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Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aleksei Bobl , Andrei Levitski
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dickbauchiges Glas, strich die tiefen, schwärenden Wunden mit der dicken, stark riechenden Creme aus dem Glas ein und umwickelte die Hand mit einem sauberen Tuch. Dann legte sie alle Gläser zurück in den Sack und sagte:
    »Ohne dich schaffe ich es nicht. Vielleicht komme ich bis zu den Versorgern, aber dort …«
    »Du hast doch gesagt, du wirst in Balaschicha erwartet.«
    »Ja, aber da muss ich erst mal hinkommen! Und jetzt habe ich nicht mal mehr Geld, um jemanden als Begleitschutz anzuheuern.«
    »Ich kenne mich hier nicht aus. Da bin ich dir sowieso keine große Hilfe.«
    »Darum geht es nicht! Du kannst kämpfen, du kannst schießen. Solche Hilfe brauche ich.«
    Wahrscheinlich brauchte Juna Galo mich wirklich. Aber ich glaubte nicht daran, dass sie ihr Verhalten bereute und ihre Entschuldigung aufrichtig gewesen war. Sie würde ihre Chancen bei der nächsten unerwarteten Situation wieder neu abwägen, und sie würde sich immer für ihren eigenen Vorteil entscheiden. Genau wie es hier mit den Fängern der Fall gewesen war. Ihre Entschuldigung war nur ein Versuch, mich zu manipulieren.
    Daher schüttelte ich den Kopf, warf mir den halb vollen Quersack über die Schulter und fing an, den Schultergurt der Howdah einzustellen, sodass die Waffe im Gehen nicht gegen meine Hüfte schlug, aber auch nicht zu hoch unter der Achsel hing.
    Juna Galo stand mit gesenktem Kopf da. Tränen liefen ihr übers Gesicht, aber das war mir egal.
    Ich sah etwas ganz anderes.
    Sie stand seitlich zu mir. Der rechte Hemdärmel war fast ganz abgerissen und der Kragen klaffte zur Schulter hin weit auf. Dort war ihre dunkle Haut zu sehen.
    Mit einer Tätowierung.
    Einer Zeichnung.
    Ein Mensch in einem Zahnrad.
    Genau wie in Doktor Huberts Siegelring.

9.

    Der Wagen fuhr miserabel an, die Lenkung reagierte schlecht, der Motor knatterte und hustete, rußiger Rauch stieg aus dem Auspuff auf. Dafür verfügte das gedrungene Gefährt dank der hohen Reifen über eine überraschende Bodenfreiheit, und die Reifen selbst sorgten für gute Geländegängigkeit.
    Wir ließen das Wäldchen hinter uns, fuhren durch eine tiefe Wasserlache und überquerten dann einen Hügel. Dann lag wieder weites ödes Land vor uns, an dessen Horizont sich sporadisch die Umrisse von Gebäuden abzeichneten.
    Ich saß am Steuer und dachte über die Ereignisse nach. Mein alter Verdacht war wieder erwacht. Was, wenn dies alles eine virtuelle Welt war und der Mensch im Zahnrad – ein Zeichen, das Hubert mir zugespielt hatte, etwas in der Art einer internen Parole, wie er es genannt hatte? Vielleicht hatten sie plötzlich die Möglichkeit verloren, ihre virtuellen Kinder zu steuern und mich hierhergeschickt, um … na ja, als eine Art Agent, der ihre Probleme lösen sollte. Vielleicht hätte ich noch eine genaue Einweisung erhalten sollen, aber durch den Absturz des Programms war ich gleich hier in diesem Level gelandet. Und das Mädchen mit der Tätowierung hatte Hubert auf die Schnelle als eine Art Programm-Hilfe für mich installieren lassen.
    Juna schlief auf dem Beifahrersitz, das Gewehr auf den Knien. Vor mir ragten die Überreste einer Betonplatte aus der Erde, an der einen Seite stand ein wildes Knäuel verrosteter Bewehrungseisen heraus. Vorsichtig steuerte ich um das Hindernis herum. Verdammt! Der Kampf mit Sip, die Verletzung an der Hand, der Manis, der mir seinen Kopf in die Brust gerammt hatte … das alles war zu real. In keinem noch so raffinierten Spiel war das, soweit ich wusste, möglich.
    Andererseits, wenn der Strom der Signale direkt ins Gehirn geleitet wurde, etwa durch irgendwelche Neuronenshunts, dann mussten alle Empfindungen, einschließlich dem Schmerz, absolut real sein. Ja, das war der Schlüssel: Wenn es einen direkten Zugang zu meiner audiovisuellen Wahrnehmung, besser noch zu meinem gesamten sensorischen Wahrnehmungszentrum gab, dann hatte ich keine Möglichkeit mehr zu unterscheiden, ob die Welt um mich herum real oder virtuell war. Denn die Auswirkungen auf meine Wahrnehmung waren die gleichen, unabhängig davon, ob die von mir wahrgenommenen Dinge wirklich waren oder nicht. Ich erinnerte mich wieder daran, wie wir im Trainingslager an den Flugsimulatoren geübt hatten. Obwohl wir längst nicht vollständig an die simulierte Welt angeschlossen gewesen waren, hatte ich die Situationen immer als äußerst realistisch erlebt. Wenn die Maschine absackte, stockte alles in meinem Inneren, mein Herz begann von der Belastung heftig zu schlagen, das

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