Terrorist
hat, haben sich in der klösterlichen, mehrschichtigen Atmosphäre erhalten: über den Köpfen Balken, Ketten und Flaschenzüge zum Anheben von Motoren und Achsen; Werkbänke und Batterien kleiner Schubladen, deren Griffe von öligen Fingern geschwärzt sind; Bretter an der Wand, auf denen die Umrisse nun fehlender Werkzeuge zu sehen sind, Stücke von Kabeln, Blechen und Gummischläuchen liegen noch dort, wo die letzte Hand sie nach der letzten Reparatur hingeschoben hat; in den Ecken, hinter Ölfässern, die als Abfallbehälter dienen, häufen sich leere Ölkanister und Ersatzteilpackungen, Dichtungsringe und Treibriemen. In der Mitte des Betonfußbodens, unter der einzigen hellen Lichtquelle, steht ein Lkw von ähnlicher Form und Größe wie Excellency, in dessen Kabine Verlängerungskabel hineinführen wie die Schläuche, die einen Patienten auf der Intensivstation am Leben erhalten. Nur ist dieser Lkw kein Ford Triton E-350, sondern ein GMC 3500, und nicht orange, sondern gebrochen weiß lackiert, wie er aus der Fabrik gekommen ist. Auf den Seitenflächen steht in sorgfältig, aber nicht professionell ausgeführten Lettern ROLLOS MIT SYSTEM.
Vom ersten Blick an mag Ahmed den Laster nicht; das Fahrzeug hat etwas verstohlen Anonymes, etwas billig Unscheinbares. Es sieht mitgenommen, ja verwahrlost aus. Auf der Standspur des New Jersey Turnpike hat er oft uralte Limousinen aus den sechziger und siebziger Jahren, wulstig, zweifarbig und voller Chromkinkerlitzchen, fahruntüchtig stehen sehen, und daneben ein glückloses, dunkelhäutiges Familiengrüppchen, das darauf wartete, dass die Polizei sie retten kam und ihren schäbigen Gelegenheitskauf abschleppte. Nach Armut dieser Sorte sieht der knochenweiße Laster aus, nach so jammervollen Versuchen, mit Amerika Schritt zu halten, zur unbeschwerten Siebzig-Stundenmeilen-Mittelschicht aufzuschließen. Einen weiteren solchen jammervollen Versuch verkörperte der kastanienbraune Subaru seiner Mutter mit seinem schlecht gespachtelten Kotflügel und seinem roten, vom jahrelangen Stehen in der säurehaltigen Luft von New Jersey abgeschliffenen Emaille. Dagegen wirkt Excellency mit seinem Lack in leuchtendem Orange und seinen goldgeränderten Lettern schmuck und vergnügt – er hat etwas vom Zirkuswagen, wie Charlie vorhin bemerkt hat.
Der ältere, kleinere der beiden Mechaniker, der einen Tick freundlicher ist, winkt Ahmed an die offene Tür der Fahrerkabine. Seine Hände, mit ölverschmierten Fingerkuppen, deuten auf ein ungewöhnliches Element zwischen den Sitzen – einen Metallkasten von der Größe einer Zigarrenkiste, in militärischer Tarnfarbe gestrichen, mit zwei Knöpfen obendrauf und isolierten Kabeln, die von dort in den Laderaum des Lasters führen. Da der Zwischenraum zwischen Fahrer- und Beifahrersitz tief und deshalb nur schwer zu erreichen ist, ruht das Gerät nicht auf dem Kabinenboden, sondern auf einem umgedrehten Milchflaschenkasten und ist zur Sicherheit mit Isolierband am Kastenboden befestigt. Auf der einen Seite des Zünders – denn darum muss es sich handeln – befindet sich ein gelber Kontakthebcl und in der Mitte, in einer daumengroßen Kuhle von etwa einem Zentimeter Tiefe, ein blanker roter Knopf. Die farbliche Kodierung gemahnt an militärische Beschränktheit, an unwissende junge Männer, die nach den denkbar simpelsten Prinzipien ausgebildet werden; der versenkte Knopf soll vor einer versehentlichen Detonation bewahren. Der Techniker erklärt Ahmed: «Hebel da – Sicherheitshebel. Schieben rechts» – klick –, «so, Gerät scharf. Dann drücken Knopf und festhalten – buuum. Viertausend Kilo Ammoniumnitrat hinten. Zweimal, was McVeigh hatte. So viel nötig, um Stahlwandung von Tunnel brechen.» Zur Illustration beschreiben seine Hände mit den schwarzen Fingerkuppen einen Kreisbogen.
«Tunnel», wiederholt Ahmed dümmlich, denn von einem Tunnel hat ihm gegenüber bisher keiner gesprochen. «Welcher Tunnel denn?»
«Lincoln», antwortet der Mann, leicht erstaunt zwar, aber mit weniger Emotion als beim Umlegen eines Hebels. «Lastwagen in Holland nicht erlaubt.»
Ahmed verarbeitet das stumm. Der Mann wendet sich an Charlie. «Er wissen?»
«Jetzt weiß er’s», sagt Charlie.
Der Mann schenkt Ahmed ein zahnlückiges Lächeln; seine Freundlichkeit nimmt zu. Seine gleitenden Hände beschreiben einen weiteren Kreis. «Stoßverkehr, morgens», erläutert er. «Von Jersey-Seite. Tunnel rechts nur für Lastwagen. Neuster Bau von drei,
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