Teufelsflut
Lächeln. »Ich bin zwar nur eine Aushilfe, aber der Geschäftsführer ist schon zu Bett gegangen, und ich werde ihn bestimmt nicht aufwecken. Was darf’s denn sein?«
»Für mich einen doppelten Scotch«, sagte Newman. »Ohne Wasser.«
Tweed und Paula bestellten je ein Glas Chardonnay, bevor sie ihre Mäntel auszogen und es sich in der leeren Lounge gemütlich machten.
Die beiden setzten sich auf ein bequemes Sofa und Newman zog sich einen Sessel heran.
»Mir gefällt es hier«, sagte Paula. »Und schön warm ist es auch.«
»Sehr angenehmes Haus«, bestätigte Tweed. »Das Essen ist ausgezeichnet und der Service tadellos. Ich hätte gute Lust, hier einmal einen kleinen Urlaub zu verbringen.«
»Das sagen Sie jedes Mal, wenn wir in einem guten Hotel sind«, sagte Paula neckend. »Aber Sie tun es ja doch nie.«
Ein Zimmermädchen, das wohl auf dem Weg ins Bett war, blieb am Eingang stehen und musterte die neuen Gäste. Paula, die knapp einen Meter siebzig groß und schlank war, sah sehr attraktiv aus. Sie war Mitte dreißig, hatte glänzendes dunkles Haar, das sie schulterlang trug, und ein gut geschnittenes Gesicht mit einer wohlgeformten Nase, einem festen, sinnlichen Mund und einem Entschlossenheit signalisierenden Kinn.
Tweed, der stellvertretende Direktor des Geheimdienstes SIS, war ein paar Zentimeter größer als sie. Sein Alter ließ sich nur schwer schätzen.
Er war gut gebaut und glatt rasiert, und hinter seiner Hornbrille funkelten wache, durchdringende Augen. Tweed gehörte zu den Männern, an denen man auf der Straße vorbeiging, ohne sie wirklich wahrzunehmen ein Umstand, der in seinem Beruf ein unschätzbarer Vorteil war.
Das Zimmermädchen fand, dass alle drei ziemlich sympathisch aussahen, aber am meisten hatte es ihr Bob Newman angetan. Der etwas mehr als vierzig Jahre alte Auslandskorrespondent maß einen Meter achtzig und schien kein einziges Gramm Fett an seinem durchtrainierten Körper zu haben. Er war ebenfalls glatt rasiert und hatte aschblondes Haar. Bob Newman war ein Mann, den nicht wenige Frauen attraktiv fanden, wobei ihnen vor allem sein strahlendes Lächeln gefiel.
»Wir werden beobachtet«, flüsterte Tweed. »Na, da geht sie ja schon wieder. Ah, hier kommen ja auch unsere Drinks.«
Während der Kellner die Gläser auf den Tisch stellte, musterte Tweed ihn eindringlich. Der junge Mann, der offenbar noch in der Ausbildung war, kam ihm intelligent vor.
»Stammen Sie vielleicht aus dieser Gegend?«, fragte er, als sich der Kellner wieder zurückziehen wollte.
»Ja, Sir. Ich wurde in Chagford geboren und fühle mich hier sehr wohl.
Ganz unter uns, ich habe sogar schon einige Jobs in London ausgeschlagen, weil ich die Ruhe in Dartmoor nicht missen möchte.«
»Wissen Sie vielleicht zufällig, ob irgendwo hier in der Umgebung jemand kürzlich in ein großes Haus gezogen ist? Mir ist da etwas zu Ohren gekommen…«
»Dann meinen Sie bestimmt Mr. Charterhouse, der vor drei Monaten das Anwesen Gargoyle Towers gemietet hat. Es wird in Chagford viel über ihn geklatscht.«
»Klingt interessant. Worin besteht denn der Klatsch?«
»Man nennt ihn den ›Unsichtbaren‹, weil ihn bisher niemand zu Gesicht bekommen hat. Er kommt immer nur nachts in einer großen Limousine mit Chauffeur, und an den Fenstern des Hauses sind ständig die Vorhänge zugezogen. Bisher hat nur ein Wilderer, der nachts über seine Ländereien geschlichen ist, einen flüchtigen Blick auf ihn werfen können.«
»Konnte er ihn beschreiben?«
»Nein. Er hat nur gesehen, wie der Mann aus der Limousine gestiegen ist und das Haus durch den Haupteingang betreten hat. Im Flur brannte kein Licht, was Jim – so heißt der Wilderer – ziemlich seltsam fand.
Seitdem macht er einen weiten Bogen um das Anwesen. Kommt man dem Haus nachts zu nahe, gehen sofort grelle Suchscheinwerfer an. Aber ich rede zu viel. Eigentlich sollte ich Ihnen das alles gar nicht erzählen.«
»Machen Sie sich keine Sorgen. Charterhouse, so heißt auch ein alter Freund von mir«, beruhigte ihn Tweed. »Vielleicht ist es ja derselbe.
Sagen Sie mal, ist dieses Gargoyle Towers eigentlich weit von hier entfernt?«
»Nein, Sir. Für uns in Dartmoor ist es praktisch gleich nebenan.«
»Und wie kommt man dorthin?«
»Mit dem Auto ist es eine ziemlich lange und verzwickte Fahrt, aber zu Fuß lässt es sich ziemlich rasch erreichen. Der Weg beginnt in unserem Wassergarten links von der Einfahrt.«
»Eigentlich würde ich Mr. Charterhouse gern
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