Tenebra 2 - Dunkle Reise
Spott oder Antipathie, was mich aus dem Gleichgewicht brachte. Mit Barras konnte ich umgehen; dieser Wettstreit lief schließlich nur darauf hinaus, wer von uns aufrecht stand, wenn er beendet war. Dies war anders. Es war ein Spiel, dessen Regeln ich nicht verstand.
»Ein schöner Morgen«, sagte Grames. »Nun müssten wir bald auf das Pferdegespann stoßen… Ah. Da ist es schon.«
Nathan ließ sich nicht lumpen. Das Gespann bestand aus zwei gut genährten und gepflegten Zugpferden mit glänzenden Fellen, die mit ihrem Treiber am Beginn des Treidelpfades warteten, der oberhalb der Brücke begann. Die Barke wurde zum Ufer gesteuert, die Zugleine hinübergeworfen, und das Schleppboot legte wieder ab, als die Barke leicht ans Ufer stieß. Die Zugleine wurde festgemacht, die Pferde zogen an, nahmen das Seil auf, und die Barke setzte sich nach einem kurzen Ruck sanft in Bewegung. Wir alle nahmen das Erscheinungsbild zufriedener Müßiggänger an, ausgenommen Grames, der wie ein Schneider auf mich wirkte, der sich bemüht, einen Kunden für ein schlecht sitzendes Wams zu interessieren.
»Ausgezeichnet«, sagte er. »Übermorgen in einer Woche sollten wir in Sarburg sein, nach einer eintägigen Unterbrechung in Conflans.« Er warf Silvus einen Seitenblick zu. »Die Schleusen, die Seine Hoheit bauen ließ, haben dem Handelsverkehr auf dem Fluss einen großen Aufschwung gebracht, wissen Sie. Heute können Waren auf dem Wasserweg bis hinauf nach Wele verschifft werden.«
»Das glaube ich gern«, sagte Silvus trocken.
»Obwohl ein Edelmann sich natürlich nicht mit den rein, ah, kommerziellen Aspekten der Regierung unseres Fürsten abgeben würde.« Knoten bildeten sich entlang Silvus' Kinnlade. Ein weiterer Pfeil hatte sein Ziel gefunden. Grames fuhr selbstzufrieden fort: »Immerhin wird unsere Reise dadurch sehr erleichtert.«
Silvus wandte den Kopf und betrachtete ihn mit dem unvoreingenommenen Interesse eines Entomologen, der ein neues Insekt gefunden hat. »Und was werden wir tun, wenn wir eintreffen, Meister Grames?«, fragte er.
Eine Andeutung von Befriedigung huschte über Grames' Gesicht. In dem obskuren Wettkampf, in den er und Silvus verstrickt waren, hatte er einen Punkt gewonnen, indem er eine gezielte Frage erzwungen hatte.
Silvus schien es zu bemerken. Er hob die Brauen und machte ein unbekümmertes Gesicht. »Ich hörte, dass die Jagd dort gut läuft, obwohl die Saison kaum begonnen hat.«
»Ich bedaure, dass ich von der Jagd nichts verstehe«, erwiderte Grames in farblosem Ton; damit gab er Silvus zu verstehen, dass er als einfacher arbeitender Mann aristokratischen Zeitvertreib verabscheute.
»Wie auch immer«, fuhr Grames fort, »unsere Aufgabe wird Sie vielleicht ebenso interessieren. Wir sollen die Kraft zum Wohle der Welt nutzen. Wir sollen die Möglichkeiten ihres Gebrauchs erforschen. Der Frage nachgehen, was die Kraft wirklich ist und woher sie kommt. Schließlich wissen wir sehr wenig darüber. Um ein Beispiel zu nennen, Ser de Castro, wie ist Ihre Wahrnehmung von Mana?«
Seltsam. Es klang beinahe so, als erwartete er, dass verschiedene Leute verschieden antworteten. Aber Silvus blickte einfach weg und schien zu überlegen, ob es zweckmäßig sei, die Antwort einfach zu verweigern. Schließlich zuckte er die Achseln. »Ich weiß es nicht. Ich nehme es einfach wahr, mehr nicht.«
»Aber wie? Als eine Aura? Ein Gefühl? Eine Farbe, ein Gefühl von Wärme, von Druck, von Nähe? Was?«
»Nichts davon.« Silvus tat die Frage mit einer Handbewegung ab. »Ich kann es mit Worten nicht erklären.«
»Weil…« Grames legte eine taktvolle Pause ein, »weil es scheint, dass Ihre Reaktion auf den Gebrauch der Kraft im Gegensatz zur bloßen Gegenwart von Mana emphatisch ist, nicht wahr? So wurde es uns gesagt, und so sahen wir es bei der Vorstellung.«
Sie hatten Eumas dazu gehört, das war klar.
»Vielleicht.«
»Ein charakteristischer Abscheu. Ekel. Es stellt sich ein, wenn jemand in der Nähe mit Magie arbeitet.«
»Es ist wie das Öffnen einer Pestgrube vom letzten Jahr, wenn Sie es wissen müssen«, sagte Silvus.
»In der Tat, Ser de Castro. Ich weiß es nur zu gut.« Der kleine Mann schaukelte auf den Fußballen vor und zurück und blickte zum Ufer hinüber. Wir passierten die zusammengedrängten kleinen Häuser nahe der nördlichen Stadtmauer, durchzogen von schmalen, krummen Gassen. Sie blieben zurück, und wir kamen zum oberen Wassertor, wo das Flussbett eingeengt war und die Pferde
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