Tenebra 2 - Dunkle Reise
vorgestellt worden?«
»Komisch, dass du mich danach fragst«, sagte er. »Wenn man bedenkt, dass ich es war, der Meister Grames und Arienne hierher brachte und den Fürsten auf sie aufmerksam machte.« Ich blickte überrascht zu Arienne, die bewegungslos dastand, wie eine Schuldige. »Du siehst also, dass wir einander vorgestellt worden sind. Ich fragte mich, ob du es bist. Aber dann dachte ich, nein, ein geborener Edelmann wie du würde nicht mit einem hochklassigen Mädchen plaudern, wenn du ihr nicht vorgestellt worden wärst. Trotzdem, da wir schon so höflich und wohlerzogen sind…« Das Grinsen wurde anzüglich: »…könntest du vielleicht eine Anstandsperson gebrauchen.«
Arienne rührte sich nicht. Ich versuchte das Jucken in meinen Knöcheln unbeachtet zu lassen. Stillschweigen war die beste Antwort.
Er fuhr fort: »Nun, jedenfalls bin ich nicht heraufgekommen, um dich in Verlegenheit zu bringen, sondern nur um zu sagen, dass die Jungen und ich ein paar Fechtübungen machen werden, wenn wir für die Nacht anlegen. Du bist willkommen mitzumachen, wenn du willst. Auch dein Chef.« Er rümpfte die Nase. »Wahrscheinlich könntet ihr beide die Übung brauchen.«
»Danke, Georghe.«
Er nickte. »Dann macht nur ruhig weiter, ihr zwei. Ich merke es schon, wenn ich nicht erwünscht bin. Bis später.« Er grinste wieder und stieg erneut den Niedergang hinab, vermutlich um Grames Meldung zu machen.
»Es tut mir Leid«, sagte ich zu Arienne. Ich bildete mir ein, dass ihre Schultern sich ein wenig entspannten.
»Es macht nichts.« Sie wandte sich wieder der Betrachtung der vorbeiziehenden Landschaft zu.
»Ist es so, wie er sagt?«, fragte ich. Sie blickte mich wachsam an. »Dass Ihre Verbindung mit Fürst Nathan durch Georghe Barras zustande kam?«
Sie nickte. »Er sagte es, nicht wahr?« Sie sagte es, als müsse sie sich rechtfertigen. Aber wahrscheinlich würde ich genauso denken.
»Ich mache es mir zur Regel, Barras nicht zu glauben. Auf lange Sicht spart es Zeit. Wie sind Sie mit ihm bekannt geworden?«
»Er kam zur Vorstellung«, antwortete sie zögernd. »Auf dem Jahrmarkt im Wydemouth. Wir besuchten meistens die Jahrmärkte.«
Ich dachte an die kleinen Zaubertricks und das abgenutzte Tuch auf dem Tisch und ihr glitzerndes Kleid. »Es war eine sehr gute Vorstellung«, sagte ich. »Wunderbar.«
Sie lächelte, und es war das erste echte Lächeln, das ich von ihr sah. »Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Es ist eine ganz gewöhnliche Vorstellung gewesen.« Zu meinem Bedauern verschwand das Lächeln gleich wieder. »Aber wir kamen zurecht.«
Damit meinte sie, dass sie sich lieber durch Vorstellung auf Jahrmärkten durchschlüge, als Nathans Kollegium für Magie für ihn zu gründen. Aber vielleicht würde sie noch einmal von der Vorstellung sprechen und wieder lächeln. Auf einmal wurde mir klar, dass mir sehr daran lag, sie wieder lächeln zu sehen.
»Wie ist es, in einer Zaubereivorführung zu arbeiten?«, fragte ich.
Ein winziges Achselzucken. »Ach… es ist bloß eine Art Geschäft. Die meiste Zeit ist man auf Reisen, und nicht immer kommen die Kosten wieder herein.«
»Es tat mir Leid, dass Fürst Nathan die Vorstellung unterbrach. Ich hatte Spaß daran.« Und das war nicht gelogen. Schon war dieses Lächeln wieder da.
»Das freut mich. Aber der Rest der Vorstellung ist geradeso, wie Sie sahen. Meister Grames führt Zaubertricks vor, ich stehe dabei, reiche ihm die Gegenstände, die er braucht, und trage weniger als üblich, damit die Leute nicht die ganze Zeit auf seine Hände sehen.«
Ich dachte, ich würde in der Kunst der Selbstbeherrschung allmählich besser, aber sie beobachtete meinen Gesichtsausdruck und zog die Brauen hoch.
»Das Kostüm gehört zur Vorführung. Und es ist nichts Schlimmeres als ein kurzer Rock und ein enges Mieder.«
Lieber Himmel, jetzt glaubte sie, ich hätte gedacht… »Nein, nein, das meinte ich nicht.« Und ich fühlte die alberne Wärme aufsteigen und in meine Wangen und Ohren dringen. Das hatte noch gefehlt, ich errötete. »Nein, ah…«
»Schon gut. Sie würden sich wundern, wie oft ich dieses Gespräch geführt habe. Wie oft ich denen, die nach der Vorstellung vorbeikommen, sagen muss, dass ich keine…«
Ich fand noch rechtzeitig meine Stimme wieder, um nicht in einem Topf mit denen zu landen, die nach der Vorstellung vorbeikamen. »Nein, das dachte ich nicht. Das würde ich niemals denken.« Es war mein Ernst und hörte sich auch so an.
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