Test: Phantastische Erzahlungen
Sekunde, und es galt, normale Kuriergeschwindigkeit zu erreichen, weil sie sonst monate lang zum Mars hätten bummeln müssen. Vorerst jedoch visierten sie den Satelliten Arbiter an.
Pirx ging es wie allen Navigatoren, vom Arbiter erwartete er nichts als Unannehmlichkeiten – entweder Vorhaltungen wegen des unvorschrif smäßig großen Triebstrahls oder die Behauptung, man dränge sich ihm auf, obwohl er, Arbiter, zuerst ein wichtigeres Raumfahrzeug durchlassen müsse, oder eine Rüge, weil die ionisierenden Entladungen in den Düsen den Funkempfang störten – aber diesmal geschah nichts dergleichen. Arbiter ließ sie anstandlos passieren. Das einzige, was sie von ihm hörten, war eine Meldung über »hohes Vakuum«. Pirx beantwortete den Funkspruch, und damit war der Austausch kosmischer Höf ichkeiten beendet.
Sie steuerten nun direkten Kurs. Man konnte sich schon bewegen, konnte aufstehen und sich ein wenig die Beine vertreten. Der Funkmechaniker, der gleichzeitig als »Smutje« fungierte, ging zur Kombüse. Alle waren hungrig, vor allem Pirx, der noch gar nichts im Magen hatte.
Im Steuerraum begann die Temperatur zu steigen, die Glut der erhitzten Panzerung drang mit gewisser Verspätung ins Innere. Ein penetranter Geruch breitete sich aus – das Öl war aus der Hydraulik gef ossen und bildete rings um die Sitze große Lachen.
Der Kernphysiker fuhr zur Säule hinunter, um nachzusehen, ob es Neutronenlecks gab. Pirx plauderte unterdessen mit dem Elektriker, es stellte sich heraus, daß sie gemeinsame Bekannte hatten. Er begann sich allmählich wohl zu fühlen, zum erstenmal, seit er an Bord war, regte sich in ihm so etwas wie Zufriedenheit. Wie der »Stern« auch immer beschaf en sein mag – neunzehntausend Tonnen, das will schon was heißen …, sagte er sich. Es gehört schon etwas dazu, anstelle eines einfachen Frachters solch ein Riesenwrack zu steuern … Erstens ist die Ehre größer, und zweitens … Man kann nie genug Erfahrungen sammeln …
Anderthalb Millionen Kilometer hinter dem Arbiter erlebten sie die erste Enttäuschung: Das Mittagessen war ungenießbar. Der Funkmechaniker f uchte in allen Tonarten, am meisten aber ereiferte sich der Sanitäter, der, wie sich herausstellte, magenkrank war. Kurz vor dem Start war es ihm gelungen, ein paar Hühner zu erstehen. Eines davon hatte er den Kochkünsten des Funkmechanikers anvertraut – das Ergebnis war eine Brühe voller Federn. Um die Beefsteaks für die anderen Besatzungsmitglieder war es nicht besser bestellt – man hätte sich zeitlebens mit ihnen befassen müssen.
»Gehärtet, wie?« fragte der zweite Pilot und bohrte die Gabel in seine Portion, daß das Fleisch vom Teller sprang.
Der Funkmechaniker war gegen Sticheleien unempf ndlich, er riet dem Sanitäter, sich die Brühe durchzuseihen. Pirx besann sich auf seine Pf ichten als Vorgesetzter. Er wollte Frieden stif en, wußte aber nicht, wie er das anstellen sollte. Es gelang ihm nur mit Mühe, ein Lachen zu unterdrücken.
Nach dem Mittagessen aus der Konservendose kehrte er in den Steuerraum zurück. Er befahl dem Piloten, einen Kontroll-Sternf x zu machen, und trug die Werte, die der Schweremesser zeigte, ins Logbuch ein. Als sein Blick auf die Zeiger der Atomsäule f el, pf f er vor Überraschung vor sich hin – das war keine Säule, sondern ein Vulkan. Achthundert Grad in der Ummantelung – und das nach erst vier Flugstunden! Die Kühlung kreiste unter einem maximalen Druck von zwanzig Atmosphären. Pirx überlegte. Das Schlimmste schienen sie überwunden zu haben. Die Landung auf dem Mars war kein Problem – die Schwerkraf war um die Hälf e geringer, die Atmosphäre dünner. Irgendwie zurückkommen würden sie schon. Aber die Säule, die Säule – es mußte etwas geschehen … Er trat an den Kalkulator, stellte Berechnungen an, wollte wissen, wie lange sie noch mit diesem Schub f iegen müßten, um auf die Kurierlinie zu kommen. Bei einer Geschwindigkeit unter achtzig Kilometer pro Sekunde würden sie sich sehr verspäten.
»Noch achtundsiebzig Stunden«, antwortete der Kalkulator.
Achtundsiebzig Stunden? Das müßte die Säule sprengen! Wie ein Ei würde sie auseinanderf iegen – daran war nicht zu zweifeln. Pirx beschloß, die erforderliche Geschwindigkeit nicht auf einmal, sondern nach und nach zu entwickeln. Der Kurs würde sich dadurch ein wenig komplizieren, und man mußte auch Abschnitte ohne Schub f iegen, ohne Schwerkraf
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