Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
immer beneidet, denn er war ein echtes Organisationsgenie, aber ihm fehlte die Fähigkeit, für seine großen Ideen Begeisterung zu wecken. Wann immer eine Veränderung anstand, hat er Lutz sie anpreisen lassen und sich hinterher um die Durchführung gekümmert. Die beiden waren also in gewisser Weise voneinander abhängig, aber das Ganze hatte auch seine Schattenseiten.«
»Und die wären?«
»Lutz Wehner ist eine Schlange, ein durch und durch böser, von niederen Instinkten getriebener Mensch. Anders kann ich das nicht ausdrücken. Wann immer wir in einem Raum waren, hat es mich kalt überlaufen. Ich kenne solche Typen zur Genüge«, sie stockte kurz, »aber Schwamm drüber. Jetzt sind Sie an der Reihe.«
»Lutz Wehner ist festgenommen worden«, verkündete Brandt ohne Umschweife.
»Ach ja?«
»Ja. Wir verdächtigen ihn des Mordes an Ihrem Verlobten.«
Von einem Moment auf den anderen schien Rosi zu erstarren, sie atmete nicht mehr, ihre Pupillen fixierten einen imaginären Punkt in der Ferne, und sämtliche Körperfunktionen wirkten wie von einem unsichtbaren Hauptschalter außer Kraft gesetzt. Im Nachhinein hätten weder Brandt noch Durant zu beurteilen vermocht, ob es nur eine Sekunde oder gar eine halbe Minute gewesen war, die sie so verharrte, dann aber bohrte sich der entsetzte Blick in die Augen des Kommissars.
»Was sagen Sie da? Wehner? «
Rosis Frage war kaum mehr als ein ungläubiger Hauch, doch sofort bejahte Brandt.
»So lautet unser Verdacht. Bevor Sie es aus der Presse erfahren …«
»Wehner.« Rosis Stimme wurde lauter, sie wiederholte den Namen zwei weitere Male, und ein Vibrato war darin zu vernehmen, das ihre innere Spannung nach außen trug. »Dieses gottverdammte Schwein!«
Dazwischen vernahm Brandt ein leises »swolotsch«, zumindest verstand er es so, denn er hatte dieses gängige Schimpfwort bereits öfter gehört.
»Frau Mitrov, es ist eine vorläufige Festnahme«, meldete sich Julia zu Wort.
»Bedeutet das, Sie lassen ihn wieder frei?«, erwiderte Rosi mit einem gefährlichen Blitzen in den Augen, das wenig Hehl daraus machte, was sie mit Lutz zu tun gedachte, falls er je wieder auf freien Fuß käme.
»Nicht, wenn wir es verhindern können. Wir ermitteln noch, die Anklage fiele derzeit allerdings noch recht dürftig aus. Wissen Sie, wo Herr Wehner eine Waffe verstecken würde oder wer eventuell gegen ihn aussagen könnte?«
»Das ist nicht Ihr Ernst, oder? Ich sage alles aus, was sein muss, hier und jetzt, nur zu!«, keuchte Rosi aufgebracht und zu allem entschlossen.
»Nein, so läuft das nicht bei uns. Wir suchen nach der Wahrheit«, betonte Brandt. »Wer war denn seinerzeit Waffenmeister bei den Black Wheels? Oder gibt es sogar Verstecke, die Sie kennen?«
»Der Waffenmeister. Der Waffenmeister ist tot«, murmelte Rosi, »zumindest heißt es so. Er war zuletzt Präsident bei den Mogin Outlaws. «
»Verdammt. Und irgendwelche Geheimverstecke?«
»Nichts, von dem ich heute noch wüsste. Aber eine Mordwaffe würde ohnehin nicht aufbewahrt werden, die wandert sofort in den Main. Einer der vielen Vorteile, wenn man einen Schrottplatz in Ufernähe besitzt.«
»Das befürchten wir auch«, nickte Brandt. »Doch es würden auch Waffen und andere illegale Gegenstände, zum Beispiel Drogen, genügen, um die Anklageführung gegen Wehner zu untermauern.«
»Super!« Rosi lachte höhnisch. »Und dann sitzt er ein paar Jährchen ab und steht irgendwann mit einer Knarre vor meiner Haustür. Nein danke.« Sie schüttelte energisch den Kopf, und damit war das Gespräch beendet.
»Was halten Sie davon?«, wandte Durant sich einige Minuten später an ihren Offenbacher Kollegen, nachdem sie draußen einige Schritte gelaufen waren.
»Instinktiv glaube ich ihr wohl, aber ich möchte noch einmal in Ruhe darüber nachdenken. Sie war jedenfalls ziemlich aufgebracht, das war nicht geschauspielert.«
»Denke ich auch. Leider bringt uns das nicht weiter. Ich habe zudem nicht die geringste Hoffnung, dass Wehners Waffe noch auftauchen wird.«
»Auftauchen ist gut«, schmunzelte Brandt. »Ich schätze auch, sie dürfte längst im Mainschlamm versunken sein. Alles andere wäre unlogisch. Vielleicht sollten wir zwei Taucher losschicken.«
»Ist nicht Ihr Ernst, oder?«
»Quatsch.« Brandt schüttelte heftig den Kopf und setzte leise nach: »Obwohl es im Fernsehen immer funktioniert.«
»Bekommen Sie Frau Klein nicht eventuell doch dazu, uns mit diesem Boeckler zusammenzubringen?«, fuhr
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