Teuflische Kuesse
er wird immer nur einen Klumpen Kohle haben und
niemals einen Diamanten.« Die Stimme schnurrte kehlig weiter: »Sie hat nicht die
geringste Hoffnung, ihm jemals zu genügen. Haben Sie etwa vergessen, dass ich
ja aus erster Hand weiß, wie anspruchsvoll er im Bett sein kann? Er wird der
dummen, kleinen Bürgerlichen schon bald überdrüssig sein ... wenn er es nicht
schon ist. Und wenn das passiert, dann werde ich da sein. Er hat ihr vielleicht
seinen Namen geschenkt, aber sein Herz wird sie niemals gewinnen.«
Laura war
nur noch einen wütenden Atemzug davon entfernt, aus der Kabine zu schießen und
der hinterhältigen Hexe zu zeigen, wie >bürgerlich< sie sein konnte, da
raschelten im Abteil nebenan ein paar Röcke.
»Welch eine
Freude! Lady Diana«, zirpte die Frau, die Lauras Ehemann in ihr Bett gezerrt
hatte. »Ich wusste gar nicht, dass Sie hier im Laden Kundin sind. Was für eine
Freude, Sie zu treffen. Ihr Cousin und ich sind die allerbesten Freunde.«
»Tatsächlich?«
Laura brauchte sich Dianas eisigen Blick nicht erst groß vorzustellen. Sogar in
ihrem Abteil schien die Temperatur so rapide gefallen zu sein, dass sie schon
fast erwartete, ihren eigenen Atem zu sehen. »Sterling hat nie von Ihnen
gesprochen. Ich erinnere mich allerdings, dass er Ihren Gatten recht freundlich
erwähnt hat. Wie geht es Lord Hewitt dieser Tage? Im Vollbesitz seiner Kräfte,
wie ich hoffe.«
Der
schmeichlerische Ton schwand aus Lady Hewitts Stimme. Sie wurde frostig wie
Diana. »Mein Bertram verbringt sehr viel Zeit auf unserem Landsitz.«
»Das kann
man ihm wohl nicht übel nehmen.« Als die zweite Frau nach Luft schnappte,
setzte Diana hinzu: »Diese Sommerhitze, aber das wissen Sie ja selbst. Wenn
Sie jetzt so freundlich wären, mich zu entschuldigen. Ich bin auf der Suche
nach der jungen Ehefrau meines Cousins. Sterling hat mich mitgeschickt, damit
ich ihr bei der Auswahl einer angemessenen Aussteuer helfe. Der liebe Mann ist
ganz beschämt, dass er sie zu einer solch überstürzten Hochzeit gedrängt hat.
Doch er konnte es nicht ertragen, auch nur einen Tag von ihr getrennt zu sein.
Er liebt sie abgöttisch, müssen Sie wissen. Er verwöhnt sie nach Kräften und will
nicht, dass es ihr an irgendetwas mangelt.«
Tränen der
Dankbarkeit und der Wehmut brannten in Lauras Augen. Einst, in einem anderen
Leben, wären Dianas Worte wahr gewesen.
Als Laura
kurze Zeit später das Abteil verließ, saß ihre Begleiterin kerzengerade auf
einer Stuhlkante und betrachtete desinteressiert die neuesten Modebilder in La
Belle Assemblée.
»Ich habe
gehört, was Sie zu diesen Frauen gesagt haben«, flüsterte Laura. »Ich bin Ihnen
zu Dank verpflichtet.«
Diana
klappte das Journal zu und erhob sich mit trotzig gerecktem Kinn. »Das habe
ich nicht für Sie getan. Sondern für mich. Hohlköpfige Schönheiten wie
Elizabeth Hewitt blicken seit Jahren naserümpfend auf mich herunter, weil ich
nicht das Unglück hatte, einen gichtkranken alten Säufer zu heiraten, der sich
mehr für seine preisgekrönten Spaniel interessiert als für seine Frau.«
»Wenn Sie
sich damit auf Lord Hewitt beziehen, muss man allerdings hinzufügen, dass seine
Spaniel ihm gegenüber auch loyaler sind, als seine Frau es ist.«
Diana lächelte
nicht direkt, aber ihre Augen leuchteten ein wenig. »Ich nehme an, da haben Sie
Recht. Man kann den Mann kaum schelten, dass er die vierbeinigen Biester
vorzieht.«
Der Rest
des Nachmittags
ging in wirbelndem Rausch vorbei. Während Diana und sie auf der breiten Oxford
Street von einem Hutmacher, Schuhmacher oder Parfümeur zum anderen liefen,
stellte Laura sich vor, wie sehr Lottie solch eine Unternehmung genossen
hätte. Auch wenn Diana für sich selbst nur ein wertloses Schmuckstück kaufte,
für Laura musste es von allem das Allerfeinste sein – eine ganze Phalanx von
Hüten, dekoriert mit Früchten, Federn oder Blumen; von Hand bemalte Fächer;
geschliffene Duftflakons; Schultertücher aus Cashmere; Handschuhe aus
Ziegenleder und seidene Strümpfe; rüschenbesetzte Sonnenschirme; parfümierte
Seifen; pastellfarbige
Pantoffeln und nicht ein, sondern zwei Paar von den raffinierten, halbhohen
Stiefeletten; silberne, filigran gearbeitete Kämme und Diademe; perlenbesetzte
Haarbänder; sogar ein ziemlich schockierendes Paar langer Unterhosen, von denen
eine enthusiastische Verkäuferin behauptete, sie würden in den Londoner Salons
ganz große Mode werden. Alles sollte, so schnell es den Geschäftsleuten
möglich war,
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