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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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True Value, der aufgetaucht ist, alle zehn Finger entgegen und argumentiert, niemand, der bei Verstand sei, könne ihm zehn Minuten Parkzeit abseits der Straße verwehren; zur Untermauerung seines Standpunkts wechselt ein Zehn-Dollar-Schein die Hände. Im Fortgehen murmelt er Ahmed zu: «Draußen auf der Straße fällt der verdammte Laster doch auf wie ein Zirkuswagen.»
    «Du möchtest also nicht beobachtet werden», folgert Ahmed. «Aber wer würde uns denn beobachten?»
    «Man kann nie wissen», lautet die unbefriedigende Antwort. Schnelleren Schritts, als sich Charlie sonst bewegt, gehen sie durch eine Hintergasse, die parallel zur Main verläuft und die aufs Geratewohl von Maschen- und Stacheldrahtzäunen gesäumt ist, von geteerten Höfen, die abweisend mit PRIVATGRUNDSTÜCK und NUR FÜR KUNDEN beschildert sind, und von den Veranden und Eingangsstufen demütig in verbliebene Hinterhofparzellen des Zentrums gequetschter Wohnhäuser, deren ursprünglich hölzerne Wände mit Aluminiumschindeln verkleidet sind oder mit gestanzten Blechplatten, deren Muster Mauerwerk vortäuschen soll. Nicht bewohnte Kästen aus echtem, über die Jahre gedunkeltem Ziegelstein dienen als Lager und Hinterhofwerkstätten der Firmen, deren Haupteingänge an der Main Street liegen: Einige davon sind nun mit Brettern vernagelte Hülsen, an denen Rowdys jedes sichtbare Fenster systematisch eingeschlagen haben, und aus anderen dringen der Lichtschein und die Geräusche kleiner Fertigungs- oder Reparaturbetriebe, die noch fortgeführt werden. An einem solchen Gebäude, dessen Ziegelmauern in einem unfreundlichen Mittelbraun gestrichen sind, hat man die Metallschiebefenster von innen mit einer Schicht der gleichen braunen Farbe undurchsichtig gemacht. Das Kipptor des breiten Garageneingangs ist heruntergelassen, und das Blechschild darüber, auf dem in ungelenken, von Hand gemalten Lettern COSTELLOS MECHANIKWERKSTATT Sämtliche Reparatur- und Karosseriearbeiten steht, ist fast bis zur Unleserlichkeit verblichen und verrostet. Charlie klopft an eine kleine Seitentür aus solidem Metall mit einem funkelnden neuen Messingschloss. Nach geraumer Zeit, in der es still bleibt, fragt von innen eine Stimme «Ja? Wer?»
    «Chehab», sagt Charlie. «Und der Fahrer.» Er spricht so leise, dass Ahmed bezweifelt, dass man ihn gehört hat, aber die Tür geht auf, und ein finster dreinblickender junger Mann tritt beiseite. Ahmed ist noch mit dem Eindruck beschäftigt, dass er diesen Mann schon einmal gesehen hat, als Charlie ihn grob, mit dem starren Griff der Angst, am Arm packt und hineinschiebt. Im Innern riecht es nach motorenölgetränktem Beton und nach einem unerwarteten Stoff, den Ahmed von zwei Sommern her, die er mit fünfzehn, sechzehn als Helfer eines Rasenpflegeteams verbracht hat, wiedererkennt: Düngemittel. Der ätzende, trockene Geruch dörrt ihm Nase und Nebenhöhlen aus; es riecht im Raum auch nach einem Acetylenschweißbrenner und nach Männerkörpern, die lange nicht an der Luft waren und ein Bad nötig haben. Ahmed fragt sich, ob die Männer – es sind zwei, der schlanke jüngere und ein stämmigerer älterer, der Techniker, wie sich herausstellt – unter den vieren in dem kleinen Haus an der Küste gewesen sind. Er hat sie nur ein paar Minuten lang gesehen, in einem kaum erleuchteten Zimmer und dann durch ein schmutziges Fenster, aber von ihnen ging die gleiche mürrische Angespanntheit aus, wie sie Läufer nach zu langem Training an sich haben. Sie wollen nicht zum Reden gedrängt werden. Aber sie zollen Charlie den Respekt, den sie einem Lieferanten und Organisator schuldig sind, der dem Rang nach über ihnen steht. Ahmed beäugen sie irgendwie furchtsam, als wäre er, der so bald zum Märtyrer werden soll, bereits ein Geist.
    «La ilāhaa ūlā Allah», sagt er zum Gruß, um sie zu beruhigen. Nur der jüngere – der zwar noch jung, aber doch ein paar Jahre älter ist als Ahmed – erwidert, wie es sich gehört, «Muhammad rasūlu Allah», murmelt die Formel aber so vor sich hin, als wäre er mit einem Trick verleitet worden, eine Indiskretion zu begehen. Ahmed erkennt, dass von ihnen keine schlicht menschliche Reaktion, kein Anflug von Mitgefühl oder Humor erwartet wird; sie sind Mechaniker, Soldaten, Fußvolk. Um eine gute Meinung bei ihnen zu hinterlassen, macht er den Rücken gerade und akzeptiert die ähnliche Rolle, die er einnimmt.
    Spuren des Vorlebens, welches das Gebäude einst als Costellos Mechanikwerkstatt geführt

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