Tempelhyänen
kannte auch in diesem Metier einige gute Menschen. Nicht viele, aber ein paar. Viele gute Menschen gibt es in keinem Beruf.
Dean brachte mir ein Bier und unserem Gast einen Rachenputzer. Er hatte gelauscht, und so langsam dämmerte ihm, daß er vielleicht einen Fehler gemacht hatte, als er sie einließ. Doch als sie sich bei ihm bedankte, schaltete sie den Heizstrahler wieder an. Dean glühte fast, als er rausging. Ich trank einen Schluck. »Und aus welchem Grund haben wir uns denn hier eingeschlichen?«
Sofort bildeten sich wieder Eiskristalle hinter ihrer Hornhaut. »Einer meiner Freunde hat mir etwas zur Aufbewahrung gegeben, bevor er mich verlassen hat. Eine kleine Kiste.« Sie gab mit der Hand die Größe der Kiste an. Danach mußte es eine Schachtel von ungefähr dreißig Zentimeter Höhe, dreißig Zentimeter Breite und etwa vierzig Zentimeter Länge sein. »Ich habe keine Ahnung, was da drin ist. Und ich will es auch gar nicht wissen. Jetzt ist er verschwunden. Und seit ich dieses Kistchen aufbewahre, hat man dreimal versucht, in meine Wohnung einzubrechen.« Klappe. Sie verstummte, als hätte sie sich auf die Zunge gebissen. Offenbar hatte sie etwas ausgeplaudert, was sie nicht hatte verraten wollen. Und jetzt mußte sie nachdenken, bevor sie weiterredete.
Ich roch den Braten. Rattenbraten. »Wissen Sie zufällig, was Sie eigentlich von mir wollen?«
»Irgend jemand beobachtet mich. Ich will, daß das aufhört. Es geht mir auf die Nerven, und ich will mir das nicht länger gefallen lassen.« Diesmal klang ihre Stimme ein bißchen engagierter, und sie wirkte nicht mehr ganz so kalt. Aber ihre Gefühle galten alle irgendeinem anderen Kerl.
»Sie nehmen also an, daß es noch einmal passieren könnte. Meinen Sie, jemand ist hinter dem Kästchen her? Oder verfolgt man Sie?«
Ich konnte sehen, was sie dachte: Es tat ihr leid, daß sie das Kästchen erwähnt hatte. Sie überlegte kurz, bevor sie antwortete. »Beides.«
»Und ich soll dafür sorgen, daß es aufhört?«
Sie nickte herablassend. Die Eisprinzessin hatte wieder die unumschränkte Herrschaft übernommen. »Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie nach Hause kommen und feststellen müssen, daß irgend jemand Ihre Sachen durchwühlt hat?«
Vor einer Minute war es noch ein einfacher Versuch gewesen, bei ihr einzubrechen.
»Es ist ein bißchen wie eine Vergewaltigung, nur daß man Ihnen dabei nicht körperlich weh getan hat«, erwiderte ich. »Geben Sie mir einen Vorschuß. Und Ihre Adresse. Mal sehen, was ich für Sie tun kann.«
Sie reichte mir eine kleine Geldbörse, während sie mir den Weg zu ihrer Wohnung beschrieb. Sie war nur sechs Blocks entfernt. Ich linste in die Geldbörse. Ich schaffte es gerade noch, meine Augen daran zu hindern, aus ihren Höhlen zu treten, doch als ich aufsah, hatte Jill wieder dieses herablassende Lächeln um den Mund.
Offenbar glaubte sie, sie könnte mich wie einen dressierten Köter behandeln.
Sie stand auf. »Danke.« Sie ging zur Haustür, und ich wäre fast über meine eigenen Füße gestolpert, als ich aufsprang und sie hinausbegleiten wollte. Doch Dean hatte schon auf der Lauer gelegen. Diese Ehre wollte er sich nicht nehmen lassen. Ich überließ sie ihm mit Kußhand.
2. Kapitel
Dean schloß die Tür und glotzte einen Moment auf das Holz, bevor er sich zu mir umdrehte. Er wirkte ziemlich verstört.
»Hast du dich verknallt?« fragte ich ihn. »In deinem Alter?« Er wußte, daß ich keine Klienten wollte. Er hätte sie schon an der Tür abwimmeln sollen. Und diese entzückende Eisprinzessin mit ihren guten Geschichten, ihren langen Beinen, ihren merkwürdigen Problemen und ihrem Sack voll Gold, in dem zehnmal mehr Vorschuß war als üblich, sah ganz besonders nach einer Klientin aus, die ich nicht wollte. »Sie stinkt geradezu nach Ärger.«
»Es tut mir leid, Mr. Garrett.« Deans lahme Entschuldigung bewies nur, daß kein Mann zu alt ist, um sich noch zum Narren zu machen.
»Dean, geh zu Mr. Pigotta und lad ihn zum Abendessen ein. Ködere ihn mit seinem Lieblingsessen, wenn er sich sträubt.« Pokey Pigotta hatte in seinem ganzen Leben noch keine Einladung zu einem kostenlosen Essen ausgeschlagen. Ich warf Dean meinen finstersten Blick zu, der wie Wassertropfen an einer Gummiente abperlte.
Man bekommt heutzutage eben keine gute Haushaltshilfe mehr.
Ich vergrub mich hinter meinem Schreibtisch und verfiel ins Grübeln.
Das Leben war einfach klasse.
Ich hatte gerade erst einige schwierige
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