Teufelsengel
geführt?«
»Ich habe zufällig Bruder Arno getroffen …«
Die Stirn des Mannes legte sich in Falten, sein Gesicht lief rot an. Er war wütend, aber er versuchte, es nicht zu zeigen.
»… wir sind ins Gespräch gekommen, und er hat mich zum Tee ins Kloster eingeladen. Und da bin ich.«
Romy entschied sich zu einem Lächeln, merkte jedoch sofort, dass es ihr nichts half.
»Letzte Woche warst du auch schon hier.«
»Ich wollte mich noch einmal mit Bruder Arno unterhalten. Ich fotografiere auch und dachte, er könnte mir ein paar Tipps …«
»Und heute hast du sogar ein verschlossenes Tor überwunden, nur um dir Tipps zu holen?«
»Verschlossen?« Mit gespieltem Erstaunen schaute Romy zwischen den Männern hin und her. »Als ich ankam, stand es weit auf.«
Ein kurzes Flackern seines Blicks zeigte ihr, dass es ihr halb gelungen war, sein Misstrauen zu zerstreuen, doch in diesem Moment legte Bruder Arno Snoops Tuch auf den Schreibtisch. Der Mann hob es auf und betrachtete es von allen Seiten. Dann kehrte sein Blick zu Romy zurück.
»Ich glaube«, sagte er zu Bruder Arno, ohne Romy aus den Augen zu lassen, »ich glaube, wir haben einen neuen Gast.«
Mehr als dieser Satz erschreckte Romy die Verwandlung Bruder Arnos. Demütig nickend stand er neben ihr, ein vollkommen anderer Mensch als der, dessen Seele sie nach dem Anblick seiner Bilder zu kennen geglaubt hatte.
Calypso war kein Wandervogel. Es hatte ihm noch nie Spaß gemacht, über Feld und Flur zu stiefeln, dem Gesang der Vögel zu lauschen und auf derben Holzbänken zu picknicken. Doch heute schwebte er fast über den weichen Waldboden.
Sie hörten auch bei diesem Spaziergang nicht auf zu reden. Zwischendurch waren sie ausgelassen wie Kinder, jagten einander um die Stämme der Bäume und bewarfen sich mit Tannenzapfen.
Lusinas Atemlosigkeit machte sie noch schöner.
Calypso war sich ihrer Nähe ständig bewusst. Sie war wie eine tausendfache flüchtige Berührung auf seiner Haut. Zweimal noch hatte er versucht, Romy zu erreichen. Zweimal versucht, sich auf diese Weise in Sicherheit zu bringen. Dann hatte er das Handy in seiner Tasche vergessen.
Der Wald war dicht und still. Nach jedem Rufen, jedem Lachen schien er stiller zu werden. Calypso fürchtete sich nicht davor, in ihm verlorenzugehen, solange nur dieses Mädchen bei ihm war.
Eine kleine, kaum wahrnehmbare Stimme in seinem Innern beschimpfte ihn als Idioten. Er schaltete die Ohren auf Durchzug, und als Lusinas kalte, schmale Hand sich zögernd in seine schob, umschloss er sie fest mit seinen warmen Fingern.
Vero vergeudete keine Zeit. Er rief jeden einzelnen Mitbruder an und beraumte ein Treffen nach dem Abendessen an. Ihm war klar, dass er Widerstände würde überwinden müssen. So war es jedes Mal. Die meisten wusste er hinter sich, aber noch immer gab es hier und da Skrupel, wenn es um letzte Konsequenz und Härte ging.
Sie hatten einen Weg zurückgelegt, auf dem es keine Umkehr gab. Um ihre Ziele nicht zu gefährden, hatten sie Menschen zum Schweigen gebracht. Die Gesellschaft nannte so etwas Mord, und die Juristen versteckten sich hinter ihren Gesetzesbüchern. Sie würden nicht einmal den Versuch machen, Veros Entscheidungen zu begreifen.
Die Bruderschaft hatte sich dem einzig wahren Christentum verpflichtet. Jeder von ihnen hatte geschworen, den Glauben zu schützen. Koste es, was es wolle.
Und manchmal war der Preis ein Menschenleben.
Was war das Leben eines einzelnen Menschen im Vergleich zu der Vision eines radikal fundamentalistischen Christentums? Immer mehr Gläubige würden sich ihnen anschließen, Angehörige aller Schichten Anhänger ihrer Ideale werden.
Noch hatte die Gemeinschaft der Getreuen eine überschaubare Größe. Mit dreitausend Mitgliedern konnte man nicht nach Rom ziehen und Bedingungen stellen. Aber man konnte das erstarrte System der Kirche von unten aufweichen und diesen Prozess mit einigen spektakulären Aktionen beschleunigen.
Dazu benötigte Vero furchtlose Gotteskrieger, Männer und Frauen, die er sorgfältig auswählte, um sie dann auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Der Samen war aufgegangen. Bald würden Pflanzen daraus sprießen.
Vero würde nicht zulassen, dass irgendjemand seine Pläne durchkreuzte.
Ingo Pangold saß im Alibi und hoffte, dass Romy doch noch dort auftauchen würde. Er wartete nun schon seit einer Stunde, doch nichts tat sich. Auch ihr Freund, dieser Cal, war heute nicht zu sehen. Anscheinend hatte er seinen Dienst
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