Teufelsbande: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Julia fort, und in ihrer Stimme lag ein leiser Klang von Hoffnung. »Von den Clubmitgliedern werden wir niemanden zum Reden bewegen können, die beiden Frauen helfen uns auch nicht wirklich weiter, und außer Ruben Boeckler findet sich wohl keiner, der uns tiefer reichende Einblicke verschaffen könnte. Wenn wir ein Motiv in der Vergangenheit suchen, dann kennt er es womöglich.«
»Sie glauben also noch immer nicht an einen Rockerkrieg?«, versicherte Brandt sich mit leicht geneigtem Kopf.
»Nein, Sie etwa?«
»Ich war fast bereit, es noch einmal in Erwägung zu ziehen, aber dann kam Elvira mit diesem Boeckler. Wenn es damals keinen Bandenkrieg gab, als der Präsident der Mogin Outlaws in den Medien für tot erklärt wurde«, fuhr er mit erhobenem Zeigefinger fort, »warum sollte es dann jetzt einen geben?«
»Gutes Argument«, lächelte die Kommissarin anerkennend, »also führt kein Weg an ihm vorbei.«
»Ich kann mein Glück ja mal versuchen«, antwortete Brandt, »aber versprechen Sie sich nicht zu viel. Elvira und ich haben uns früher gerne das eine oder andere Machtspielchen geliefert, aber wenn sie heute nein sagt, dann nur, wenn es auch dabei bleibt.«
»Versuchen Sie es bitte trotzdem.«
»Klar. Vorher kümmere ich mich jedoch um Greulich respektive Chris Leander. Die beiden verfügen ja auch über nicht unwesentliches Insiderwissen. Was machen Sie?«
»Ich habe noch einen Höflichkeitsbesuch bei unserem jungen Zeugen vor mir«, sagte Julia.
»Ah, Herr Krämer.« Brandt betonte den Nachnamen und setzte ihn mit den Fingern in Anführungszeichen. »Vielleicht sollten wir diese Geheimniskrämerei endlich einmal überwinden.«
»Sie haben Berger ja gehört«, wandte Julia ein, obgleich sie in diesem Moment nichts lieber getan hätte, als sich dieser Anweisung zu widersetzen.
Mittwoch, 18:40 Uhr
F rank Hellmer legte den Hörer zurück auf die Gabel und versuchte dabei, das verwickelte Spiralkabel halbwegs zu entwirren. Er schaltete den PC aus und schob einige Papiere auf der Schreibtischunterlage hin und her.
»Ich dachte, die Befragung dieser geheimnisvollen Familie hättest du längst mit Brandt erledigt«, murmelte er geistesabwesend.
»Das wollten wir auch«, erklärte Julia, »aber dann ist ihm ein Anruf dazwischengekommen. Er muss sich mit diesem ehemaligen Kollegen treffen, der mal beim K 11 tätig war, den er aber nicht leiden kann. Den würde ich ja zu gerne kennenlernen.«
»Was bringt’s? Wir haben genügend eigene olle Kamellen hier im Präsidium, da brauchen wir nicht auch noch die Offenbacher Geschichten, oder?«
»Nein, aber mich interessieren die Erkenntnisse, die das Rauschgiftdezernat im Laufe der Jahre gesammelt hat. Und zugegeben«, schmunzelte Julia dann, »ich würde gerne einmal einen Blick auf Brandts Erzfeind werfen. Man sagt dem Kommissar ja schon nach, dass er sich gerne mal mit dem Holzhammer durchschlägt und sich dabei auch auf die Füße anderer stellt.«
»Da kenne ich noch jemanden«, grinste Frank breit.
»Was soll das denn bitte heißen?«, empörte sich Julia, konnte sich ein Lächeln jedoch nicht verkneifen.
»Kein Kommentar. Aber Brandt hat dir eins voraus«, neckte Hellmer weiter.
»Und das wäre?«
»Mit einer seiner ehemaligen Feindinnen geht er mittlerweile ins Bett.«
»Blödmann«, sagte Julia. »Ich überlege mir gerade, ob ich dich wirklich mitnehmen möchte zu den, ähm, Krämers.«
»Das bleibt dir überlassen«, wandte Hellmer ein und deutete in Richtung des Ganges. »Aber du wirst wohl niemand anderen mehr finden. Doris und Peter haben schon Feierabend, denn irgendwann am Tag braucht die Kleine ja auch mal ihre Eltern. Nun, und Sabine ist auf Abruf, aber da scheint wieder etwas vorgefallen zu sein mit ihrer Mutter«, seufzte er.
»Ja, sie hat vorhin eine SMS geschickt.« Julia presste die Lippen aufeinander. In Momenten wie diesen wusste sie noch mehr als sonst zu schätzen, einen für sein Alter noch verhältnismäßig rüstig aufgestellten Vater zu haben und darüber hinaus keine familiären Verpflichtungen. Die Kommissarin hätte alles dafür eingetauscht, noch einige weitere Jahre mit ihrer Mutter verbringen zu dürfen, darüber gab es nichts zu diskutieren. Aber eine psychisch kranke Mutter zu pflegen, deren neueste Posse es war, ihren Betreuer des Sozialdienstes spätabends anzurufen und ihn zu fragen, ob er mit ihr schlafen wolle, konnte und wollte die Kommissarin sich nicht einmal vorstellen. Sabine trug diese Bürde mit Fassung,
Weitere Kostenlose Bücher