Tentakelblut (German Edition)
… bedauerlich.«
Slap nickte erneut.
»Wäre das alles?«
»Nimm es nicht auf die leichte Schulter«, warnte Loban. »Du gehst ein Risiko ein. Ich hätte gerne, dass wir erfolgreich sind, damit wir anspruchsvollere Missionen planen können. Mirinda würde dich auch vermissen.«
Slap grinste. »Sie ist doch nur an meinem Körper interessiert.«
»Angesichts der Tatsache, dass du gar keinen hast und sie als Bewusstseinskonstrukt mit deinem Bewusstseinskonstrukt interagiert, kann diese Aussage nicht zutreffen.«
Slap seufzte. Wie immer waren seine Versuche, bei Loban mit einem Scherz zu landen, nicht von Erfolg gekrönt.
»Ich wäre dann so weit.«
»Dann beginnen wir.«
Loban führte ihn in die Apparatur, die eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre, sondern nur eine symbolische Charakterisierung eines quantenmechanischen Vorgangs, ausgelöst durch Generatoren tief im Bauch der Forschungsabteilung und direkt ausgerichtet auf ein rein virtuelles Konstrukt.
Slap fand es dann doch ein wenig albern.
»Ich aktiviere …«, sagte Loban.
Doch da war Slap bereits verschwunden. Vor seinen Augen veränderte sich die Umwelt radikal. Der nüchterne Stahl der Forschungsstation wurde ausgetauscht durch eine fast schon liebliche Umwelt. Slap hatte nichts anderes erwartet. Die Tentakel, die finsteren, brutalen Invasoren, hatten eine Vorliebe für liebliche Landschaften, sanfte Hügel, saftiges grünes Gras (manchmal auch blaues), Wäldchen, flüsternde Bäche … Slap hatte einen beinahe süßlichen Geschmack im Mund, als er sich umsah. Es fehlten nur die friedlich grasenden Rehe mit ihren lustig umherspringenden Kitzen.
Es war beinahe widerlich.
Slap schaute an sich hinab.
Er war ein schöner Tentakel, voller Kraft und Saft. Er wackelte probeweise mit einigen seiner Gliedmaßen, biegsam, machtvoll und vielfältig einsetzbar. Für einen Moment ergab er sich dem leicht perversen Gedanken, was er mit diesen bei Mirinda anstellen konnte. Slap grinste. Ein echter Tentakel würde niemals auf so eine abstruse Idee kommen.
Er sah sich um und lauschte. Eine sanfte Brise. Angenehme Gerüche von Blumen und Gehölz. Und Vogelgezwitscher, nur ohne Vögel. Alles war ziemlich genau so wie im Trainingsbereich, den er bisher besucht hatte.
Slap ermahnte sich. Es wäre gefährlich, sich allzu sehr in Sicherheit zu wiegen. Und die Gruppe von Tentakelavataren, die da hinten auf eine Lichtung zustrebten, waren keine künstlich generierten Softwaresubstrate, sondern Repräsentationen von echten Lebewesen, die irgendwo in der Galaxis, oft viele Lichtjahre voneinander getrennt, in ihren Traumtanks lagen und sich hier mit ihren Artgenossen trafen.
Er konnte sie töten.
Sie konnten ihn töten.
Slaps zentraler Vorteil war die Tatsache, dass eine grundsätzliche Regel des Tentakeltraums für ihn nicht galt. Tentakelavatare konnten sich hier nicht anlügen. Das war wichtig für ein Volk, das über endlose Weiten koordiniert miteinander kommunizieren und planen musste, ohne sich physisch schneller als das Licht bewegen zu können. Eine Lüge, eine Halbwahrheit und Fehler konnten entstehen, die nur schwer wieder auszubügeln waren. Daher besuchten die Tentakel diese Sphäre mit großem Bedacht. Es gab manche, die so gut wie nie hier auftauchten, denn sorgsam gehütete Clangeheimnisse mochten hier zum Vorschein kommen.
Slap war ein Außenseiter.
Er konnte lügen, dass sich die Balken bogen.
Slap gab sich einen Ruck. Die Warterei führte zu nichts.
Er machte probeweise einige Schritte vorwärts, fühlte den leicht verlagerten Körperschwerpunkt – schließlich war er jetzt auch gut 50 Zentimeter größer als in seiner irdischen Form – und merkte schnell, dass er ganz gut zurechtkam, solange er eine geringe Geschwindigkeit beibehielt. Hier rannte niemand. Passend zur friedlichen und angenehmen Umgebung schienen die Tentakel sehr entspannt zu spazieren, und das war Slap gerade recht.
Die Lichtung war eine Art Treffpunkt. Kleinere Gruppen von Tentakeln hatten sich versammelt und unterhielten sich in gedämpfter Lautstärke. Es fehlten nur noch die Cocktailtische mit den Schnittchen. Slap wanderte in aller Gelassenheit in die Menge und fischte Sprachfetzen auf.
»… die Mündungsgeschwindigkeit ist beeindruckend …«
»… sieben neue Krieger-Genome für drei zusätzliche Modifikationen für uns Gärtner, das macht dann …«
»… lästiges Volk, diese Letoner. Aber in der aktuellen Situation …«
»… fragt man sich schon, was
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