Tenebra 2 - Dunkle Reise
sich ins Geschirr legen mussten, um die stärkere Strömung zu überwinden. Hier saßen die vorgeschobenen Türme der Stadtmauer auf den Aufschüttungen zu beiden Seiten; der lange, schwere Baumstamm der schwimmenden Absperrung lag angekettet am Ufer. Der Fluss strömte zwischen den Türmen durch, bereits merklich sauberer, und wir wurden an ihnen vorbeigezogen. Nach wenigen Minuten hatten wir die Stadt Tenabra hinter uns. Ich blickte zu ihr zurück und fragte mich, ob ich sie jemals wiedersehen würde, und überlegte, ob mich das beunruhigte.
Silvus hatte sich ein paar Schritte entfernt und beobachtete den Mann auf dem Wehrgang der Stadtmauer, spähte durch das Tauwerk zu ihm hinauf. Unsere Uniform – das heißt, die Uniform der Stadtwache – war inzwischen ausgetauscht worden, da Ruanes Wappen jetzt entehrt war. Der Mann dort oben trug die gelben und schwarzen Farben Nathans, aber ohne die goldenen Litzen und Säume der Palastgarde. Silvus schüttelte den Kopf.
Grames kam zu sich, blickte umher und verfolgte Silvus, als dieser zum Heck der Barke schlenderte. »Noch etwas, Ser de Castro…« Ich beobachtete die beiden und dachte, dass Silvus vielleicht ohne meine Unterstützung auskommen könne; dann dachte ich, dass er ohne mich und meinen großen Mund und die Unfähigkeit, meine Gesichtszüge zu beherrschen, sicherlich besser zurechtkäme. Und dann sah ich, dass Arienne aus der Luke gestiegen war und am Bug stand, um die Landschaft zu betrachten.
Fruchtbares grünes Land glitt vorüber, und der Fluss gluckste, erleichtert von seiner Schmutzfracht. Die Sonne schien heiß und glänzte auf ihrem Haar. Sie stand mit einer Hand am Vorstag und ließ die andere herabhängen. Ich sah die Spannung in ihrem Arm und merkte, dass sie das Vorstag zu fest umklammerte.
Ich stand auf dem schmalen Streifen der Decksplanken, zwischen Reling und Ruderhaus. Die Schleppleine führte von einem Poller auf dem Vordeck durch eine Augenöffnung im Bug. Sie knarrte leise unter der Spannung. Ich ging nachschauen, wie sie befestigt war, und fand mich auf dem Vordeck, zwei Schritte von ihr entfernt.
Sie wandte sich nicht um. Die warme Brise, verstärkt durch unsere Bewegung, spielte mit ihrem Haar und zupfte an ihrem einfachen Kleid. Ich blickte an mir herab auf mein Wams aus fein gewebtem Stoff mit dem aufgestickten Wappen. Meinem Wappen, einem weißen Baum auf grünem Grund. Schließlich war ich ein Edelmann. Vielleicht war sie schüchtern und wagte nicht zu sprechen. Ich sollte sie beruhigen; es war ein Gebot der Höflichkeit.
»Ein schöner Tag, nicht wahr, Fräulein… ah, Brook«, sagte ich und verwünschte mich wegen der Pause, während der ich versucht hatte, mich auf ihren Nachnamen zu besinnen. Es musste sich herablassend angehört haben. Wahrscheinlich dachte sie, dass ich selten mit jemandem unter dem Rang einer Baronin spräche.
Aber sie wandte ruhig den Kopf und nickte. »Guten Tag, Herr de Parkin«, sagte sie. Ihre Stimme wirkte ruhig und klar, beinahe gelassen. »Ja, ein sehr schöner Tag.« Aber ihre Hand am Vorstag hatte sich nicht entspannt.
»Das Wetter sieht gut aus, aber später könnte es ein Gewitter geben.« Selbst in meinen eigenen Ohren klang es idiotisch, aber sie stimmte zu.
»Es ist gut möglich.« Und dann, nachdenklich: »Die Luft riecht nach Messing.«
»Wir könnten ein Gewitter brauchen«, verlieh ich meinen Wünschen Ausdruck. Je mehr ich über dieses Unternehmen nachdachte, desto offensichtlicher war es, dass wir das Weite suchen mussten, und zwar vor unserer Ankunft in diesem Sarburg. Wir benötigten eine Ablenkung, um unbemerkt zu verschwinden, und ein Gewitter mochte sie liefern. Wenn sie uns in eine von Nathans Festungen brachten, würden sich die Türen hinter uns schließen und vielleicht nie wieder öffnen.
Ich musste sehr gedankenvoll ausgesehen haben, denn sie sah mich von der Seite an. »Wozu würde jemand ein Gewitter brauchen, Herr de Parkin?«
Sie schien eine harmlose Frage zu stellen, aber ihr Gesichtsausdruck wirkte jetzt lebhafter. War sie interessiert? »Ich dachte an die Ernte. Wir brauchen Regen.« Eine armselige Ausflucht, aber es war die beste, die mir einfiel. Ich konnte nicht riskieren, ihr von anderen Plänen zu erzählen.
Aber um ihre Mundwinkel zuckte ein Lächeln. »Wir brauchen Regen?« Sie blickte über die Felder, wo das Getreide reifte. »Die Bauern brauchen ihn.«
Was weiß schon ein Edelmann aus der Stadt? wollte sie damit sagen. Nun, als ich genau zuhörte,
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