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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Finger rührt!«, sagte der Hexenmeister mit schneidender Stimme und hielt die Waffe das Kommandanten noch immer fest.
    Seine Augen sprühten Funken, und seine Barthaare schienen aufgeladen. Wenn ein Bord-Hexer in diesem Zustand war – einem Zustand nahe der atomaren Trance –, musste man seinen Befehlen gehorchen.
    Das galt auch für den Oberbefehlshaber. Doch sollte sich Todeskuss geirrt haben, würde er ihm später die Kehle aufschlitzen.

    Jek spürte den warmen Atem der Hyänen auf seiner nackten Haut. Sie lagen vor ihm und nahmen fast die Hälfte der Brücke ein. Einige hechelten, und alle sahen den kleinen Jungen mit ihren großen gelben Augen erwartungsvoll an.
    Jek trat einen Schritt vor. Die Tiere rührten sich nicht. Sie waren groß, sehr groß. Viel größer als die furchterregenden Löwenhunde mit ihren Mähnen. Mit einem einzigen Prankenschlag hätten sie ihn töten können.
    Vorsichtig streckte er seinen Arm aus. Die Hyäne vor ihm reckte ihm den Hals entgegen, und als er fürchtete, sie könne ihm die Hand abbeißen, schmiegte sie ihre Schnauze in seinen Handteller. Er beugte sich vor und streichelte ihren Kopf, ihre Brust, ihre Flanken. Unter dem dichten Fell spürte er den Schlag ihres Herzens.
    Und während Jek mit zärtlichen Bewegungen über den mächtigen Körper der Hyäne strich, erfuhr er alles über das entbehrungsreiche Leben dieser tapferen Tiere – eine Geschichte des Überlebenskampfes, ihr Mangel an Beutetieren, an Nahrung … Tränen stiegen ihm in die Augen. Er umarmte die Hyäne und presste sich an ihren Körper. Sie leckte die Wunden an seinem Hals und seinen Schultern. Noch nie hatte er so viel Zärtlichkeit erfahren und sich so geborgen gefühlt.
    Dann durchdrang ein lautes Heulen die Stille. Die Hyäne löste sich behutsam aus Jeks Umarmung, stand auf und ging mit ihren Artgenossen zu einem der Toten. Mit der Vorderpfote und der Schnauze stieß sie ihn über Bord. Dasselbe geschah mit den fünf weiteren Leichen. Jek ließ sie gewähren. Es erschien ihm nur gerecht, dass die Tiere von ihrer Jagd profitierten – eine Jagd, die noch viel profitabler gewesen wäre, hätten die Hyänen die Überlebenden nicht verschont.

    Eine nach der anderen sprangen sie darauf über die Reling und verschwanden im Dunkel der Nacht. Jek sah Dutzende davontraben. Nur ein Paar gelbe Augen starrte ihn unverwandt an. Da begriff er, dass sie die Anführerin sein musste, die Matriarchin des Clans. Noch einmal schenkte sie ihm einen langen, liebevollen und gleichzeitig traurigen Blick, stieß zum Abschied ein herzzerreißendes Heulen aus und folgte ihren Gefährtinnen.
     
    Trotz ihrer Erschöpfung schliefen die Wüstenratten nicht, denn sie mussten ihr Luftschiff reparieren, die Energieversorgung wiederherstellen. Weil sich die Dunkelheit als ihre treueste Verbündete herausgestellt hatte, arbeiteten sie ohne Licht.
    Todeskuss brachte den kleinen Oberirdischen in die Mannschaftskabine am Heck des Aerotoms. Er legte Jek in eine Koje und behandelte die Wunden des Jungen erneut mit seiner Heilsalbe. Aus einer Seemannskiste nahm er eine alte Uniform aus schwarzem Leder, kürzte Ärmel und Hosenbeine und fabrizierte aus den Resten einen Gürtel. Als er sie noch etwas enger gemacht hatte, schien er mit seinem Werk zufrieden. Er weckte den Schlafenden und kleidete ihn ein. Nach einem prüfenden Blick auf seinen Schützling nahm er seinen Turban vom Kopf, schnitt ein Stück davon ab und wickelte es um Jeks Kopf.
    Der Hexenmeister trat zurück, um sein Werk zu bewundern. »Jetzt bist du eine richtige Wüstenratte geworden, kleiner Oberirdischer«, sagte er schmunzelnd mit fröhlich funkelnden Augen.
    »Möchtest du noch etwas schlafen?« fragte er.
    Jek nickte. Sein Körper schrie nach Ruhe. Er schloss die Augen und fiel sofort in einen tiefen Schlaf. Nur noch vage
spürte er, dass der Hexenmeister eine dicke Wolldecke über ihn legte. Doch dass Todeskuss ging und die Tür schloss, dessen war er sich sehr bewusst. Dann träumte er von den Hyänen.
     
    Als das Tageslicht durch eines der Bullaugen auf seine Augenlider fiel, erwachte Jek. Er hörte ein leises Brummen, und alles um ihn herum vibrierte. Er glaubte, ewig lange geschlafen zu haben und streckte sich. Sein Magen knurrte gebieterisch. Ihm wurde bewusst, dass er in der Höhle des alten Artrarak zum letzten Mal gegessen hatte.
    Er stand auf und ging aus der Kabine über einen langen Gang, an dessen Ende sich eine seltsame schwarze Kugel befand, und

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