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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Gartenschlauch mit seinen gefesselten Händen. Langsam, mühevoll, mit viel Schnaufen und Fluchen zog Haere Citron an der Mauer herauf. Sobald Citron oben auf der Mauer saß, blickte er noch einmal zu Major Torres hinunter, der jetzt gelassen über den Gefängnishof zur Tür zurückschlenderte. Unterwegs schwenkte Torres, ohne sich umzusehen, seine Flinte. Es war sein Abschiedswinken.
    Citron sah Haere an. »Sind Sie sicher, daß Sie kein Traum sind?«
    »Kein Traum«, sagte Haere, während er Citrons Handschellen aufschloß. »Ein Alptraum vielleicht. Gehen wir.« Er zeigte auf eine Aluminiumleiter, deren oberes Ende gegen die Mauer lehnte, während das untere Ende auf dem Dach des Dodge-Lieferwagens stand.
    Citron kletterte als erster die Leiter hinunter. Haere folgte ihm und warf die Leiter in den Spalt zwischen dem Lieferwagen und der Mauer, wo sie klappernd zu Boden fiel. Beide Männer sprangen von dem Lieferwagen herunter und liefen auf die rechte Tür zu. Velveta Keats saß am Steuer des Dodge. Der Motor lief.
    »He, Morgan«, sagte sie.
    »Wie schön«, sagte Citron. »Velveta.«
    »Steigen Sie ein«, sagte Haere zu Citron und öffnete die Wagentür. Velvetas Polaroidkamera fiel heraus und auf den Boden. Haere hob sie auf. Citron stieg in den Lieferwagen. Haere schlug die Tür hinter ihm zu.
    »Bis bald, Morgan«, sagte Haere, als der Lieferwagen anfuhr.
    Velveta Keats fuhr nicht besser, als sie es je gekonnt hatte, aber Citron fragte nur: »Kommt Haere nicht mit?«
    »Nein«, sagte sie. »Er hat noch etwas zu erledigen.«
    »Wohin fahren wir?«
    »Zum nächsten Grenzübergang«, sagte sie und sah ihn mit einem glücklichen Lächeln an. »Bist du überrascht, mich zu sehen?«
    »Ja«, sagte Citron. »Sehr sogar.« Und zu seiner Überraschung stellte er fest, daß das stimmte.
     
    Draper Haere ging zum Haupteingang des Gefängnisses zurück. Es war ein annähernd zwei Häuserblocks weiter Weg. Als er am Tor ankam, fragte ihn ein Aufseher, was er wolle.
    »Major Torres«, sagte Haere und fügte hinzu: »Ich bin Draper Haere.«
    Der Aufseher telefonierte zweimal, und kurz nachdem das zweite Gespräch beendet war, erschien ein zweiter Aufseher und gab Haere durch ein Zeichen zu verstehen, ihm zu folgen. Sie gingen durch drei Türen und zwei Korridore und erreichten schließlich das Dienstzimmer von Major Torres.
    »Bitte«, sagte Torres auf englisch und deutete auf einen Stuhl.
    Haere lehnte mit einem Kopfschütteln ab, griff in seine Brusttasche, holte einen dicken Umschlag heraus und reichte ihn Torres. Der Major nahm gebündelte Fünfzigdollarnoten aus dem Umschlag und zählte sie schnell, aber aufmerksam auf seinen Schreibtisch.
    »Alles da«, sagte er, als er fertig gezählt hatte. »Die Haitianer haben gesagt, daß alles da sein würde.« Er schob das Geld zusammen, steckte es in den Umschlag zurück und holte einen Schlüsselring aus seiner Tasche. »Ich habe gehört, daß die Kämpfe jetzt auch den Fernsehsender erreicht haben«, sagte er, während er einen kleinen Schlüssel an dem Bund heraussuchte, eine Schublade aufschloß und das Geld hineinlegte.
    »Wer wird Ihrer Meinung nach gewinnen?« fragte Haere.
    »Die Rebellen.«
    »Und was bedeutet das für Sie?«
    Major Torres stand lächelnd auf. »Ich bin überzeugt, die Rebellen werden mich mit vielen, vielen Kunden versorgen, vorausgesetzt natürlich, daß sie nicht alle erschießen. Nun, ich denke, es ist alles schön glatt verlaufen, finden Sie nicht auch?«
    »Doch«, bestätigte Haere. »Das muß man sagen.«
    »Und die beiden Haitianer?« fragte Torres.
    »Sie haben sich entschlossen, nach Miami zurückzukehren.«
    »Charmante Burschen«, sagte der Major. »Kann ich Ihnen eine Fahrt zu Ihrem Hotel anbieten?«
    »Nein, danke«, sagte Haere. »Ich gehe lieber zu Fuß.«
    Der Major klopfte auf seinen riesigen Bauch. »Ich sollte das auch tun, mehr zu Fuß gehen.« Er nahm die neu erworbene Rolex aus der Tasche und sah nach der Zeit. »Sie sollten auf Ihrem Weg am Präsidentenpalast vorbeigehen.«
    »Warum?«
    »Interessieren Sie sich für historische Ereignisse?«
    »Sehr.«
    »Dann gehen Sie unbedingt am Präsidentenpalast vorbei.«
     
    Eine Menschenmenge von fünftausend bis sechstausend Personen hatte sich bereits vor dem Präsidentenpalast versammelt, als Haere dort ankam. Es war eine merkwürdig stille Menge. Die Anwesenden, falls sie überhaupt miteinander sprachen, flüsterten nur. Mit M-16-Gewehren bewaffnete Zivilisten, die grüne

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