Teuflische Kuesse
wollen?«
»Vielleicht«,
sagte er kryptisch.
»Wir sind
auch ohne neuen Schafsbock wunderbar ausgekommen.« George warf einen scharfen
Blick auf Nicholas. »Ich verstehe nicht, warum wir jetzt plötzlich einen
brauchen.«
»Es sei
denn, wir rösten ihn lange am Spieß«, warf Lottie süßlich ein.
»Komm,
Dower«, sagte Laura und lächelte durch zusammengebissene Zähne. »Es geht
schließlich ums Vieh, also besprechen wir die Angelegenheit wohl am besten im
Stall.«
Bevor die
Kinder Nicholas' Verdacht weiter anstacheln konnten, marschierte sie los in
Richtung Stall und zog Dower, so schnell seine Säbelbeine es erlaubten, hinter
sich her. Kaum hatte sie die Stalltür zugezogen und das Schloss eingehakt,
wirbelte sie herum und schaute ihm ins Gesicht. »Was hast du erfahren in
London, Dower? Gibt es irgendwelche Berichte über einen vermissten Gentleman?«
»Immer mit
der Ruhe, Miss Laura. Muss erst mal Luft holen.«
Trotz ihrer
Ungeduld wusste Laura, dass es sinnlos war, Dower anzutreiben, wenn der nicht
wollte. Cookie hatte ihm einmal zugesetzt, einem der Nachbarn einen frischen
Minz-Pie zu bringen. Mit dem Erfolg, dass der Kuchen nach einer Woche sein
Ziel erreichte, mit einer dicken Schicht Schimmel überzogen und drei fehlenden
Stücken.
Sie
schmorte still vor sich hin, während er einen Fuß auf einen umgekippten Tiegel
setzte, eine Pfeife aus der Tasche fischte, sie entzündete und einen
entspannten Zug nahm. Als sie eben überlegte, ob sie sich selbst am Haar ziehen
sollte oder ihn, machte er den Mund auf, blies eine Rauchschwade heraus und
sagte: »Es gibt einen vermissten Gentleman, jawoll.«
Laura sank
auf einen Strohballen, ihre Beine wurden weich. »Das war es dann wohl, würde
ich sagen. Wir wandern alle ins Gefängnis.«
Dower nahm
einen weiteren tiefen Zug aus der Pfeife. »Er is vor noch nich mal 'ner Woche
verschwunden. Is in eine von den berühmten Spielhöllen losgezogen, aber nie
angekommen. Und sein Weib schreit seitdem was von Falschspiel.«
»Oh.« Laura
hielt ihren Bauch und fühlte sich, als hätte eine Kuh sie getreten. So wie es
aussah, brauchte Nicholas keine Frau. Er hatte schon eine.
Ein Grinsen
erschien auf Dowers dünnen Lippen. »Klar sagen welche, dass er mit seiner
Geliebten nach Frankreich is.«
Lauras Kopf
flog hoch. »Er hat eine Frau und eine Geliebte?«
Dower
nickte bewundernd, während er den Rauch aus der Nase blies. »Das muss man dem
Burschen lassen. Der Himmel weiß, dass ich genug zu tun hab, um eine Frau
glücklich zu machen, geschweige denn 'ne zweite.«
Laura
erinnerte sich an die rauen Zärtlichkeiten, die ihr Nicolas ins Ohr geflüstert
hatte und an die köstliche Hitze seines Mundes auf
ihrer Haut und konnte den bitteren Ton nicht ganz aus ihrer Stimme halten: »Ich
bin mir sicher, er weiß, wie man Frauen glücklich macht. Solches Geschick fällt
manchen Männern einfach zu.«
Sie erhob
sich von dem Strohballen und begann, zwischen den Boxen auf- und
abzumarschieren. Sie konnte schlecht Nicholas' Charakter verurteilen, nachdem
sie selbst keinen hatte. Ihr Herz hätte vor Schuldgefühlen schmerzen sollen,
anstatt vor Liebeskummer zu brechen. »Seine arme Frau. Was muss sie
durchmachen, wenn sie darüber nachdenkt, welch schreckliches Unheil ihm
widerfahren sein könnte?«
Dower
nickte zustimmend. »Und ich würd sagen, ihre wilden Racker sind eher 'ne
Prüfung als 'ne Freude.«
Laura blieb
stehen und drehte sich langsam um. »Racker?«
»Ja. Fünf von denen sind da, eins
schräger und lauter als das andere.«
Laura
tastete nach dem Strohballen hinter sich und setzte sich wieder.
Dower zog
ein zerknittertes Flugblatt aus der Tasche und hielt es ihr hin. »Das haben se
überall in der Stadt verteilt, dass se rausfinden, was mit ihm is.«
Laura nahm
das Flugblatt, darauf gefasst, die Skizze eines Künstlers in der Hand zu
halten, der seinem Objekt nicht gerecht werden konnte. Sicher hätte es nicht
mal ein Meister wie Reynolds oder Gainsborough geschafft, den schelmischen Zug
im Lächeln ihres Bräutigams festzuhalten oder seine unwiderstehliche Art, in
die Sonne zu blinzeln.
Sie legte
sich das Flugblatt auf die Knie und entdeckte ein paar tief liegende kleine
Schweinsaugen, die sie anschielten. Sie beugte sich
näher über die Skizze. Die buschigen Barthaare schafften es nicht, die enormen
Hängebacken zu verbergen. Die Stirn war von einem Berg schwarzer Locken
gekrönt, so dicht, dass sie fast weiblich wirkten.
Laura
wandte sich von der
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