Teufelsjäger (Die Mark Tate-Saga) (German Edition)
diese Realität nicht begreifen. Es sind Bilder aus der Welt, die du kennst, doch sind sie hier nur von symbolischer Bedeutung. Begreifst du jetzt besser?“
„Ich glaube... ja. Demnach liegst du nicht wirklich auf einem Friedhof.“
„Natürlich nicht. Ich war einmal ein Verbündeter der Dämonen, aber ich habe mich gegen sie gewandt. Sie haben mich vernichtet - das heißt, sie haben meine weltliche Existenz beendet. Jetzt bin ich ihr Gefangener. Die fehlenden Kreuze signalisieren das Fehlen der Allmacht Gottes. Nur sie könnte mir helfen. Ohne sie bin ich für die Ewigkeit verloren.“
„Wie soll meine Hilfe aussehen?“
„Beuge dich über mein Grab und scharre die Erde über mir weg!“ Tab Furlongs Nackenhaare sträubten sich. Trotzdem bückte er sich. Auf dem Grabstein stand ein Name, aber als Tab ihn lesen wollte, begannen die Buchstaben zu tanzen. „Nein, meinen Namen darfst du nicht erfahren. Das wäre zu gefährlich. Eines Tages könnten die Dämonen doch vielleicht Einfluß auf dich nehmen, wenn vielleicht auch nur für ganz kurze Zeit. Sie würden sich furchtbar für das rächen, was ich tue.“
„Aber ich muß doch wissen, wer du bist.“
„Das sollst du erfahren: Ich bin Kathryns Mann!“
Tab erstarrte in der Bewegung. „Ihr Mann?“ Also war sie doch verheiratet. Warum hatte sie nicht darüber gesprochen?
„Du liebst sie, Tab Furlong. Ich lese deine Gedanken. Aber du kannst beruhigt sein. Sie gehört mir nicht mehr. Ich weile nicht mehr in deiner Welt. Sie ist frei. Wenn alles vorbei ist, mußt du dich ihrer annehmen, hörst du? Es ist mein Wunsch. Du bist ein guter Mann für sie.“
„Falls sie mich überhaupt will.“
„Du mußt es anders formulieren, Tab: Falls die Sache hier überhaupt positiv endet.“
„Du hast eine köstliche Art, einem Mut zuzusprechen“, meinte Tab Furlong sarkastisch.
Er begann, mit den bloßen Händen zu buddeln. Noch immer hüllte das von der gnostischen Gemme und dem Drudenfuß ausgehende Strahlen seinen gesamten Körper ein - auch seine Hände, die die Erde gar nicht richtig berührten. Es gelang ihm dennoch, immer tiefer zu buddeln, bis es plötzlich hell schimmerte. Da lag etwas verborgen. Er tastete darüber. Es fühlte sich weich an. Es mußte sich um einen menschlichen Körper handeln.
Das Grauen schnürte Tab die Kehle zu, aber er konnte nicht mehr aufhören zu graben. Sorgfältig legte er ein Gesicht frei. Die Augen waren geöffnet und blickten ihn starr an. Die Erdkrumen schienen den Augen gar nichts anhaben zu können. „So ist es richtig“, grollte der Tote, ohne dabei die Lippen zu bewegen. Tab hatte das Gefühl, im nächsten Augenblick wahnsinnig zu werden. Der kalte Schweiß brach ihm aus. Dennoch buddelte er weiter, bis er den vergrabenen Leichnam befreit hatte. Der Tote richtete sich ruckartig auf. Erschrocken taumelte Tab Furlong zurück.
„Fürchte dich nicht vor mir“, grollte der Tote und stand auf. Er hatte Schwierigkeiten, seine Bewegungen zu koordinieren. „Ich habe zu lange im Grab gelegen“, entschuldigte er sich für seine Unbeholfenheit. Diesmal bewegten sich seine Lippen beim Sprechen. Auch klang die Stimme verändert.
„Du bist also der verstorbene Ehemann Kathryns.“
„Ja, der bin ich.“
„Warum hast du mich gerufen? Daß ich hier bin, verdanke ich doch dir, nicht wahr?“
„Ja, das ist richtig.“ Der Tote setzte sich auf einen umgefallenen Grabstein und gebot Tab mit einer Geste, neben ihm Platz zu nehmen.
Der Inspektor gehorchte widerstrebend. Unangenehmer Geruch stieg ihm in die Nase - der Geruch von Moder und Verwesung. Er beherrschte sich und tat so, als wäre es selbstverständlich, daß er auf einem unwirklichen Friedhof neben einem Leichnam auf einem Grabstein saß und sich mit dem Verstorbenen unterhielt wie mit einem guten Freund.
„Du bist ein wichtiger Faktor“, erläuterte der Tote. „Du hast selbst schon erkannt, daß du in zweierlei Hinsicht wichtig bist. Erstens bist du der einzige Bekannte Kathryns, den sie hier in London hat. Starke Gefühle verbinden dich mit ihr, obwohl ihr beide diese Gefühle lange Jahre verleugnet habt. Oh, ich möchte mich nicht beschweren. Kathryn und ich waren sehr glücklich - am Anfang wenigstens -, aber sie hat dich nie vergessen können.“
„Wie kam es zu allem? Was sind das für böse Kräfte, die draußen vor London lauern und hier in Islington eine Bastion errichtet haben?“ überging Tab Furlong die Bemerkung.
„Es ist eine lange
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