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Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Titel: Tempel der Träume - Der Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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an!“, rief Samira erneut aufmunternd, bevor sie auf die Uhr sah. Es war schon spät. Langsam wurde sie unruhig.
    „Musst du los?“, fragte die Kollegin vom Brandenburger Tor.
    „Ja“, erwiderte Samira. „Der Wettbewerb beginnt gleich und ich muss mich noch zurechtmachen und umziehen. Wir müssen uns selbst schminken, es gibt vor Ort keine Maske, stand in den Unterlagen zur Anmeldung. Dafür brauche ich ein bisschen Zeit, ich werde aber auch alles mitnehmen, für den Fall der Fälle.“ Sie lächelte unsicher.
    „Du bist auch ohne Schminke schön genug“, meinte die andere neidlos. „Du brauchst nicht viel.“
    „Doch, doch“, widersprach Samira. „Ich muss perfekt aussehen. Ich will unbedingt gewinnen, damit ich nicht mehr solche elenden Jobs wie den hier machen muss. Ein richtiges Model sein, das wäre mein Traum.“
    „Vielleicht gewinnst du ja wirklich! Dann kann Walli mit seinem Mistjob hier einpacken.“ Die andere deutete mit dem Kopf auf den vorüberziehenden Strom der Besucher, der kein Ende zu nehmen schien.
    Samira nickte träumerisch. „Das wäre einfach traumhaft!“
    Aus einem Papphäuschen, das den Berliner Dom darstellen sollte, tauchte der Kopf eines älteren Mannes auf und zwei humorlose Augen funkelten die beiden ungehalten an.
    „Ihr sollt nicht quatschen, sondern die Leute animieren, Berlin anzusehen! Dafür werdet ihr bezahlt.“ Er hörte auf den Namen Walli und sprach mit bayrischem Akzent.
    „Kommt zum Berliner Zoo!“, rief Samira noch eine Spur lauter in die Besuchermassen. „Und zum Brandenburger Tor! Und zum Dom! Und zum BER, der teuersten und längsten Baustelle der Welt!“
    Das andere Mädchen kicherte, Samira riss sich jedoch sofort wieder zusammen und sah erneut auf die Uhr. Es wurde langsam eng.
    „Ich muss los!“, rief sie dem missmutigen Bayern zu.
    „Ich habe dich für den ganzen Tag gebucht, das sind noch zwei Stunden, also bleibst du.“
    Samira sah verzweifelt zu ihrer Kollegin, die ihr einen mitleidigen Blick zuwarf und ratlos mit den Schultern zuckte.
    „Aber ich muss gehen! Es ist sehr wichtig! Meine Karriere hängt daran!“, rief Samira dem Alten zu. „Außerdem hat mich die Anmeldung für den Wettbewerb hundert Euro gekostet. Das ist mehr Geld, als ich heute verdiene.“
    Der Mann tat so, als hätte er ihren Einwand nicht gehört, und wandte sich Besuchern zu, um ihnen etwas zum Berliner Dom zu erzählen.
    „Geh einfach“, sagte das andere Mädchen. „Ich mach für dich weiter. Los! Geh! Lass dir dein Geld für heute geben und verschwinde. Solch eine Chance darfst du dir nicht entgehen lassen.“
    Samira sah sie fragend an, überlegte für einen Moment, doch dann nickte sie zustimmend. Von so einem ungehobelten Bayern würde sie sich nicht die große Aussicht auf die Erfüllung ihres Traums verderben lassen.
    Sie drückte der Kollegin den kleinen Plüschaffen in die Hand, dann ging sie zum Berliner Dom und hielt ihre Hand aus. „Ich gehe jetzt. Bitte geben Sie mir mein Geld.“
    „Du kriegst dein Geld, wenn du zu Ende gearbeitet hast“, brummelte er.
    „Ich werde stundenweise bezahlt. Ich war fünf Stunden hier, als bekomme ich Geld für fünf Stunden. Das können Sie gerne mit der Agentur klären.“
    Walli knurrte etwas in sein unrasiertes Kinn, dann holte er seine Geldbörse heraus und drückte Samira einen 50-Euroschein in die Hand.
    „Dich werde ich nicht noch einmal buchen“, knurrte er ungehalten, bevor er ihr den Rücken zudrehte.
    „Ich werde solche Jobs auch hoffentlich nicht mehr lange machen müssen“, sagte Samira, jedoch so leise, dass er es nicht hören konnte. Dann winkte sie der Kollegin zum Abschied zu, die nun allein auf Berlins Schönheiten aufmerksam machen musste, packte ihre Sachen und lief eilig aus der Messehalle.

III
     
     
    Myrtel Ragewitz hasste es, im Unklaren zu schweben. Im Erdgeschoss eines eleganten Gebäudes im Zentrum Berlins wartete sie ungeduldig darauf, ihr Todesurteil zu hören. Denn dass der Mann ihr das mitteilen würde, daran hegte sie keinen Zweifel – es war so klar wie das Amen in der Kirche, das Schwanzwedeln eines Hundes und dass auf diesen Frühling bald ein Sommer folgte, der möglicherweise der letzte ihres Lebens sein würde.
    Sie nahm eine Zeitschrift vom Tisch in der Mitte des Raumes und blätterte darin herum. Doch ihr Blick blieb nicht hängen. Sie konnte hinterher nicht einmal mehr sagen, ob es sich bei dieser Zeitschrift um ein Sportmagazin, ein Frauenblatt oder um etwas ganz

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