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Tenebra 2 - Dunkle Reise

Tenebra 2 - Dunkle Reise

Titel: Tenebra 2 - Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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aber die letzte Frische der Morgenstunden schien bereits vergangen. Die letzte Woche des Nachsommers war angebrochen; in den Kulissen wartete der Herbst, und ein Gefühl von Veränderung lag in der Luft.
    Wir schritten über Nathans hübschen neuen Hafenkai aus sauber behauenen Steinquadern, die auch dem Frühjahrshochwasser standhielten. Von hier gingen die alten hölzernen Anlegebrücken aus, deren splitternde Pfahlbündel in das Flussbett getrieben worden waren, um die verwitterten, zahnlückigen Planken zu tragen. Nathan war mit ihnen unzufrieden. Fünfzig Schritte entfernt wurden von einem Leichter Steinbrocken in den Fluss geschüttet, um Fundamente für den neuen Kai abzugeben, der genug Raum zum Be- und Entladen von vier Barken bieten würde, und auf der anderen Seite der Uferstraße war bereits ein neues Lagerhaus mit Zollamt im Bau.
    Aber das war für nächstes Jahr. Diesmal würden wir Tenabra von einer der alten Anlegebrücken verlassen und unsere Reise auf dem Fluss antreten. Sarburg lag mehr als hundert Meilen stromauf; man rechnete mit einer Reisedauer von zehn bis zwölf Tagen.
    An der Anlegebrücke vertäut lag eine lange und niedrige Barke, glänzend schwarz wie ein Käfer auf dem schmutzigen Wasser. Auf dem Deck erwarteten uns Grames und seine Schutzbefohlene. Arienne hatte er sie genannt. Ein hübscher Name. Sie hatte den Kopf wie eine Büßerin gebeugt und starrte auf ihre ineinander gelegten Hände. Grames hingegen blickte uns erwartungsvoll entgegen.
    Die Gardisten umringten uns nicht gerade, aber es waren bewaffnete Männer hinter und vor uns. Silvus hob den Saum seines Umhangs, warf ihn über den Arm und schritt die hölzerne Landungsbrücke hinaus, ohne den Bewachern oder Grames einen Blick zuzuwerfen. Ich folgte ihm.
    Auf dem Vordeck stand eine Luke offen. Als wir über die Laufplanke an Bord gingen, erregten unsere Schritte auf dem Deck Neugier, und aus der Lukenöffnung reckte sich ein Kopf. Ohne seinen feinen Hut konnte Georghe de Barras, Ritter des Ordens vom Goldenen Speer, nur mit einem spärlichen Kranz wergfarbenen Haares aufwarten, kurzgeschnitten mit einer Schere. Er grinste und stellte alle zwölf Zähne zur Schau. Es erinnerte mich an einen Wasserspeier.
    »Silvus Castro«, sagte er, und das Grinsen weitete sich spöttisch, denn nun hatte er uns für sich, sozusagen. »Welch ein Vergnügen. Seit dem Hofball des Fürsten im vergangenen Jahr hatten wir keine Gelegenheit zu einem richtigen Beisammensein.«
    Silvus schloss für einen Augenblick die Augen. Seine Züge verhärteten sich.
    »Es heißt Ser Silvus de Castro – für dich und mich, Georghe«, sagte ich, um Barras' Aufmerksamkeit von Silvus abzulenken. Georghe und ich kannten uns seit langem. Sein Blick traf mich.
    »Und sein ständiger Begleiter, Will de Parkin«, fuhr er fort. Die Betonung auf dem de war nachdrücklich genug, um den wahren Wert hervorzuheben. »Weißt du, Will, ich wusste immer, dass wir unsere alte Bekanntschaft eines Tages erneuern würden.«
    Ich lächelte zurück. Das muss man, bei Barras. Anzeichen von Schwäche erregen ihn.
    »Ich auch, Georghe. Schon lange hatte ich gehofft, dass wir einmal richtig Zeit füreinander haben würden.« Ich strahlte ihn an und hatte das Vergnügen zu sehen, wie sein Lächeln abschätzend wurde.
    Ich dachte, dass ich der Lage allen Spaß abgewinnen sollte, den ich kriegen konnte. Ein Sommertag eine Flussfahrt, ein hübsches Mädchen… Was konnte man sich mehr wünschen?
     

KAPITEL III
    Die See mit ihren frischen Brisen war noch weit, und was vom Land zu uns herüberwehte, war heiß und roch nach faulendem Müll. Die Besatzung der Barke ersparte sich die Mühe, den Mast aufzurichten und das große Hauptsegel mit Fock aufzuziehen. Eine Leine wurde zu einem der Schleppboote des Hafens hinübergeworfen, zwölf Ruderer legten sich in die Riemen, und wir wurden ins Schlepptau genommen. Es war auch gut so. Die Passagiere konnten auf Deck bleiben und atmen.
    Ich stieg nur kurz hinunter, um mir ein Bild von der Unterbringung zu machen. Jeder von uns hatte eine Koje, die durch einen Vorhang vom Aufenthaltsraum getrennt war. Man gelangte durch die Luke im Vordeck hinunter.
    Grames und Barras hatten sich bereits die beiden vorderen Kojen gesichert, sodass jeder, der an Deck wollte, an ihnen vorbei musste. Achtern hinter dem Aufenthaltsraum lag die einzige Kabine, und sie war von Arienne belegt, jedenfalls hing ihr Umhang am Haken der Tür. Der Aufenthaltsraum nahm den größten

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