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Teufelskreise (German Edition)

Teufelskreise (German Edition)

Titel: Teufelskreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
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mag es, Menschen zu helfen. Vor allem dann, wenn ich ihnen helfen kann, sich selbst zu helfen.«
    »Das Tarot ist dafür perfekt geeignet.«
    »Richtig. Aber die Menschen sind es im Gegenteil dazu nicht immer. Selbst wenn die Antwort ganz offensichtlich ist, sind sie nicht in der Lage, entsprechend oder zumindest richtigzu handeln. Vielleicht wollen sie es auch einfach nicht. Mit der Zeit wird das frustrierend.«
    »Und dann gibt es noch die Menschen, denen ohne eigenes Verschulden Unrecht geschieht.«
    Natürlich spielte er auf Lorrie an, aber ich dachte auch an eine andere Freundin, an Celia, meine Zimmergenossin im College. Ich hatte begonnen Jura zu studieren, aber nachdem Celia und ihr Freund bei einem Campingtrip überfallen wurden, beinahe starben und sich dann am Ende zu Wærwölfen wandelten, hatte ich hautnah miterleben müssen, wie wenig Anwälte bewirken konnten. Lange Zeit geschah rein gar nichts. Erst als die Zeitungen sich der Geschichte annahmen, ging etwas vorwärts. Eine Campusgruppe wurde gegründet, um verlässliche Informationen über Wære zusammenzutragen. Sie förderte das Bewusstsein für die Gefahren der marodierenden Wærwölfe und verbreitete Fakten über ihre zivilisierte Mehrheit. Damals begriff ich, dass Journalisten manchmal mehr Einfluss als Anwälte besaßen, und änderte mein Hauptfach in Journalismus um.
    »Ist dieses Bedürfnis, Unrecht wiedergutzumachen, schwächer geworden, seit du erwachsen bist?«
    »Nein. Im Gegenteil. Letzte Woche hat sich zum Beispiel so ein Lümmel im Teenageralter in der Schlange im Supermarkt vor ein älteres Ehepaar gedrängelt, hinter dem ich stand. Ich habe ihm auf die Schulter getippt und ihn darüber informiert, dass es nicht nett ist, sich vorzudrängeln, und dass die Schlange hinter mir zu Ende sei. Mit seinen eins achtzig hat er mich um zwölf Zentimeter überragt, außerdem war er knapp einen Meter breit. Er sah mich an, als wäre ich eine Made, grinste breit und sagte: ›Tja, Arschkarte gezogen.‹«
    »Was hast du getan?«
    »Ich habe ganz ruhig meine Flasche Milch und einen Laib Vollkornbrot abgestellt. Dann habe ich die Hände in meine Hüften gestemmt, freundlich gelächelt und gesagt: ›Deine letzte Chance.‹ Er feixte und fragte, was ich denn zu tun gedächte.« Ich hielt inne und grinste bei der Erinnerung. »Vielleicht lag es daran, dass ich an dem Morgen gerade noch den Schluss einer Sendung mit den Stooges gesehen hatte, denn ich packte ihn blitzschnell an Ohr und Nase und zerrte ihn ans Ende der Schlange. Danach tat er keinen Mucks mehr, hat nur noch lauthals rumgeschnieft, um seine Nasennebenhöhlen wieder an den richtigen Platz zu verfrachten.«
    Amenemhab lachte.
    »Zugegeben bringt mich diese Eigenschaft schon mein ganzes Leben lang immer wieder in Schwierigkeiten. Dessen bin ich mir bewusst, aber ich kann nichts dagegen machen: Ich muss helfen, wenn ich gebraucht werde. Ich hätte Vivian einfach mein Mitgefühl für ihre schwierige Lage aussprechen und dann schnellstens ihr Büro verlassen sollen. Aber ich konnte nicht. Ich wusste schon, dass ich Beverley helfen wollte und … «
    »Sprich weiter.«
    »Sie ist so ein tolles Mädchen. Es ist so furchtbar, dass das passiert ist, und noch furchtbarer, dass es gerade sie getroffen hat.« In der Meditation war es einfacher, Tränen zurückzuhalten. »Ich sehe immer noch ihr Bild auf der Titelseite der Zeitung vor mir. Die Qual in ihrem Gesicht, die Angst und die Verlorenheit haben mich berührt. Ich habe keine Ahnung, wo sie jetzt ist, aber trotzdem würde ich sie gerne anrufen.«
    »Was würdest du ihr sagen?«
    Ich fluchte leise. »Ich wusste, dass du mich das fragen würdest.«
    Lachend stellte er die Ohren auf. »Und trotzdem bist zu mir gekommen.« Er legte den Kopf schief. »Also. Was würdest du ihr sagen?«
    Ich holte tief Luft und stellte mir die Situation vor. »Hm. ›Hallo, Beverley. Ich bin’s, Seph. Ich würde gerne wieder mit dir gemeinsam Filme angucken und Popcorn dazu essen. Ich habe gehört, was mit deiner Mom passiert ist.‹ Nein, vielleicht wäre ihr die Erwähnung unangenehm, und sie würde sich zurückziehen, bevor ich überhaupt angefangen –«
    Amenemhab räusperte sich. Ein dezenter Hinweis. Ich kam wieder auf das eigentliche Thema zurück.
    »Ich weiß, wie du dich fühlst, Beverley. Wirklich. Ich war … « Ich brach ab. Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen und kämpfte gegen sie an, indem ich mit den Zähnen knirschte, bis ich mich

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