Teufels Küche
Vielleicht.«
Haere klopfte an Velvetas Tür, die gleich darauf von Jacques geöffnet wurde, der einen Finger auf seine Lippen legte. »Psst«, sagte er. »Es gibt Trauer. Ein Tod.«
»Wessen?« fragte Haere.
Velveta Keats stand am Fenster und drehte sich um. In der Hand hielt sie ein Blatt Papier. Cecilio stand neben ihr. Velveta Keats winkte mit dem Papier. »Die Botschaft hat mir das gerade durch einen Boten zugeschickt.«
»Wer ist gestorben?« fragte Haere.
»Papa. Er ist gestorben. Jemand hat ihn in Bob’s Big Boy erschossen. Mamas Anwalt hat das Außenministerium angerufen, und sie haben ein Telegramm an Mr. Rink in der Botschaft geschickt, und da die Telefone außer Betrieb sind, hat er das hier von einem Boten bringen lassen.«
Haere nickte. »Es tut mir leid«, sagte er.
»Nicht nötig«, sagte sie. »In einem Bob’s Big Boy. Wer hätte das gedacht?«
Jacques räusperte sich. »Das ändert die Lage.«
»Inwiefern?« fragte Haere.
»Nach dem Tod von Monsieur Keats müssen wir uns zurückziehen.«
»Ihr Englisch wird von Tag zu Tag besser«, sagte Haere. »Wovon zurückziehen?«
»Von der Affäre morgen früh«, sagte Cecilio.
»Welcher Affäre?«
Jacques zeigte sich überrascht. »Die Rettung unseres guten Freundes Monsieur Citron natürlich. Es ist alles arrangiert. Hatten wir nicht gesagt, daß wir es arrangieren würden?«
»Vielleicht, mein Freund«, erwiderte Haere vorsichtig, »vielleicht sollten Sie es mir besser erklären.«
»Sie müssen verstehen, daß wir die gesamten neuntausend Dollar einsetzen mußten«, sagte Cecilio.
Haere lächelte. »Erklären Sie es mir.«
»Ja, natürlich«, sagte Jacques. »Wir werden Ihnen sogar eine Karte zeichnen.«
Morgan Citron war mit dem Durchlesen dessen, was er in das Notizbuch geschrieben hatte, um elf Uhr abends fertig. Er erhob sich von der Steinpritsche, ging zu der Gittertür und rief nach dem Wärter. Als der Wärter erschien, schob Citron das Notizbuch zwischen den Stäben hindurch.
»Hier«, sagte er. »Geben Sie das Ihrer Schwester und Ihrer Kusine, und beide werden um zweitausend Dollar reicher sein, wenn sie es dem Mann in Los Angeles abliefern.«
Der Wärter blätterte in dem Notizbuch. »Das ist kein Spanisch«, sagte er.
»Nein.«
»Englisch ist es auch nicht. Ich kann ein paar englische Wörter lesen.«
»Es ist Französisch«, sagte Citron.
»Ich kann kein Französisch lesen.«
»Es ist eine schöne Sprache.«
»Das habe ich gehört.« Der Wärter steckte das Notizbuch in seine Tasche. »Wollen Sie einen Priester?«
»Ich bin nicht gläubig.«
»Er wäre jemand, mit dem Sie reden können.«
»Danke, aber ich will lieber nicht.«
Der Wärter nickte. »Nun ja, im allgemeinen ist er um diese Zeit sowieso betrunken, aber wenn Sie Ihre Meinung ändern, kann ich ihn morgen früh noch holen.«
»Wann soll es denn sein?«
»Um sechs. Ich werde Sie um fünf Uhr wecken, wenn es Ihnen recht ist.«
»Wahrscheinlich bin ich um diese Zeit ohnehin schon wach.«
»Ja, das stimmt. Also, wenn Sie Ihre Meinung wegen dem Priester …«
»Ich glaube nicht.«
Der Wärter überlegte, ob er noch etwas anderes sagen könnte, doch es fiel ihm nichts ein, und schließlich begnügte er sich mit einem Gute Nacht. Nachdem er gegangen war, hockte Citron sich wieder auf die Steinpritsche. Er dachte eine Weile über den Tod und das Sterben nach, stellte aber fest, daß er nur in abstrakten Begriffen daran denken konnte. Irgendwie erschien es äußerst unpersönlich zu sein. Er fragte sich, wann die Angst einsetzen würde. Wahrscheinlich gegen drei Uhr morgens, sagte er sich, wenn du anfangen wirst zu beten und nach dem Priester zu rufen. Plötzlich begriff er, daß sie ihn tatsächlich töten würden. Ein Gefühl, das sich fast als Wohlbehagen beschreiben ließ, überkam ihn, als ihm gleichzeitig bewußt wurde, daß er daran absolut nichts ändern konnte.
Er beugte sich vor, griff in den Abfalleimer aus Plastik, nahm die Rolex heraus, wischte sie an seinem Hosenbein ab und steckte sie in die Brusttasche seines Hemdes. Wenn sie auf das Herz zielen, dachte er, werden sie die Uhr treffen. Wenigstens würden sie die nicht mehr bekommen. Er lachte leise vor sich hin, als er sich auf der Steinpritsche ausstreckte, unter dem Kopf als Polster die zusammengelegte Jacke. Der Gedanke an die Uhr brachte ihn zum Lächeln, als er zu der hohen Steindecke hinaufstarrte. Er lächelte immer noch ein wenig, als er einschlief.
Die drei nahmen
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