Teufelskreis
hatte, würde diese Proudmoore sie nicht weiter belästigen.
Aber Aegwynn hatte heute nicht sonderlich viel Glück.
Proudmoore folgte ihr. „Wegen Euch konnte ich überhaupt erst Magierin werden.”
„Grund genug für mich zu bereuen, dass ich eine wurde.”
„Ich verstehe nicht. Warum seid Ihr hier? Warum habt Ihr nicht allen erzählt, dass Ihr noch lebt? Ehrlich gesagt hätten wir Eure Hilfe im Kampf gegen die Brennende…”
Aegwynn schleuderte den Eimer zu Boden und wirbelte zu Proudmoore herum. „Warum ich hier bin, geht nur mich etwas an. Jetzt lasst mich in Frieden.”
Unglücklicherweise führte diese Aktion nur dazu, dass Proudmoore ihr bisheriges Gehabe aufgab und wieder zu jener starken Persönlichkeit wurde, die sie eigentlich war. „Es tut mir Leid, aber das kann ich nicht, Magna. Ihr seid zu wichtig für…”
„Ich bin für niemanden wichtig. Versteht Ihr das nicht? Ihr kleines dummes Kind! Ich bin nicht auf menschliche Gesellschaft vorbereitet - oder orkische, oder die von Trollen, Zwergen… wen immer Ihr wollt.”
Dieser Ausbruch brachte erneut das junge Ding in Proudmoore zum Vorschein. Aegwynn konnte die Magie in ihr sehen und erkannte - mochte sie auch im Vergleich zu ihr ein Kind sein -, dass sie sehr mächtig war. Sie war durch die Barrieren gelangt, ohne dass Aegwynn etwas davon mitbekommen hatte. Das zeugte von einem gewissen Können. „Ich bin kein kleines Mädchen. Ich bin eine Magierin aus Kirin Tor.”
„Und ich bin tausend Jahre alt, und so weit es mich betrifft, habt Ihr noch ein paar Jahrhunderte vor Euch, bevor ich eventuell in Erwägung ziehen könnte, Euch nicht mehr als kleines Mädchen zu bezeichnen, kleines Mädchen… Jetzt geht. Ich möchte allein sein.”
„Warum?” Proudmoore klang ehrlich verwirrt, was Aegwynn zu der Erkenntnis brachte, dass die junge Zauberin ihren Werdegang nicht richtig studiert hatte. Oder ihr Lebenslauf war gründlich verändert - verfälscht! -worden, bis Proudmoore ihn in die Finger bekommen hatte.
Das Mädchen fuhr fort: „Ihr wart diejenige, die Frauen den Weg geebnet hat, überhaupt Zauberinnen werden zu können. Ihr seid einer der besungenen Helden von Azeroth. Wie konntet Ihr Euch nur abwenden…”
„Wie? Hm, ganz einfach - so.” Aegwynn drehte sich um und ging ins Haus. Ihren Eimer ließ sie stehen. Sie würde ihn später holen.
Natürlich gab Proudmoore nicht auf, sondern folgte ihr durch die klapprige Holztür. „Magna, Ihr…”
Sie standen jetzt in dem Raum, den Aegwynn scherzhaft das Wohnzimmer nannte. Es war zugleich der einzige Raum in der Hütte und diente auch als Schlafstube, Küche und Esszimmer. Aegwynn rief erbost: „Hört auf, mich so zu nennen. Ich bin keine Magierin mehr. Ich bin auch kein Held, und ich will Euch nicht in meinem Haus haben. Ihr sagtet, dass ich Frauen den Weg zum Magiersein geebnet hätte. Wenn ich mir überhaupt etwas anrechnen darf, dann ist es, der beste Grund zu sein, warum Frauen niemals Magierinnen werden sollten.”
„Ihr liegt falsch”, sagte Proudmoore. „Es ist, weil Ihr…”
Aegwynn presste ihre Hände auf die Ohren und sagte: „Um Himmels willen, würdet Ihr bitte damit aufhören?”
Ruhig antwortete Proudmoore: „Ich sage nichts, was Ihr nicht schon wüsstet. Wenn Ihr nicht gewesen wärt, wären die Dämonen schon viel früher gekommen, und wir…”
„Und welchen Unterschied genau hätte das ausgemacht?” Aegwynn lächelte das Mädchen hohntriefend an. „Die Dämonen kamen trotzdem, und Lordaeron wurde trotzdem zerstört, der Lich-König regiert immer noch, und Sargeras hat immer noch gewonnen.”
Proudmoore zuckte bei der Erwähnung des Lich-Königs aus irgendeinem Grund zusammen. Aber Aegwynn interessierte das Warum nicht. Das Mädchen antwortete: „Ihr könnt Eure Beteiligung leugnen, so lange Ihr wollt, aber das ändert gar nichts. Ihr wart eine Inspiration für alle…”
Sie lächelte. „Für alle ,kleinen Mädchen’, die Magierinnen werden wollten. In der Zitadelle war meine Lieblingsgeschichte immer die, wie Ihr von Scavell als erster weiblicher Wächter auserwählt wurdet. Dem ersten Magier, der den Wert weiblicher Schüler erkannt hat - und wie die Wächter von Tirisfal die Wahl begrüßt haben, und…”
Aegwynn musste lachen. Sie lachte lang und laut. Sie hatte sogar Schwierigkeiten, Luft zu bekommen vor lauter Prusten. Sie fing an zu husten, bekam sich aber wenig später wieder unter Kontrolle. Nach tausend Jahren begann ihr Körper jetzt
Weitere Kostenlose Bücher