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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichts
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und
hätte wetten mögen, dass sie dem geliebter Bruder nicht zugestimmt hatte.
Trotzdem konnte ich leicht einsehen, warum er mit auf den Berg musste. So ein
kleiner Bruder war trotz allem etwas Besonderes. Sogar wenn er vielleicht
nicht wirklich geliebt worden war. Der Stein war aus Marmor und richtig weiß
und schön, mit zwei Tauben obendrauf und mit roten und gelben und violetten
Blumen davor. Fast hätte ich angefangen zu weinen und ich musste nach oben
schauen zum Himmel und den Sternen und dem Halbmond, und dann dachte ich an
das, was Pierre Anthon heute Morgen gesagt hatte:
dass der Mond in achtundzwanzig Tagen um die Erde kreist, während die Erde für
ihre Runde um die Sonne ein Jahr braucht. Davon gingen die Tränen weg, aber ich
traute mich nicht mehr, den Stein und die Tauben anzuschauen. In diesem Moment
schickte Ole Elise und mich auch in verschiedene Richtungen, um aufzupassen.
Die Taschenlampen behielt er. Die würden die Jungen brauchen, um zu sehen, wo
sie gruben, sagte er, und wir mussten den Weg zwischen den Gräbern bis zum Ende
der Kirche nur im Schein des Mondes finden, der alles gespenstisch und fast
bläulich aussehen ließ. Elise stand auf der einen Seite der Kirche am
Hintereingang, nicht weit vom Pfarrhaus entfernt, aber sehr weit von dort, wo
ich stand. Miteinander sprechen konnten wir natürlich nicht. Wir konnten uns
auch nicht durch Blicke gegenseitig beruhigen. Ich versuchte mich darauf zu
konzentrieren, die Kirche zu studieren. Sie war rau und weiß und hatte aus
hellem Holz geschnitzte Türen und, hoch oben, bunte, bleigefasste Glasscheiben, die um diese Tageszeit mehr dunkel als farbig wirkten.
Gleichzeitig begann ich wieder zu zählen. Eins, zwei, drei... Vom Grab hinter
mir kam jedes Mal, wenn die Spaten in die Erde stießen, ein merkwürdig dumpfer
Laut. Erst dumpf und dann, wenn die Erde vom Spaten rutschte, ein Zischeln.
Dumpf zischeln, dumpf zischeln. Am Anfang kam das Zustoßen der Spaten in
schneller Folge, dann war eine Art Knall zu hören, die Jungen hatten den Sarg
getroffen, und von da an ging es langsamer. Ich wusste, dass sie dicht um den
Sarg herum gruben, weil sie so wenig wie möglich in der Erde schaufeln sollten.
Bei dem Gedanken lief es mir kalt über den Rücken. Mich schauderte, und ich
wollte nicht mehr daran denken. Stattdes sen sah ich zu den Fichten
hinüber und setzte mich, um sie zu zählen.
    Achtzehn
große und sieben kleine säumten den Weg von der Straße zur Kirche. Ihre Äste
bewegten sich leicht in einem Wind, den ich nicht spüren konnte. Ich stand ja
auch windgeschützt hinter der Friedhofsmauer. Ich machte zwei kleine Schritte
nach vorn, einen zur Seite und zwei zurück. Und noch einmal, dieses Mal zur
anderen Seite. Und noch einmal - ein kleiner Tanz, den ich in meinem Kopf
komponierte. Eins, zwei, zur Seite. Eins, zwei, zurück. Eins, zwei, zur Seite
...
     
    Abrupt
blieb ich stehen.
    Ich hatte
etwas gehört. Wie Kies, der unter einem Fuß zusammengedrückt wird. Ich starrte
den Weg hinunter, konnte aber nichts sehen. Wenn ich nur die Taschenlampe
hätte. Da war es wieder.
    Krrruuunschh .
    Es kam vom
Ende des Wegs, unten, in der Nähe des Tors. Mich überkam ein unwiderstehlicher
Drang zu pinkeln, ich wäre beinahe zu den Jungen gerannt. Dann erinnerte ich
mich an das, was Ole gesagt hatte, und wusste, er würde mir eine runterhauen,
wenn ich angerannt käme. Ich holte tief Luft, faltete die Hände vorm Mund und
machte einen dunklen tutenden Laut, indem ich die Luft durch den Spalt zwischen
den beiden Daumen in den Hohlraum blies. » Uuuuuh «,
klang es leise.
    Der Kies
knirschte wieder, und ich legte meine ganze Kraft hinein.
    » Uuuuh . Uuuuuh .« Da
stand Ole neben mir. »Was ist ?« , flüsterte er.
    Ich hatte
solche Angst, dass ich nicht antworten konnte, sondern nur den Arm hob und den
Weg hinunter deutete. »Komm«, sagte Ole, und da ich genauso viel Angst davor
hatte, ihm nicht zu gehorchen, wie vor demjenigen, der oder das dieses
Knirschen verursachte, folgte ich Ole hinter die Stämme der Fichten, dorthin,
wo die Dunkelheit am undurchdringlichsten war.
    Wir gingen
einige Schritte, dann blieb Ole stehen und spähte ins Dunkel. Ich stand hinter
ihm und konnte nichts erkennen. Offenbar war da auch nichts zu entdecken, denn
Ole schlich weiter. Wir bewegten uns sehr langsam, um keinen Lärm zu
verursachen. Mein Herz klopfte, dass es in den Ohren dröhnte, und ich hatte das
Gefühl, als schlichen wir stundenlang an den Stämmen

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