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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Pirx blinzelte, damals hatte er noch nicht gelebt. Er suchte nach der letzten Eintragung, sie war für ihn am wichtigsten.
      Als er sie fand, stellte er fest, daß sie mit dem übereinstimmte, was er von dem Agenten erfahren hatte – das Schif lud seit einer Woche Maschinen und Kleingut für den Mars. Der Start, ursprünglich für den Achtundzwanzigsten angesetzt, war verschoben worden, seit drei Tagen wurde also Standzeit berechnet. Aha, deshalb beeilen sie sich so …, dachte Pirx. Na ja, die Standzeiten in einem irdischen Hafen können wirklich einen Millionär ruinieren …
      Er blätterte in dem Buch, unterzog sich aber nicht der Mühe, die verblaßte Schrif zu lesen. Hin und wieder f elen ihm einzelne stereotype Wendungen ins Auge – Kurszah len, Resultate von Berechnungen –, es war nicht das, was er suchte. Bei einer Eintragung verweilte er länger.
      Schif in die Werf Ampers-Hart gegeben – Überholung I. Kategorie.
      Der Vermerk war drei Jahre alt – Pirx entnahm es dem Datum. Mal sehen, was sie ausgebessert haben, dachte er. Nicht daß er neugierig war, er wollte sich nur informieren. Als er die Aufstellung der Reparaturen durchsah, f el er von einem Erstaunen ins andere. Von Spitzenpanzerungen war da die Rede, von sechzehn Decksektionen, von Spanten für den Mantel des Reaktors, von hermetischen Verbänden …
      Neue Verbände? Neue Spanten? Richtig! Der Agent hatte doch etwas von einer Havarie erzählt … Havarie? Das muß wohl eher eine Katastrophe gewesen sein …
      Er blätterte zurück, um etwas aus den Eintragungen vor der Überholung zu erfahren … Bestimmungshafen: Mars, las er. Ladung: Kleingut – Besatzung: Ingenieur Pratt, Erster Of zier – Wayne, Zweiter Of zier – Potter und Nolan, Piloten – Simon, Mechaniker …
      Und der Kommandant?
      Er schlug eine weitere Seite um und zuckte zusammen: Die Schif sübernahme war vor neunzehn Jahren! Unterschrif : Momssen, Erster Navigator …
      Momssen!
      Momssen? Das kann doch nicht der Momssen sein … Das war doch damals ein ganz anderes Schif !
      Aber das Datum stimmte – es war genau neunzehn Jahre her. Moment mal, sagte sich Pirx. Ruhig, nur ruhig …
      Er grif ein zweites Mal nach dem Logbuch. Eine schwungvolle, deutliche Schrif , die Tinte war verblichen. Da, der erste Reisetag. Der zweite, der dritte. Kleines Leck im Reaktor – 0,4 Röntgen pro Stunde – Plombiert – Kursberechnungen – Sternf x.
      Weiter, weiter! Pirx las nicht mehr, seine Augen hüpf en über die Zeilen.
      Da! Das Datum, das er sich in der Schule eingeprägt hatte, und darunter stand : 16.40 Uhr – Dejmos warnt vor einer aus der Jupiterperturbation der Leoniden stammenden Wolke, die mit Kollisionskurs bei einer Geschwindigkeit von 40 km/sec durch eigenen Sektor f iegt – Der MW-Empfang bestätigt – Für Besatzung PM-Alarm erklärt – Trotz des Lecks im Reaktor von 0,42 Röntgen pro Stunde Ausweichmanöver mit voller Kraf und approximativem Kurs auf Oriondelta.
      Darunter neue Zeile: Um 16.51 auf … Der Rest der Seite war unbeschrieben.
      Keine Vermerke mehr, keine Kritzeleien, keine Flekke – nichts. Der letzte Buchstabe widersprach den Regeln der Schönschrif , er ging in einen langen, jäh abfallenden Strich über.
      Dieser zittrige Strich, mit dem die Eintragungen endeten, sagte alles. Pirx glaubte das Prasseln der Einschläge zu vernehmen, das Heulen der entweichenden Luf , die Schreie der Menschen, denen Augäpfel und Kehlen barsten …
      Aber das Raumschif hatte doch einen Namen … Wie hieß es bloß?
      Es war unerklärlich – er konnte sich nicht erinnern, und dabei war er ihm so geläuf g gewesen, er war ihm in Fleisch und Blut übergegangen wie der Name des Schif es von Christoph Kolumbus. Herrgott, wie hieß es doch gleich … Es war das letzte, das Momssen kommandiert hatte …
      Er eilte in die Bibliothek, grif nach einem dicken Band, dem Lloydregister. Mit »K« f ng es an, überlegte er. »Kosmonaut«? Nein. »Kondor«? Nein. Länger … Nach einem Drama … Irgendein Held, ein Ritter …
      Er warf den Band auf den Schreibtisch und f xierte die Wände. Zwischen den Bücherregalen und dem Schrank mit den Landkarten hingen Apparate – ein Hygrometer, ein Geigerzähler, ein Gerät zum Messen von Wasserstof dioxyd … Er nahm sie der Reihe nach in die Hand, fand aber keine Aufschrif en. Sie schienen übrigens neu zu sein.
      Dort, in der Ecke!
      An einer Eichenplatte leuchtete

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