Tenebra 2 - Dunkle Reise
Sie reden nicht gern darüber, aber sie haben männliche Krieger aus der Bevölkerung des Landes rekrutiert, und das bedeutet natürlich, dass sie Ausrüstungen für sie haben müssen. Und ich bin nicht von sehr ungewöhnlicher Größe. Es gab dort eine Rüstung, die mir passte, und noch am gleichen Nachmittag hatten wir eine Ausrüstung beisammen.
Natürlich kein Harnisch. Harnische aus geschmiedeten Platten biegen sich nicht, also müssen sie nach Maß wie ein Anzug geschnitten und geformt und Stück für Stück dem Träger angepasst werden, was erklärt, dass sie so erschreckend teuer sind.
Aber ein gefüttertes Unterziehwams und ein Kettenhemd, und ein Topfhelm mit Backenstücken mit einer zum Kettenhemd passenden Haube waren kein Problem für eine Rüstkammer von der Größe, wie der Orden sie besaß. Auch an Panzerhandschuhen und den anderen kleineren Ausrüstungsteilen bestand kein Mangel.
Die vollständige Rüstung war ziemlich altmodisch, wohlgemerkt. Und für die Verhältnisse des Adels nicht ganz standesgemäß. Aber ich habe immer Kettenhemden bevorzugt, wenn es die Umstände erlaubten. Es ist leichter und passt sich elastisch den Bewegungen an. Und gegen alles bis auf Armbrustbolzen oder stumpfe Hiebwaffen ist solch eine Rüstung annähernd so gut wie ein Harnisch. Natürlich kann ein Kettenhemd auch einer wirklich scharfen Spitze wie der einer Reiterlanze mit viel Wucht dahinter nicht widerstehen.
Silvus aber konnte keinen Gefallen daran finden. Ihm gefiel nichts von allem, einschließlich des Umstandes, dass ich und nicht er zum Zweikampf antreten sollte. »Sie hätten dir Beinröhren geben sollen«, klagte er. »Gegen Angriffe auf der unteren Linie warst du immer verwundbar.«
»Danke für die Zuversicht«, sagte ich. »Beinröhren mit Gelenkschutz würden eine Woche Herstellungszeit benötigen. Dies ist für morgen. Das Kettenhemd reicht bis zum Knie, und ich trete mit einem Langschild an.«
»Dann gib Acht auf Durchzieher in der unteren Linie. Und er wird auf deinen Schwertarm gehen.«
»Klar. Darum trage ich eine Unterarmröhre, und das Kettenhemd deckt mich bis zum Ellbogen.«
»Nicht bei voller Streckung.« Silvus fuhr sich mit der Hand durchs Haar und überprüfte mich noch einmal. »Auf ein Neues. Hohe Lage, tiefe Lage, mittlere Lage und Hieb. Ich bin sicher, dass ich letztes Mal beim Hieb die Schulter gezerrt sah. Vielleicht müssen wir die Schnalle verlegen…«
Eine halbe Stunde später war er noch immer nicht zufrieden. »Aber es ist das Beste, das wir tun können. Wenigstens hast du ein feines Schwert. Scheue dich nicht, im rechten Winkel zu parieren. Du könntest seine Klinge brechen.«
»Was dann?«
Sein Gesicht verhärtete sich. »Entweder bittet er um Schonung, in welchem Fall er verliert, aber überlebt. Oder er tut es nicht, in welchem Fall du ihn tötest.« Er fasste mich scharf ins Auge. »Dies ist kein Ehrenhandel, oder ein Wettstreit um die Gunst eine Dame. Einem geschlagenem Krieger muss Pardon gegeben werden, wenn er darum bittet oder wenn er sich nicht verteidigen kann, aber das ist alles. Andere Regeln gibt es nicht. Du kannst ihn überall treffen und alle Mittel gebrauchen, die dir vorteilhaft erscheinen. Du kannst ihn schlagen, wenn er zu Boden geht. Du kannst jede Waffe bis auf Bogen oder Schlinge gebrauchen. Du kannst ihm Staub in die Augen werfen, du kannst mit ihm ringen, ihn treten, stechen und beißen. Du kannst deinen Gegner verwunden, um ihn durch Blutverlust zu schwächen, und dann einfach vor ihm davonlaufen, bis er ermattet. Alles. Und Barras hat zwanzig Jahre Erfahrung in dieser Art von Kampf.«
»Ich verstehe.«
»Ich weiß nicht, ob du verstehst. Du hast einige Male im Kampf gestanden und kannst dich in einer Wirtshausschlägerei behaupten, aber ich fürchte, du denkst immer, dass es Regeln gibt. Es gibt keine. In Zweikämpfen wie diesem gilt alles, was Wirkung zeigt.«
»Ich hoffe, du hast diese Argumente nicht Arienne vorgetragen.«
»Natürlich nicht. Das Dumme ist, dass sie mit anderen Leuten gesprochen hat. Und sie hat einen guten Verstand, dieses Mädchen. Ich glaube, sie ist von selbst darauf gekommen.«
»Dann sollte ich zu ihr gehen und sie beruhigen.«
»Richtig.«
»Aber zuerst möchte ich mit dir ins Reine kommen.«
Er blickte mir noch eine Weile ins Auge, und ich sah, dass er unter der Oberfläche noch ärgerlich war. Dann schlug er den Blick nieder, und der angespannte Zug um seinen Mund löste sich. Er schüttelte den Kopf und
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