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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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sechsundzwanzig, sehnig wie Lance Armstrong, und du könntest darauf wetten, dass sie noch an keinem Tag im Leben unverrichteter Dinge vom Klo aufgestanden ist, aber der CEO von Ex-Lax möchte nun mal, dass sich die alten Damen draußen im Land ihres verstopften Darms nicht schämen. ‹Seht mal›, sagt er ihnen, der CEO von Ex-Lax, ‹sogar ein flottes weißes Ding aus gutem Stall wie die hier kann nicht immer scheißen oder auf dem Golfplatz ihr Höschen trocken halten oder sicher sein, dass ihr die Hämorrhoiden nicht den Tag auf der Ehrentribüne vermiesen; also bist du, Oma, kein altes Stück Schrott – nein, du sitzt mit diesen jungen Glamourpuppen in einem Boot!›»
    «Diese Gesellschaft fürchtet sich davor, alt zu werden», sagt Ahmed und bremst schon einmal ab, denn er sieht voraus, dass eine grüne Ampel in der Ferne auf Rot schalten wird, bevor der Laster dort ankommt. «Ungläubige verstehen nichts vom Sterben.»
    «Nein», sagt Charlie vorsichtig. Sein unaufhaltsamer Redefluss stockt. «Wer versteht denn was davon?»
    «Wahre Gläubige», erklärt ihm Ahmed, da er nun einmal danach gefragt hat. «Sie wissen, dass die Rechtschaffenen das Paradies erwartet.» Durch die hohe, schmutzige Windschutzscheibe von Excellency starrt er auf die ölbesudelte Fahrbahn, auf rote Rücklichter und gleißende Flecken reflektierten Sonnenscheins, die einen Sommertag auf einer Lkw-Fernstraße in New Jersey ausmachen, und zitiert den Koran: «Gott macht euch lebendig und lässt euch hierauf sterben. Und er versammelt euch hierauf zum Tag der Auferstehung, an dem nicht zu zweifeln ist.»
    «Genau», sagt Charlie. «Gute Sache, der ‹Tag der Auferstehung, an dem nicht zu zweifeln ist›. Für meinen Teil hätt ich auch nichts dagegen abzutreten, wenn sich ein guter Grund dafür ergeben würde. Du bist zu jung dafür. Du hast noch dein ganzes Leben vor dir.»
    «Das stimmt nicht», sagt Ahmed. Er hat in Charlies barscher Äußerung nicht das Beben des Zweifels, den seidigen Schimmer der Ironie vernommen, den er in Scheich Rashids Stimme entdeckt. Charlie ist ein Mann von Welt, doch der Islam ist ein fester Bestandteil dieser Welt. Weder sind Libanesen so geschliffen und doppelzüngig wie Jemeniten, noch sind sie so schön und rasch wieder verschwunden wie Ägypter. «Ich habe schon länger gelebt als viele Märtyrer im Iran und im Irak», hält er schüchtern fest.
    Doch Charlie ist noch nicht fertig mit den Frauen, die er in den TV-Werbespots sieht. «Und jetzt haben die Pharmakartelle mit Viagra und so weiter ein solches Bombengeschäft gemacht», sagt er, «dass sie den Frauen sexuelle Entfaltung, wie sie’s nennen, verkaufen. Es gibt da einen Spot – du hast ihn vielleicht noch nicht gesehen, er läuft nicht oft –, da zeigen sie eine Frau, so der sensible, unscheinbare Typ, Lehrerin, könnte man sich vorstellen, oder Büroleiterin in irgendeiner mittelgroßen technischen Firma, nicht in einem Spitzenkonzern, die runzelt so eine Spur die Stirn, dass du weißt, in ihrem Leben fehlt etwas, und die Musik liefert dazu noch die Unterströmung, so etwas wie ein Gequengel in Moll, und im nächsten Moment siehst du die Frau auf einmal dahinschweben, barfuß, in hauchdünnen Stoff gehüllt; ist auch besser, dass sie barfuß ist, denn wenn du genau hinguckst, hinterlässt sie kleine Wellen – sie geht über Wasser, ganz nah am Strand zwar, wo es nur ein paar Zentimeter tief ist, aber sie sinkt trotzdem nicht ein, und eine neue Frisur und ein besseres Make-up hat sie auch, deswegen liegt jetzt so ein Dunstschleier über ihrem Gesiecht, genau wie bei der tollen Lutscherin, von der ich erzählt habe – ich glaub, sie tun den Frauen erweiternde Tropfen in die Augen, damit sie so aussehen –, und dann erfährst du, was dahintersteckt, sie zeigen dir das Logo von diesem neuen ‹Hormonsteigerungspräparat›, wie sie’s nennen. Die Nachricht ist: Sie ist gebumst worden. Sie hat sich vor lauter multiplen Orgasmen dumm und dusselig gevögelt. Das hätten sie vor zehn, fünfzehn Jahren in der Werbung nie zugegeben – dass Frauen es wollen, dass sie davon nicht genug kriegen können: Gebumst zu werden ist ein Abführmittel und ein Schönheitsmittel. Wie steht’s denn so mit dir, Medizinmann? Kriegst du zur Zeit genug?»
    «Genug was?» Vielleicht hat Ahmed auf anderes geachtet. Sie haben die Abfahrt Bayway genommen und fahren nun durch ein namenloses Ortszentrum, wo viele Autos in der zweiten Reihe parken, was zu Engstellen

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