Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
noch nicht weit gekommen sein.«
»Kommt drauf an, ob sie zu Fuß oder über die Autobahn unterwegs waren«, gab Brandt zu bedenken, »vielleicht waren das ja auch die verdächtigen Aktivitäten am Fuße unserer Brückenseite.«
»Was waren das denn überhaupt für ominöse Aktivitäten?«, erkundigte sich Durant.
»Ein Anrufer hat gemeldet, dass ihm ein dunkler Lieferwagen und einige Personen aufgefallen seien. Leider ist das Mainufer in dieser Ecke eine Gegend, in der man häufig auf geheimnisvolle Fahrzeuge und zwielichtige Gestalten trifft«, seufzte Brandt. »Ebenso wie auf Falschmeldungen. So richtig weiter bringt uns das wohl kaum.«
Einige Minuten später verließen sie das Schnellrestaurant.
Sonntag, 8:22 Uhr
D ie Sonne war längst aufgegangen, und obwohl es noch immer recht kühl war, ließ der Himmel auf einen halbwegs angenehmen Tag hoffen. Peter Brandt fröstelte dennoch, als er aus seinem Alfa stieg; für seinen Geschmack hätte es ruhig noch ein paar Grad wärmer sein können. Der diesjährige Sommer war der absolute Hohn gewesen, ständig unterkühlte Temperaturen, und die richtig warmen Tage konnte man an einer Hand abzählen. Für die zahllosen Schüler, deren Sommerferien im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen waren, war es wohl der enttäuschendste Sommer ihres Lebens gewesen. Erst in der zweiten Augusthälfte hatte sich langsam Besserung eingestellt, aber da drückten sie längst wieder die Schulbank.
Julia Durant parkte mit ihrem Wagen einige Meter hinter ihm, und gemeinsam betraten sie nun den beeindruckend großen Gebäudekomplex des Klinikums Offenbach.
»Nicht dass Sie es jetzt wieder als Angriff werten«, durchbrach Julia kurz darauf das Schweigen, »aber ich hätte niemals damit gerechnet, hier auf eine so große Klinik zu treffen.«
»Das geht vielen so«, sagte Brandt. »Aber wenn es um Verbrennungen geht, kommen sie trotzdem alle zu uns – aus der Wetterau, aus dem Taunus und aus dem Spessart. Das ist wie mit der Kinderklinik in Hanau, die hat auch einen gewissen Bekanntheitsgrad, aber solange man es nicht braucht, ist der Rest der Stadt uninteressant für einen.«
»Dafür haben Sie eine wachsende Aufklärungsquote«, warf Julia ein, als die beiden gerade um die Ecke in einen langen Gang einbogen, an dessen Ende sich ihr Zeuge Albert Manstein befinden sollte. So zumindest hatte die Information der diensthabenden Schwester gelautet.
»Das stimmt, auf die sind wir stolz. Obwohl es natürlich auch weniger Verbrechen gibt, so ehrlich muss man diese Zahlen schon betrachten. In dieser Hinsicht möchten wir nicht mit Ihnen tauschen.«
»Kann ich gut nachvollziehen«, seufzte Julia. Das vergangene Jahr hatte gleich am ersten Tag mit einem Paukenschlag begonnen und war danach nicht unbedingt ruhiger geworden. Die Kommissarin hatte nur mit Mühe und Not einen dreiwöchigen Urlaub antreten können. Bis kurz vor dem Abflug hatte sie noch darum bangen müssen, und ihr Begleiter mit ihr. Doch daran wollte Julia im Augenblick nicht denken, und sie schob die Erinnerungen schnell beiseite. Dafür kam ihr etwas anderes in den Sinn.
»Sagen Sie, ich habe von der Sache mit Nicole Eberl gehört, Ihrer Partnerin …«
Peter Brandt blieb abrupt stehen, und seine Miene verfinsterte sich.
»Ich weiß, dass sie meine Partnerin war«, erwiderte er mit tonloser Stimme. »Sie war aber noch viel mehr als das, ich möchte, dass Sie das wissen, bevor wir uns weiter unterhalten. Was haben Sie denn gehört?«
»Entschuldigung, ich wollte nicht pietätlos sein«, wehrte Julia ab, die nicht mit einer so heftigen Reaktion gerechnet hatte.
Nicole Eberl, die für Brandt weitaus mehr gewesen als nur eine Teamkollegin, war vor einiger Zeit nach kurzem, aber heftigem Krankheitsverlauf gestorben. Viel zu jung hatte sie an einer seltenen Form von multipler Sklerose gelitten und eine trauernde Familie hinterlassen. Nicole hatte Brandt schon vor seiner Scheidung gekannt, ihm in schweren Zeiten beigestanden, und es gab wohl kaum jemanden, dem er so bedingungslos vertraut hatte. Und dann dieser plötzliche Ausbruch, besser gesagt, das viel zu späte Erkennen und Deuten von Symptomen. Gerne hätte Peter Brandt seiner Partnerin in den letzten Wochen und Monaten ihres Lebens etwas von der Kraft zurückgegeben, die sie ihm einst gab, doch es war alles viel zu schnell gegangen. Und Nicole hatte keinen Beistand gewollt, keine trauernden Freunde und keine Mitleidsbekundungen. Nun war sie fort, für immer
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