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Teufelsjagd

Teufelsjagd

Titel: Teufelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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ich tun? fragte er sich. Alfred Tripham, der Konrektor, würde ihm doch sicher helfen, oder? Er würde den Sheriff um Beistand bitten. Passerel kaute auf seiner Unterlippe. Trotzdem, sein Leben war vorbei. Er war mit seinen Büchern und Handschriften und mit dem Studium der Abrechnungen in seiner kleinen Geldkammer in Sparrow Hall glücklich gewesen, fetzt war das alles von einem Augenblick zum nächsten vorbei. Was würde nur mit ihm geschehen? Wenn dieser Unsinn weiterginge, dann würde er vor der Wahl stehen, sich entweder den Gehilfen des Sheriffs zu stellen oder Oxford zu verlassen, zum nächsten Hafen zu wandern und ein Schiff in fremde Lande zu nehmen. Passerel kratzte seine Beine mit ihrer rissigen Haut und kam zu dem Schluß, daß er vermutlich schon zu Tode erschöpft sein würde, ehe er noch das nächste Stadttor erreicht hätte. Und draußen? Diese Studenten würden auf ihn warten.
    »Auf die Knie, und bete zu Gott!« dröhnte Magdalenas Stimme in der Kirche. »Bete, daß dir nicht der Prozeß gemacht wird!«
    »Halt schon den Mund!« flüsterte Passerel.
    Er legte den Kopf in die Hände und versuchte sich auf das Chaos und die Tragödie, mit denen er sich konfrontiert sah, einen Reim zu machen. Er dachte daran, daß Copsale tot im Bett aufgefunden worden war. Der Rektor hatte immer ein schwaches Herz gehabt. War er im Schlaf gestorben? Und Ascham? Passerel erinnerte sich, wie er die Tür der Bibliothek geöffnet und den Archivar in seiner blutgetränkten Robe mit einem Armbrustbolzen in der Brust gefunden hatte. Das Fenster war jedoch mit Läden verschlossen gewesen und die Tür verriegelt. Warum war Ascham ermordet worden? Was hatte sein Gemurmel über die »lieben kleinen Spatzen« oder was immer zu bedeuten gehabt? Was hatte er in den Schriften von de Montforts Anhängern zu finden gehofft, diesem Unsinn, der schon Jahrzehnte alt war? Und was hatte es mit seiner Überzeugung auf sich, daß jemand in Sparrow Hall das Werk des Gründers Henry Braose zerstören wollte? Passerel nahm die Hände von den Beinen und schaute sich um. Es wurde dunkler. Die einzelne Kerze flackerte. Zugluft drückte sie nieder. In ihrem unsteten Licht war ein grell-buntes Gemälde auf der gegenüberliegenden Wand zu erkennen — eine Gruppe Dämonen, die es wie die Bluthunde auf irgendeine arme Seele abgesehen hatten. Passerel gab das wenig Trost. Er legte sich auf die Steine, stöhnte, weil sie so hart waren, und dachte an sein weiches und hohes Bett. Da hörte er ein Geräusch. Die Seitentür wurde geöffnet. Jemand trat ein. Passerel erstarrte. Leise Sohlen näherten sich dem Allerheiligsten. Passerel saß ganz still und behielt den Durchgang des Lettners im Auge. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als er undeutlich ein Paar Hände bemerkte, die einen Krug Wein und einen Becher abstellten. Ein Freund aus Sparrow Hall? Die Schritte entfernten sich, und die Seitentür wurde leise geschlossen. Passerel stand auf, ging auf den Lettner zu, hob den Krug hoch und roch an ihm. Der Rotwein darin war schwer. Passerel lief das Wasser im Mund zusammen. Er goß den Becher voll und trank hastig.
    »Dies ist das Haus Gottes und das Tor des Himmels!« rief die Anachoretin. »Ein Ort des Schreckens!«
    Passerel, den der Wein mutiger gemacht hatte, hob den Kopf.
    Er wollte gerade den Becher ein zweites Mal füllen, als er schreckliche Schmerzen im Bauch bekam, als hätte ihm jemand ein Messer in die Därme gestoßen. Passerel schwankte nach vorn, und Krug und Becher fielen ihm aus den Händen. Sie zersprangen auf den Steinen und klangen im verlassenen Kirchenschiff wie Glocken. Passerel hielt sich mit beiden Händen den Bauch. Er öffnete den Mund, um zu schreien, aber verschluckte sich an der Galle in seiner Kehle.
    »Es ist schrecklich«, stimmte die Anachoretin an, »wenn die Seele eines Sünders in die Hände des lebendigen Gottes fällt!«
    Passerel hatte die Augen weit aufgerissen. Sein Gesicht war schweißgebadet. Er streckte die Hand in Richtung des Lichtes der Anachoretin. Der Schmerz breitete sich in Wellen von seinem Bauch bis zu seiner Kehle aus. William Passerel, ehemals Schatzmeister von Sparrow Hall, schloß die Augen und brach tot vor dem Lettner zusammen.

    Während Passerel vor dem Altar der St. Michael’s Church sein Leben aushauchte, versuchte der alte Bettler Senex — das war der einzige Name, unter dem er bekannt war — dem Tod zu entkommen, der ihn verfolgte. Er konnte nicht sehr schnell laufen, ein

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