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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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bedenken und an ihrem eigenen raffinierten Spiel zu stricken.»
    Wieder schlägt Charlie einen Ton an, der auf Ahmed mit seinem neuerdings gestiegenen und vereinfachten Selbstwertgefühl ein wenig falsch wirkt. Relativismus kommt ihm zynisch vor; höflich erhebt er Einspruch. «Vielleicht ist ja Gott selbst einfach und bedient sich zur Gestaltung der Welt einfacher Menschen.»
    «Die Werkzeuge sind», sagt Charlie und starrt unbelustigt geradeaus durch die Windschutzscheibe, die Ahmed jeden Morgen reinigt, die aber im Lauf des Tages dennoch wieder schmutzig wird. «Wir sind alle Werkzeuge. Gott segne die hirnlosen Werkzeuge – was, Medizinmann?»
     
    Tatsächlich nimmt von Ahmed in den Tälern zwischen den Wellen von Panik und darauf folgender Inbrunst eine gewisse Einfachheit Besitz, und ungeduldig sehnt er sich nur noch danach, es endlich hinter sich zu haben, was immer «er» dann sein wird. Er existiert in enger Nachbarschaft zum Unvorstellbaren. Die Welt mit ihren sonnenklaren Einzelheiten, mit dem feinen Glitzern ihrer verzahnten Rädchen, gähnt rings um ihn, eine gleißende Schale voll geschäftiger Leere, während in ihm eine konzentrierte, schwarze Gewissheit herrscht. Er kann die Verwandlung nicht vergessen, die ihn gleichsam nach dem Klicken des Kameraverschlusses erwartet, obwohl auf seine Sinne noch immer in der vertrauten Weise Bilder und Geräusche, Gerüche und Geschmackserfahrungen einprasseln. Der Glanz des Paradieses flutet rückwärts, sickert in Ahmeds Alltagsleben ein. Groß wird sich dort alles anfühlen, wird kosmische Dimensionen haben; in seiner Kindheit, nur wenige Jahre nach dem Beginn dieses Lebens, hat Ahmed beim Einschlafen oft ein Gefühl von Größe erfahren, hat jede Zelle als eine Welt erlebt, und dies demonstrierte seinem kindlichen Verstand die Wahrheit der Religion.
    Seine Arbeitszeit bei Excellency ist verkürzt worden, und es bleiben ihm Stunden der Muße, in denen er im Koran lesen oder die aus überseeischen Quellen leicht erhältlichen Broschüren studieren sollte, verfasst und gedruckt zur Vorbereitung – durch Waschungen, durch das Reinigen des Geistes – eines schahid auf sein Ende, oder auf ihr Ende, denn auch Frauen wird nun in Palästina das Märtyrer Privileg gewährt, und ihre weiten schwarzen Burqas verbergen gut ihre sprengstoffstarrenden Westen. Doch Ahmeds Geist flattert zu sehr, um sich in Studien zu versenken. Sein ganzes Wesen steht so unter einem Bann wie vielleicht dasjenige des Propheten, als er nach Gabriels Diktat die göttlichen Suren entgegennahm. Jede Minute hat für Ahmed die innige Ambiguität des Gebets angenommen – als Erlösung vom Ich, indem er sich zur Seite wendet, und als Hinwendung, nicht zu sich selbst, sondern zu einem Anderen, einem Sein, das ihm so nah ist wie seine Halsschlagader. Mehr als fünfmal am Tag findet er Gelegenheit, zumeist auf dem kahlen Parkplatz der Firma, seine Matte nach Osten hin auszubreiten und mit der Stirn die Erde zu berühren, wobei ihm jedes Mal, durch den Beton, der intime Trost der Unterwerfung zuteil wird. Die drückende schwarze Schlacke, die in ihm rumort, verzerrt seine Wahrnehmung der Welt und ziert jeden Zweig, jeden Telefondraht mit Juwelen, die er nie zuvor bemerkt hat.
    Am Samstagmorgen, bevor das Geschäft geöffnet hat, sitzt er auf einer Stufe der Laderampe und beobachtet auf dem Beton des Parkplatzes einen schwarzen Käfer, der zappelnd auf dem Rücken Hegt. Der Tag ist der elfte September; es herrscht noch immer Sommer. Schräg fällt die frühe Sonne auf die rauc, bleiche Fläche, mit einer Milde, in der bereits die Hitze des kommenden Tages so angelegt ist wie ein Samenkorn, das noch nicht gekeimt hat, die spätere Blüte in sich birgt. In ihren Sprüngen lässt die Betonfläche Unkraut sprießen, die hoch wachsenden wilden Pflanzen der dahinschwindenden Jahreszeit mit ihrem milchigen Speichel und ihren pelzigen, vom üppigen Tau des Herbstes feuchten Blättern. Der Himmel darüber ist wolkenlos, bis auf ein paar faserige Zirrusfetzen und die verschwimmende Schleppe eines Jets. Sein reines Blau ist noch sanft, pudrig, denn es war eben erst in Nacht und Sterne getaucht. Die winzigen schwarzen Beine des Käfers wedeln in der Luft, tasten nach irgendeinem Halt, an dem er sich aufrichten kann, und werfen deutliche, durch den morgendlichen Einfallwinkel der Sonnenstrahlen verlängerte Schatten. Die Beine des kleinen Geschöpfs wackeln und strampeln mit einem Ungestüm, das wie Wut aussieht,

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