Terrorist
würde ich gern machen, wenn ich nicht Dads Geschäft vorm Untergang bewahren müsste. Sein Bruder, der’s mit ihm zusammen aufgebaut hat, hockt jetzt unten in Florida und blutet uns aus, bei dem Gewinnanteil, der ihm zusteht. Ich würde unheimlich gern Werbefilme machen. Alles planen, alles zusammenbringen – Regisseur, Besetzung, Drehorte, Script – und das Ganze dann Mr. Allerweltspublikum so in die Fresse knallen, dass er nie wieder gerade denken kann. Ihm verklickern, was er unbedingt haben muss, von Bauch zu Bauch. Was bieten sie uns denn sonst schon, die Medienmoguln? Die Nachrichten sind doch bloß Schluchzkram – Diane Sawyer, die armen afghanischen Babys, huhuu – oder glatte Propaganda: Bush beklagt sich, Putin würde sich in Stalin verwandeln, dabei sind wir übler, als der klotzige alte Kreml jemals war. Die Kommies wollten dir bloß eine Gehirnwäsche verpassen, aber die neuen Machthaber, das heißt die internationalen Konzerne, wollen dir das Gehirn komplett wegspülen. Sie wollen Konsummaschinen aus uns machen – eine Hühnerstallgesellschaft. Die gesamte Unterhaltung ist Kacke, Medizinmann, die gleiche Kacke, mit der sie in der Weltwirtschaftskrise die Massen zum Stillhalten gebracht haben, bloß hast du dich damals an der Kinokasse angestellt und deine fünfundzwanzig Cents geblecht, während sie’s dir heute umsonst aufs Auge drücken und die Werbeagenturen eine Million pro Minute für die Chance zahlen, dich zu verblöden.»
Ahmed, der am Steuer sitzt, bemüht sich, Charlie beizupflichten. «Der gerade Weg führt nicht über das Fernsehen.»
«Soll das ein Witz sein? TV ist nicht der gerade Weg, sondern die gelbe Ziegelsteinstraße aus dem Zauberer von Os, gepflastert mit verführerischen Absichten.» Ver-füh-rerisch, denkt Ahmed und erinnert sich an die letzte Predigt zu diesem Thema, die er hat über sich ergehen lassen. Am Rand seines Gesichtsfelds sieht er, dass Charlie Speicheltröpfchen versprüht, so überstürzt spricht er. «Sport!» Er spuckt das Wort gerade aus. «Da zahlen sie zig Millionen für die Rechte, Sportereignisse auszustrahlen. Und was du dann zu sehen kriegst, ist eine Realität, an der nichts echt ist. Das Geld hat die Profi-Ligen kaputtgemacht; keiner bleibt mehr bei seiner Mannschaft, für fünfzehn Milliönchen mehr springt jeder ab, dabei können sie den Zaster, den sie so schon haben, nicht mal mehr zählen. Es gab mal so was wie Mannschaftstreue und Lokalpatriotismus, aber die Schwachköpfe auf den Tribünen wissen ja nicht, was ihnen entgeht. Die glauben, es war schon immer so – raffgierige Spieler und neue Rekorde jedes Jahr. Barry Bonds – der ist besser als Ruth, besser als DiMaggio, aber wer kann so einen mürrischen gedopten Mistkerl lieben? Die Fans heute wissen nicht mehr, was Liebe ist. Die geht ihnen am Arsch vorbei. Sie machen keinen Unterschied zwischen Sport und Videospielen; die Spieler sind Hologramme. Wenn du dir die Talkshows im Radio anhörst, dann möchtest zu diesen Cheeseheads oder Jetheads, oder wer da gerade endlos am Labern ist, sagen: ‹Bitte, leb erst mal.› Mein Gott, die armen Schlucker können die ganzen Statistiken auswendig runterbeten, als ob sie das Gehalt von A-Rod bekämen. Und die so genannten Komödien, die den Leuten von den Sendern aufgetischt werden – Himmel nochmal, wer lacht da eigentlich? Spülwasser. Und Leno, Letterman – auch. Aber die Werbespots, die sind phantastisch. Phantastisch wie Faberge-Eier. Wenn sie dir in diesem Land was verkaufen wollen, dann stürzen sie sich wirklich drauf und lassen nicht mehr locker. Wenn du dir denselben Spot zwanzigmal anschaust, merkst du, dass sie jede Sekunde auf die Goldwaage gelegt haben. Die Dinger sind randvoll mit dem, was die Physiker Informationen nennen. Wüsstest du zum Beispiel, dass die Amerikaner dermaßen krank sind, an Verdauungsstörung, Impotenz und Haarausfall leiden, sich ständig in die Hose machen und wunde Arschlöcher haben, wenn du dir keine Werbung angucken würdest? Ich weiß ja, du siehst sie dir nie an, aber den Ex-Lax-Spot solltest du dir wirklich nicht entgehen lassen – da schaut dieses reizende Geschöpf mit langen, glatten Haaren und langen, protestantischen Zähnen durch die Kamera hinaus und erzählt dir, nur dir, der du mit deiner Tüte Fritos vor ihr sitzt, dass sie eine Schwäche für Junkfood hat – spindeldünn, aber angeblich spitz auf Junk – und gelegentlich unter Verstopfung leidet! Wie alt mag sie sein? Höchstens
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