Teuflische Kuesse
zurück. Seine freundliche Maske zeigte erste Risse. »Meine Mutter
sollte nicht Ihre Sorge sein.«
Laura erhob
sich und zerknüllte die Urkunde in ihrer Faust. »Ihre Sorge war Sie
jedenfalls sicherlich nicht. Wäre sie es gewesen, dann hätten Sie sie nicht
ohne Ihre Vergebung sterben lassen. Aber da ich anscheinend Lady Eleanors
Schicksal teilen werde, ist es nur gerecht, dass ich auch ihr Haus erbe. Auch
wenn ich den Rest meines Lebens damit verbringen muss, es mir zu verdienen.« Sie ging zur Tür und drehte sich noch einmal auf dem Absatz nach ihm um.
»Oh, ich bin heute einer lieben Freundin von Ihnen über den Weg gelaufen –
einer Lady Hewitt. Sie hat klargestellt, dass sie nur zu erfreut wäre, wieder
das Bett mit Ihnen zu teilen, sobald sie meiner überdrüssig sind.«
Obwohl sie
alle Kraft aufbringen musste, zu der ihr zarter Körper fähig war, schaffte sie
es, die schwere Tür dermaßen hinter sich zuzuknallen, dass die Kerzenleuchter
schepperten.
»Was aber
kaum je der Fall sein wird«, murmelte Sterling und schüttelte traurig den Kopf,
während ihre wütenden Schritte sich entfernten.
Laura
lag flach auf dem
Rücken im Bett und starrte in den Betthimmel hinauf. Letzte Nacht war sie
zornig gewesen, heute Nacht war sie fuchsteufelswild. Ihr Ehemann konnte den
edlen Wohltäter spielen, so viel er wollte, sie wusste, was sein Geschenk in
Wirklichkeit war – nichts als ein weiterer Vorwurf. Eine höhnische Erinnerung,
dass kein alter, modriger Steinhaufen je wieder gutmachen konnte, was ihre
Lügen sie beide gekostet hatten.
Irgendwo im
Haus schlug eine Uhr und kündete vom Ende ihres Geburtstages.
Laura warf
sich auf die Seite. Und wenn es dreizehn schlug, sie würde nicht zu ihm gehen.
Ganz abgesehen davon, dass sie den Westflügel ohnehin nicht wieder finden
würde. Sterling würde sowieso nur erleichtert sein, wenn sie eine Treppe hinunterstürzte
und sich den Hals brach. Sie sah ihn schon an ihrem Grabe stehen, wie er mit
gespielter Trauermiene Lady Hewitts Beileidsbekundungen entgegennahm.
Aber
vielleicht würde er ihr frühes Ende gar nicht erst abwarten. Was, wenn sie zum
Westflügel marschierte und sein Bett kalt und verlassen vorfand? Vielleicht war
er längst wieder bei seiner ehemaligen Geliebten. Vielleicht hatten sie den
Abend über Champagner getrunken und über das Missgeschick gelacht, das ihn zur
Heirat mit einer mittellosen Pfarrerstochter gezwungen hatte, die nie darauf
hoffen konnte, im Bett seinen Ansprüchen gerecht zu werden. Vielleicht hatte er
sich genau in diesem Moment schon in das seidene Bettzeug dieser Dame
verstrickt und verwöhnte ihren sinnlichen Körper mit all den verderbten
Köstlichkeiten, die er letzte Nacht Laura hatte angedeihen lassen.
Laura zog
sich ächzend die Decke über den Kopf, um diese verfluchte Vorstellung
loszuwerden.
Was genau
die Haltung war, in der Sterling sie vorfand, als er die schweren Bettbehänge
aufzog und sich neben sie setzte.
KAPITEL 23
... und
dass sie sich Deiner Liebe würdig erweist.
Laura setzte sich auf und schüttelte sich
die zerzausten Haare aus den Augen. »Was machst du denn hier?«
Sterling
stellte den Kerzenhalter aus Zinn auf eine schmale Ablage am Kopfende ihres
Bettes und tauchte Laura in anheimelndes Licht. »Ich will mir nicht vorwerfen
lassen, meine Pflichten als Ehemann vernachlässigt zu haben. Ich zweifle, dass
meine angeschlagene Reputation einem weiteren Schlag standhalten würde.«
Sie schien
eine Zeit lang über seine Worte nachzudenken, dann sank sie auf den Rücken
zurück. »Wenn du bloß deinen Erben willst, dann können wir uns die Nettigkeiten
sparen und gleich zur Sache kommen.«
»Die
Nettigkeiten?«
»Du weißt
schon – die Küsserei ... die Anfasserei.« Sie winkte geringschätzig ab. »Der
ganze dumme Kram.«
»Du willst
mich also nicht küssen?«
»Ich wüsste
nicht weshalb, du etwa?«
Sterling
schaute möglichst unschuldig drein. »An überhaupt keiner Stelle?«
Er war nahe
genug, sie schwer schlucken zu sehen. Sie warf das Bettzeug zurück und starrte
in den Betthimmel hinauf. »Deck mich einfach wieder zu, wenn du fertig bist. Es
ist ziemlich kühl.«
Das war es.
Aber das hatte nichts mit dem zugigen alten Haus zu tun, sondern allein mit der
mürrischen Miene seiner Gemahlin
und ihrer starren Körperhaltung. Sie sah aus, als warte sie auf den Apotheker,
damit der ihr einen vereiterten Zahn zog. Sterling musste sich in die Wange
beißen, um sich am Lächeln zu hindern.
»Ich
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