf Vietnamesisch zu, bevor sie Taylor so fest umarmte, dass die Angst hatte, ihre Rippen würden brechen. Ihre Nase fühlte sich ganz kalt an Taylors Wange an.
„Guten Morgen, Süße! Ich bin so unglaublich aufgeregt. Stehst du nicht auch kurz vorm Herzinfarkt? Morgen ist der große Tag. Ehrlich, T, du heiratest morgen! Ich fühle mich, als ob wir das schon seit Monaten planen.“
„Das liegt vielleicht daran, dass du es seit Monaten planst? Meine Güte, Frau, frierst du gar nicht? Flip-Flops mitten in einem Schneesturm?“ Taylor warf einen Blick auf ihre eigenen Füße, die in praktischen und abgetragenen Uggs steckten.
„Taylor“, warnte Sam und ignorierte den Spott. „Komm, Süße. Das wird eine einfache, elegante Hochzeit. Nichts Überkandideltes, keine Tauben oder Pferdekutschen. Es wird genauso, wie du es immer haben wolltest. Alles sehr Taylor-isch.“
Taylor verdrehte die Augen. Während ihrer Kindheit, damals als noch ein Fünkchen Unschuld in ihnen steckte, hatten sie ihre Hochzeiten geplant. Gemeinsam hatten sie sich ihre schicken Männer aus Modemagazinen ausgewählt und Fotos und Zeitungsausschnitte der angemessenen Hochzeitsausstattung in kleine bunte Hefte geklebt. Sie hatten gekichert und geträumt und beim Gedanken an die wahre Liebe ganz verklärt geguckt.
Als sie älter wurde, vergaß sie diese Fantasien. Der Gedanke an eine Märchenhochzeit schien ihr irgendwie absurd, beinahe frivol. Aber nun hatte sie sich versprochen. Es gab kein Zurück mehr. Kein weißer Strand bei Sonnenuntergang oder ein Elvis-Imitator in Las Vegas. Nein, sie hatte einer kirchlichen Hochzeit zugestimmt. Mit allem Drum und Dran. So hatte sie sich das als Kind erdacht, hatte dann entschieden, dass es doch nichts für sie wäre, um jetzt das zu ernten, was sie vor all diesen Jahren gesät hatte.
Nach letzter Nacht hatten zumindest ihre kalten Füße aber nur noch was mit dem Wetter zu tun.
Sam musterte sie geduldig und wartete auf ein Zeichen, dass in Taylorville alles in Ordnung war. Mit einem schiefen Lächeln blinzelte Taylor ihr zu. Ach, wem versuchte sie was vorzumachen? Sie war aufgeregt. Zu Tode verängstigt, aber trotzdem aufgeregt.
„Okay, du hast recht. Ich kann es kaum erwarten. Ich bin höllisch nervös, also hoffe ich, dass du mir eine extralange Massage gebucht hast. Mit heißen Steinen und allem. In den letzten zwei Monaten, seitdem die Schneewittchenmorde angefangen haben, konnte ich mich nicht mehr wirklich entspannen. Hey, hast du …“
Sam unterbrach sie, indem sie den Kopf schüttelte. „Verdammt, nein. Wir werden nicht, ich wiederhole, wir werden heute nicht über die Arbeit reden. Das hier ist dein Tag, um dich zu entspannen und schön gemacht zu werden. Verstanden?“
Taylor winkte entschuldigend ab. „Okay. Kein Grund, gleich so angefasst zu reagieren. Ich habe mich nur gefragt …“
„Hör auf. Keine Fragen mehr.“ Sam schaute sie einen Augenblick ernst an, dann schüttelte sie erneut den Kopf. „Du hast den Virus, oder? Du kannst keine zwei Sekunden aufhören, an den Fall zu denken. Um
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