Terror von Rechts
zwischen zwei Polen: Sind wir für Kulturkampf, für Abgrenzung, für Klassenkampf von oben? Sind wir eine Gesellschaft, die eugenische Vorstellungen für diskussionswürdig erachtet? Oder wollen wir hier gleichberechtigt und sozial abgesichert miteinander klarkommen?« Innerhalb dieser Dichotomie, so Häusler, müsse die politische Auseinandersetzung geführt werden – »und da muss auch Kante gezeigt werden«. 101 Die Debatten gestalten sich aber schwierig, denn vonseiten der »Integrationskritiker« wird simplifiziert, polarisiert und ausgegrenzt. Auch hier haben Politik und Medien teilweise den Anschluss an die Realität verloren, denn in den deutschen Großstädten sind wir bereits viel weiter. Eine vielfältige Gesellschaft ist hier längst Realität und gilt – trotz der Probleme – vollkommen zu Recht als lebenswert. Der Boom der Großstädte zeigt dies. Wenn sich politische und mediale Debatten aber immer wieder nur um die zweifelsohne vorhandenen Probleme drehen, ohne dass sachlich und unaufgeregt nach vernünftigen Lösungen gesucht wird, werden die Menschen mit Migrationshintergrund, die dazu die Chance haben, das Land verlassen. Die Abwanderung von hochqualifizierten Deutschtürken dokumentiert dies. Nicht nur Neonazis vertreiben Migranten – oder Menschen, deren Vorfahren aus dem Ausland stammen, auch die »Mitte« hilft mit. Nicht mit Taten, aber mit Worten. Beispielhaft kann hier auf die Debatte um die Äußerungen des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) zum Islam verwiesen werden. Wulffs Kritiker erweckten darin den Eindruck, Deutschland stünde unmittelbar vor der Wahl zwischen Grundgesetz und Scharia. Doch was hat uns die »Integrationsdebatte« nach dem Sarrazin-Buch praktisch gebracht? Sind sich die Menschen in der Bundesrepublik dadurch nähergekommen? Wurde Misstrauen abgebaut? Und welche Konzepte sowie Vorschläge haben die Integrationskritiker eigentlich vorgelegt? Keine. Sie tragen gebetsmühlenartig vor, was sie nicht wollen, entwerfen Szenarien, die Angst schüren – und gemeinden Bundesbürger aus. Mit dem Etikett »Islam« können auch Bundesbürger endlich wieder zu Ausländern gemacht werden, die nicht zu Deutschland gehören. Die NPD ist da ehrlicher und spricht von »Plaste-Deutschen«. Da war die Empörung groß!
Zusammengefasst: Die Betroffenen der Hass-Ideologien müssen stärker in den Fokus rücken. Zumeist sind Minderheiten von rechtsextremer Gewalt betroffen, die ohnehin bereits benachteiligt werden. Die Neonazis schlagen auf die Schwächsten ein. Eine Arbeit gegen Antidiskriminierung richtet den Blick auf Benachteiligungen und Herabwürdigungen von Menschen aufgrund rassistischer oder antisemitischer Zuschreibungen, der Religion, des Geschlechts, des Lebensalters, der sexuellen Orientierung, wegen einer Behinderung oder wegen der sozialen Herkunft. Akzeptierende Jugendarbeit wird dem Problem Rechtsextremismus nicht gerecht, da es sich um kein Jugendphänomen handelt und die Täter zu stark in den Fokus stellt.
Mehr Demokratie wagen! Norwegen hat vorbildlich auf den rechtsextremen Terror des Anders Behring Breivik reagiert. Mehr Offenheit, mehr Toleranz, mit diesen Werten begegnen sie dort dem Hass von Faschisten. In Deutschland war nach dem Bekanntwerden der NSU-Terrorserie hingegen von Schande für das Land und mehr Kompetenzen für Sicherheitsorgane die Rede. Statt immer mehr Kompetenzen, die kaum noch jemand überschaut, wird eine effektive Repression gegen Rechtsextreme benötigt. Neonazis lehnen die in der Verfassung garantierten Rechte für alle Menschen ab. Sie bekämpfen nicht nur das System, sondern wollen Millionen Mitbürgern die Menschenwürde nehmen. Das Grundgesetz wurde vom Bundesverfassungsgericht als Gegenentwurf zum Totalitarismus der NS-Zeit bezeichnet, die Demokratie soll sich wehrhaft gegen ihre Todfeinde verteidigen – und diese nicht noch mit Geld und Infrastruktur munitionieren. Daher gilt es, konsequent gegen NS-Verherrlichung, Holocaust-Leugnung und Hassreden vorzugehen. Die Meinungsfreiheit endet dort, wo gegen Menschen gehetzt und aufgestachelt wird. Die Arbeit der Sicherheitsorgane muss strikt nach rechtsstaatlichen Prinzipien organisiert werden, eine Aufweichung der Gewaltenteilung ist nicht notwendig, um effektiv gegen Rechtsextreme vorzugehen, genauso dürfen keine demokratischen Grundrechte eingeschränkt werden.
Und Repression, Überwachung sowie weitere Sicherheitsbemühungen sind weit teurer als echte
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