Testplanet Kratos
sollte er sich da über solche lächerlichen Disziplinfragen aufregen?
»Fidel, falls ich innerhalb von drei Stunden nicht zurück bin, müssen Sie von meinem Tod ausgehen. Pusten Sie meine Bomben dann über Funk hoch. Selbst wenn ich nicht bis zur Königin durchgedrungen bin, richten die drei Eier doch erheblichen Schaden an.«
»James«, sagte nun auch Andreas, »Sie sind ein großer Dickschädel, aber auch ein guter Kamerad, und irgendwie haben wir uns jetzt alle an Ihre Anwesenheit gewöhnt. Bitte sorgen Sie dafür, daß wir uns nicht nach einem neuen Chef umsehen müssen. Wissen Sie was, ich warte lieber fünf Stunden bis zur Sprengung. Und jetzt können Sie mich gern wegen Insubordination mit dem Entzug der Schnapsration bestrafen.«
Batista nannte ihn also auch James. Das hatte wohl nicht mehr und nicht weniger zu besagen, als daß sie alle mit seinem Tod bei diesem Unternehmen rechneten.
»Zwei Schnapsrationen, Fidel«, entgegnete er grimmig. »Eine für Insubordination und eine für die zu erwartende Befehlsverweigerung.«
Bevor Conrad das Visier seines Schutzanzugs senkte, schob er die silberne Augenbinde hoch und schloß für zehn Sekunden die Augen. In dieser Zeit schob er die Binde über das gesunde Auge. Niemand vom Team hatte ihn je dabei beobachten können. Er kam sich in diesem Augenblick besonders nackt vor.
Conrad erinnerte sich daran, wie die Chirurgen ihm die Wahl gelassen hatten: entweder die Transplantation eines Bio-Auges oder die eines Infrarotauges. Die Ärzte hatten angenommen, er würde sich wie jeder vernünftige Mensch für das normale Auge entscheiden. Aber Conrad war Raumfahrer, ein Mann, der sich in gewissen Notfällen in völliger Finsternis zurechtfinden mußte.
Somit trug Conrad heute ein Infrarot-Auge. Er würde niemals im Dunkeln verloren sein.
Er öffnete das Auge und gewöhnte seinen Verstand an eine Welt, die so ganz anders war, sich an den merkwürdigsten Stellen rot, schwarz, blau und weiß zeigte. James und Batista wirkten wie bizarr gefärbte Photonegative. Matthew dagegen war völlig schwarz. Und alles andere glühte etwas zu hell. Conrad keuchte und blinzelte ein oder zweimal. Dann hatte er sich orientiert. Er sah auf Liz und grinste. Ihre Augen und Brüste, ihr Mund und ihr Unterleib glühten stärker als der Rest ihres Körpers. Offensichtlich war sie in der Nacht mit Lou lange nicht zum Schlafen gekommen. Conrad dachte kurz daran, eine zweideutige Bemerkung zu machen, sagte sich dann aber, daß das wohl unpassend wäre.
»Geben Sie mir die Bomben, Fidel.« Sie waren schwarz, hatten sie doch so lange im Eisfach gelegen. Conrad hakte die Bomben an seinem Gürtel ein. Dann wandte er sich an Matthew. »Wieviel Nylonseil hast du?«
»Vierhundert Meter, Commander. Außerdem noch eine Reservetrommel mit zweihundert Metern. Reißfestigkeit zweihundertfünfzig Kilogramm.«
»Das dürfte mehr als reichlich sein. Komm jetzt, es geht los.«
»Viel Glück, James«, rief Batista ihm nach. »Ich borge mir heute abend von jemand anderem ein Fläschchen, um auf Ihre Gesundheit zu trinken.«
»Versuchen Sie bloß nicht, den verdammten Helden zu spielen.« Das kam von Liz James.
Der Schacht war nicht verdeckt, im Gegensatz zu den anderen, die sie bisher entdeckt hatten.
Conrad stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als Matthew ihn endlich hinabließ. Durch das Infrarotauge gesehen, war die Oberfläche der Welt zu hell, zu irritierend und wärmeausstrahlend.
Die Kühle im Schacht war angenehm. Matthew hatte die Anweisung erhalten, den Commander pro Minute zehn Meter hinabzulassen. Die Bodenschichten, an denen Conrad vorbeikam, unterschieden sich leicht voneinander und wechselten einander in einem interessanten Wechselspiel des Glühens ab. Conrad kam sich vor, als würde er durch eine Torte reisen.
Als der Commander den Boden des Schachtes erreicht hatte, gab Matthew über Funk durch: »Abstiegszeit vierkommazwoneun Minuten. Tiefe zwoundvierzigkommaneun Meter. Können Sie mich noch empfangen, Commander? Haben Sie neue Befehle?«
»Ich empfange dich. Folgende neue Befehle. Erstens: Halte dich bereit, mich in drei Stunden von jetzt an wieder hinaufzuziehen. Zweitens: Wenn Rückkehr innerhalb dieser Zeitspanne nicht stattfindet, begibst du dich zum Luftkissen-Wagen. Drittens: Dort meldest du Mr. Batista, meine neuen Befehle lauten, Rückkehr zur Basis. Viertens: Sollte Mr. Batista sich weigern, neutralisierst du ihn mit einer schwachen Ladung und führst meinen Befehl
Weitere Kostenlose Bücher