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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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herbeieilenden Mönch Anweisung, Pater Fürchtegott zu bringen, ehe er dem Monsignore antwortete: «In der Tat. Mit Abt Blasius hatte er zwar keinen Zwist. Blasius war alt und asketisch. Aber ich bin da von anderer Art. Erst ging es gut, doch seit ein paar Wochen macht er mir den Bettschatz madig, wo er kann. Sogar der Sünde hat er mich bezichtigt. In ein Kloster gehöre kein Weibsvolk, und wenn, dann höchstens in die Küche. Ich trage den Stachel der Wollust in mir, der Völlerei sowieso, und ich sei eine Gefahr für die Novizen. Und dabei erfährt unser Kloster seit neuestem einen Zuwachs, wie es ihn seit Jahrzehnten nicht gab.»
    «Ich weiß, ich weiß.» Der Monsignore winkte grämlich ab. «Die Spatzen pfeifen es in Mainz von den Dächern. ‹Ora et amora› nennt man das Haus hinter vorgehaltener Hand.» Er sah den Abt streng an. «Ich kann Euch nur raten, treibt es nicht gar zu toll. Unser Kaiser ist ein frommer Mann. Er hat mehr Macht als Euer Oheim, der Erzbischof von Mainz, und seine Ohren sind überall.»
    «Ach, was! Der Kaiser hat andere Sorgen. Und so schlimm geht es hier auch wieder nicht zu. Bruder Augustus hat aus freien Stücken um die Versetzung in ein anderes Kloster gebeten, und Pater Cornelius …» Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihn.
    «Herein, immer herein in die gute Stube!»
    Pater Fürchtegott betrat den Raum. «Ihr wolltet mich sprechen, Vater.» Statt demütig den Kopf zu senken, sah er dem Abt in die Augen. Seine Kutte war abgetragen und an den Ärmeln ein wenig ausgefranst. Das Gesicht zeigte Falten, die Wangen waren eingefallen, die ganze Erscheinung wirkte, als mache sie sich nichts aus Schönheit und Anmut. Barfuß war Pater Fürchtegott in seinen Holzschuhen, die Füße blau gefroren. Der Abt schob seine weich gefütterten Ziegenlederstiefel unter den Lehnstuhl und versteckte die Hände in den Ärmeln seiner pelzverbrämten Kutte.
    «Ja, in der Tat, das wollte ich, das will ich noch immer. Setzt Euch, mein Lieber.»
    Pater Fürchtegott begrüßte den Monsignore, dann nahm er auf der vordersten Stuhlkante Platz, die Hände fromm im Schoß seiner Kutte gefaltet, den Blick auf das Gesicht des Abtes gerichtet.
    «Nun also, lieber Bruder, es hat sich ergeben, dass Euer Dienst am Herrn dringend gebraucht wird. Andernorts», erklärte der Abt.
    «Ich verstehe. Meine Beschwerde über Euer zügelloses Leben hat den Bischof erreicht.»
    «Haltet ein, Pater Fürchtegott. Mäßigt Euch!» Die Stimme des Abtes wurde laut. «Und verwechselt nicht Äpfel mit Birnen. Ihr seid ein Mann der Kirche, und die Kirche bestimmt, wo Ihr ihr am besten dienen könnt. Euer Platz ist ab sofort in Nordhessen.»
    «Im Kloster in Grünberg?»
    Der Abt verzog den Mund, als hätte er auf einen Essigschwamm gebissen. «In Grünberg hausen die Antoniter. Außerdem liegt der Ort im Vogelsberg. Nein, Ihr geht in kein Kloster, lieber Pater.»
    «Nicht? Was dann?» Pater Fürchtegott hob besorgt die Augenbrauen.
    «Ab dem heutigen Tage seid Ihr vom Erzbischof von Mainz zum Exorzisten in Nordhessen bestimmt. Euer Gebiet erstreckt sich von der Schwalm über den Knüll bis zum Aulatal, genauer gesagt vom Orte Ziegenhain, welcher dem hessischen Landgrafen untersteht, bis über die Besitzungen derer von Dörnberg hinaus.»
    Pater Fürchtegott fiel die Kinnlade herunter. Ungläubig starrte er seinen Vater Abt an.
    «Ihr seid ein Glückspilz, Pater Fürchtegott», mischte sich nun der Monsignore ein und zeigte seine gelben Pferdezähne. «Edle Menschen, sanfte Hügel, klare Bäche, und darüber lacht die Sonne.» Er hielt seine Hände über das Kohlebecken.
    «Exorzist? Wieso Exorzist? Ich bin Gelehrter und kein Teufelsjäger.» Pater Fürchtegott hatte seine Sprache wiedergefunden, aber die Worte klangen kraftlos.
    «Gewiss, gewiss. Ihr seid wahrlich ein Gelehrter mit einem bescheidenen Ruf. Doch meint Ihr nicht auch, dass sich die Wissenschaft hin und wieder aus dem Elfenbeinturm hinaus- und hinein ins pralle Leben begeben muss? Ihr vergesst mir noch die Welt, wenn Ihr nur hier drinnen hockt.»
    «Aber ich bin kein Satansjäger! Im Gegenteil: Ich habe eine Höllenangst vor dem Teufel», wiederholte der Pater bockig.
    «Eben drum, mein Lieber. In der Heiligen Schrift steht, man soll dem Herrn mit allen Kräften dienen. Da Ihr selbst zugebt, auf diesem ausgesuchten Gebiet nicht erprobt zu sein, nun denn, so müsst Ihr eben üben.»
    «Als Exorzist in Nordhessen!» Pater Fürchtegotts Stimme klang, als verläse er sein

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