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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Anklage?«
    »Hexerei.«
    Verantwortlich für die gesamte Organisation dieses Prozesses war der Generalsekretär gewesen. Als Erstes galt es, ihn auf einen für alle Beteiligten angenehmen Zeitpunkt zu legen, eine schwierige Aufgabe, da bei allen Zeugen – etwa dreihundert Mitgliedern des Hochadels – deren soziale Stellung berücksichtigt werden musste. Dann hatte er im Verlauf eines speziellen Konklaves die zehn Kardinäle der Jury benennen müssen. Weil er nicht wusste, wie er sich aus diesem Dilemma hätte befreien können, hatte er einfach die zehn ältesten berufen. Woraufhin der Klerus der Meinung gewesen war, er habe sich sehr gut aus der Affäre gezogen, da sich niemand außer einiger junger Prälaten, die sich von diesem Prozess Aufstiegsmöglichkeiten erhofft hatten, verletzt fühlten.
    Weil Fracist Bogh die unterschwellige Warnung Harkots nicht vergessen hatte, bat er den Seneschall, selbst die drei speziellen Inquisitoren zu bestimmen. Dann hatte er den Imperator persönlich von seinen Maßnahmen unterrichtet, worauf der Imperator das Vorgehen des Generalsekretärs mit einem knappen Nicken gebilligt hatte.
    Auf diese Weise hatte der Kardinal drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Der Herrscher des Universums war zufrieden,
ebenso der Seneschall, und die Eitelkeit der Kardinäle war nicht verletzt worden.
    In einigen Wochen, im vorletzten Monat des syracusischen Jahrs, am sechsten Tag des Monats Cembrius, würde der Prozess im Jahr 16 des Ang-Imperiums beginnen und sich wahrscheinlich bis in das folgende Jahr hinziehen. Die einzige Person, die zugunsten der Angeklagten auf freiwilliger Basis aussagen würde, war Dame Alakaït de Phlel, ihre Hofdame. Doch da sie ebenso hässlich war wie ihre Herrin schön gewesen war, würde man sie anstelle der Kaiserin zum qualvollen Tod am Feuerkreuz verurteilen. Somit wäre der Gerechtigkeit Genüge getan.
    Ganz Venicia befand sich in einem Zustand fieberhafter Erregung, denn Syracusa, der Planet der schönen Künste und des guten Geschmacks, bereitete sich auf einen neuen Pontifex und auf eine neue Imperatrix vor.
     
    Heute Nacht …
    Heute Nacht statte ich dem Muffi meinen routinemäßigen Besuch ab, und da die Vikare mir keine Anweisungen gegeben haben, wird sich nichts Besonderes ereignen, dachte Kardinal Bogh.
    Er stand vor dem großen Fenster mit dem herrlichem Blick über Romantigua, der Altstadt Venicias, und genoss den Sonnenuntergang Saphyrs; das Gestirn färbte den Himmel in prächtig schimmernde Farbtöne: mauve, violett und indigo. Alle Straßen und Avenuen glichen blauen Flüssen. Die Venicianer genossen die kühlende Brise der kariolischen Winde, flanierten auf den Trottoirs, versammelten sich um die Optalium-Brunnen oder gingen anderen Vergnügungen nach. Bunt beleuchtete Galeonen glitten ruhig über den Fluss Tiber Augustus.

    Welch ein Unterschied zwischen Venicia und Anjor, der Hauptstadt Ut-Gens. Die Venicianer waren elegant gekleidet, aber verlogen und berechnend, die Utgenianer hingegen liefen in Lumpen umher, doch waren sie einfach und ehrlich. Manchmal sehnte sich Fracist Bogh nach diesem düsteren Planeten, weil er glaubte, dort sein Priesteramt ausgeübt zu haben, hier jedoch war er zu einem berechnenden Verschwörer geworden.
    Jemand klopfte an die Tür. Er ging zu seinem Schreibtisch und drückte auf den Knopf zum Öffnen.
    Ein weiß gekleideter Novize trat ein und verneigte sich. »Der Muffi erwartet Euch, Eure Eminenz.«
    »Jetzt schon? Das Treffen sollte erst in zwei Stunden stattfinden …«
    »Der Zeitplan wurde geändert, Eure Eminenz.«
    »Beweisen Sie mir, dass Sie befugt sind!«, entgegnete der Kardinal leicht erbittert, weil auch er bereits von diesem paranoiden Misstrauen besessen war.
    »Pax kreuziana …«, sagte der Novize.
    Fracist Bogh nickte. Dies war der zwischen dem Pontifex und dem Generalsekretär vereinbarte Code.
    »Ich komme gleich …«
     
    Barrofill XXIV. saß in einem sparsam möblierten Raum seiner sonst luxuriösen Gemächer auf einer bequemen Luftcouch. Heute hatte er sich weder schminken lassen noch sein Ornat angelegt. Er sah müde und alt aus, als er mit durchdringendem Blick seiner schwarzen Augen den Generalsekretär musterte.
    »Guten Abend, Kardinal Bogh«, murmelte er mit matter Stimme. »Bitte, setzt Euch.«
    Er klopfte mit der Hand auf die Rückenlehne. Fracist
Bogh küsste flüchtig den Ring und nahm neben dem Muffi Platz.
    »Guten Abend, Eure Heiligkeit.«
    Der Unfehlbare Hirte

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