Terminal 3 - Folge 1: Sterben hat seine Zeit. Thriller (German Edition)
bin Schriftendesignerin«, sage ich. »Ich erstelle Schriftarten«, füge ich überflüssigerweise hinzu.
»Aha …«, macht er. »Das hört sich interessant an.«
Ich nicke.
»Und wo werden diese Schriftarten dann verwendet?«, fragt er.
»Für Firmenlogos, auf Visitenkarten, Briefköpfen. Solche Sachen halt.«
Auf einmal ist es mir sehr unangenehm, das Gespräch auf meinen Beruf gelenkt zu haben.
»Das hört sich nach einer sehr interessanten Arbeit an«, sagt er noch einmal. Ich antworte nicht, und schließlich sagt er: »Ich bin in der IT-Branche tätig. Softwareentwicklung, vor allem Datenbanken, aber auch IT-Sicherheit. Hauptsächlich für mittelständische Unternehmen, aber es sind auch ein paar größere dabei. Und vielleicht, wenn alles klappt, auch bald eins in Albuquerque.« Er macht eine Pause. »Ich habe mich direkt nach der Uni mit zwei Freunden zusammen selbstständig gemacht. Unsere eigene kleine Firma. Die ersten Jahre waren ganz schön hart, das kann ich Ihnen sagen, aber mittlerweile läuft es ganz gut. Wir haben inzwischen neun Angestellte. Als wir anfingen, hatten wir nicht einmal jeder einen eigenen Schreibtisch.« Ein kurzes Lachen, dann Stille. »Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht langweilen.«
»Nein, nein, das haben Sie nicht«, sage ich. »Es ist nur … Ich bin einfach ziemlich abgespannt.«
»Waren Sie beruflich in Albuquerque?«
»Nein, privat. Verstehen Sie, ich würde jetzt einfach ganz gerne …«
»Aber natürlich«, sagt er. »Das verstehe ich. Bitte entschuldigen Sie.«
Die Worte hängen noch einen Moment zwischen uns, wollen nicht so recht verklingen.
Dann ein Knistern, eine Lautsprecherdurchsage; der Landeanflug auf den Abraham Norton Airport San Francisco stehe kurz bevor, die Rückenlehnen seien in eine aufrechte Position zu bringen, die Sitzgurte anzulegen.
Der Mann öffnet eine lederne Umhängetasche, legt die Zeitschrift hinein, verstaut das Handgepäck. Als er sich wieder hinsetzt, sagt er: »Ich heiße übrigens Michael.«
»Allison«, sage ich.
»Freut mich, Allison.« Er lächelt.
Ich schaue aus dem Fenster und warte darauf, dass der Boden näher kommt.
Lennard Fanlay
Die Menschen an der Brüstung verschwinden. Weiter unten im Erdgeschoss halten zwei Polizisten das rote Absperrband hoch, Marisa in ihrem Splitterschutzanzug betritt den inneren Bereich, und etwas verändert sich. Alle schauen zu der Gestalt in dem wuchtigen Schutzanzug hinüber. Alle wissen: Jetzt wird es ernst.
Marisa bewegt sich langsam, der Anzug ist schwer, fast achtzig Pfund, und bei ihrer Arbeit kann ein falscher Schritt bereits einer zu viel sein. Sie erreicht den Koffer und geht schwerfällig in die Knie. Sie untersucht die Verschlüsse und den winzigen Spalt zwischen den Schalen.
Anschließend öffnet sie die Tasche an ihrem Bauch und holt einen dünnen langen Haken hervor, mit dem sie die Unterseite des Koffers abtastet. Sie ist zu weit entfernt, als dass ich das alles sehen könnte, und außerdem kehrt sie mir den Rücken zu, aber ich weiß, dass es passiert. Ich kenne das Vorgehen. Was man hingegen deutlich sehen kann, ist, wie Marisa den Koffer ganz langsam auf den Boden legt und aufklappt. Einige Atemzüge lang geschieht nichts, Marisa kniet regungslos vor dem Koffer. Dann holt sie etwas hervor, einen etwa footballgroßen Gegenstand. Er ist in eine durchsichtige Plastiktüte eingewickelt, nein, er ist eingeschweißt. Hinter dem Plastik schimmert es rötlich. Marisa holt ein weiteres Paket hervor, ich denke an abgepacktes Fleisch im Supermarkt, und in meiner Tasche knackt das Walkie-Talkie, und Marisa sagt: »Es ist ein Mensch.« So leise, dass ich es kaum verstehe, und ich hole das Walkie-Talkie heraus, und es knistert, und eine andere Stimme fragt: »Es ist was?« Und Marisa schreit: »Es ist ein Mensch! Verdammt noch mal, es ist ein Mensch!«
Und die Hölle bricht herein über Terminal drei.
Sam Walter Jefferson
Der Abraham Norton liegt nur etwa fünfzehn Fahrminuten von unserem Haus entfernt. Ich parke vor Terminal drei. Ich parke immer hier, auch wenn das wahrscheinlich nicht klug ist. Jemand könnte sich mein Nummernschild merken. Aber es geht nicht anders, ich bin ein Gewohnheitsmensch.
Ich betrete das Gebäude und bahne mir meinen Weg durch die Menschenmassen. Es ist voll, wie jeden Vormittag, aber ich habe meine festen Laufwege. Bei den Monitoren bleibe ich stehen und schaue hinauf, betrachte die Abflugzeiten und -ziele. Der nächste Inlandsflug geht nach
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