Teuflische Lust
sich mit ihnen vergnügt hatte. Würde Lucas darauf verzichten können, wenn sie sich für ihn entschied? Oder würde sie mit dieser Einschränkung leben müssen? Aber das konnte doch auf Dauer nicht gut sein. Für sie beide nicht!
»Manchmal kann Liebe aber auch verändern«, fügte Frau Wagner ihren Worten hinzu, und ihre Augen leuchteten voller Güte. »Was Sie aber nie erfahren werden, Kind, wenn Sie nicht bereit sind, ein Risiko einzugehen.« Sie lächelte auf eine geheimnisvolle Weise.
Alexia war sich nicht ganz sicher, ob sie Bescheid wusste. Ob sie irgendwie mitbekommen hatte, von wem sie da überhaupt sprach, aber es spielte im Grunde genommen keine Rolle. Frau Wagner hatte recht. Es kam darauf an, was sie fühlte. Und tief in ihrem Inneren wollte sie Lucas. Ihn.Keinen anderen. Ihn, so wie er war. Mit allem, was dazugehörte. Aber wie sollte sie ihn erreichen? Wie sollte sie ihn finden? Vielleicht fand sie eine Antwort darauf im Internet.
»Vielen Dank, Frau Wagner. Sie haben mir sehr geholfen.«
»Das freut mich, Kind.« Frau Wagner erhob sich und setzte ihren Weg durch den Park fort. An der alten Buche angekommen, drehte sie sich kurz um. »Sie werden schon das Richtige tun«, sagte sie und ging weiter.
Ja, das würde sie. Alexia war fest entschlossen, Lucas zu finden …
Zu Hause angekommen, setzte sie sich an ihren Laptop, öffnete entschlossen eine neue Mail, gab seine E-Mail-Adresse ein und schrieb einfach drauflos, was ihr auf dem Herzen lag. Sie wollte ihn wiedersehen. Völlig gleich, wie unvernünftig das war. Im schwersten Augenblick ihres Lebens hatte sie seine Nähe gespürt, die ihr Kraft und Mut gegeben hatte. Es war der Moment gewesen, in dem sie erkannt hatte, dass sie zusammengehörten.
Sie schickte die E-Mail ab, und im selben Augenblick erhielt sie Post. Überrascht checkte sie ihre E-Mails, nur um festzustellen, dass der Mailer-Daemon der Absender war. Wie passend, dachte sie. Mailer-Daemon war nichts anderes als eine automatisch erzeugte Fehlermeldung des Mailservers, wenn eine E-Mail nicht zustellbar war. Im Klartext bedeutete das, dass Lucas seine Mailadresse gelöscht hatte.
O nein! Wie sollte sie jetzt Kontakt zu ihm herstellen? Ihr Blick wanderte durch den Raum, als hoffte sie, irgendwo dort die Lösung zu finden. Er blieb auf den Pentagrammen haften. Natürlich! Solange die im Haus waren, konnte Lucas nicht zu ihr kommen. Vielleicht hatte er es längst versucht, war aber gescheitert?
Raschhatte sie einen feuchten Lappen zur Hand, und die Symbole an ihrer Tapete waren schnell entfernt. Wie sie es befürchtet hatte, ließ die bunte Kreide ihrer Nichte Spuren an den Wänden zurück. Aber das spielte im Moment keine Rolle. Plötzlich hatte Alexia eine Idee! Sie löschte die gespeicherte E-Mail an den sogenannten Exorzisten und googelte nach Beschwörungsritualen, um einen Dämon herbeizurufen. Es war erstaunlich, welch eine Fülle an verschiedenen Methoden es online zu entdecken gab. Ob auch nur eine davon tatsächlich funktionierte? Von der Köpfung eines lebendigen Huhns bis hin zu Totengesängen war alles dabei. Die meisten Praktiken fielen aber schon im Vorfeld aus ihrer Liste. Sie hatte nicht das geringste Bedürfnis, einem Huhn den Kopf abzuschlagen, um sein Blut auf der Erde zu verteilen. Auch hielt sie nicht viel von besonders lauten Beschwörungsformeln, die man hinausrufen musste, am besten in einer ruhigen Vollmondnacht, damit jeder im nahen Umkreis des Lazaruswegs davon etwas mitbekam. Nein, danke. Alexia suchte sich eine Beschwörung aus, die auf sie den glaubhaftesten Eindruck machte und trotzdem unkompliziert zu realisieren war. Sie brauchte neun Kerzen, ein Schwert und wieder etwas Kreide. Als geeigneter Ort zur Durchführung wurde der Friedhof vorgeschlagen. Der Gedanke verursachte eine Gänsehaut. Sie wollte die Ruhe der Toten nicht stören. Außerdem war ihr dieses Setting doch etwas unheimlich. Andererseits wollte sie, dass ihre Herbeirufung Erfolg hatte. Sie musste mit Lucas sprechen, ganz dringend. Also packte sie ihre Utensilien in ihren Rucksack und machte sich um Mitternacht auf den Weg zum Friedhof. Als sie vor dem verschlossenen gusseisernen Tor stand, wurde ihr schnell klar, dass sie umplanen musste. Durch dieschmalen Lücken zwischen den einzelnen Gitterstäben passte nicht einmal Melli durch. Und über die rote Backstein-mauer, die den gesamten Friedhof umzäunte, kam sie ebenfalls nicht rüber. Die war an die zwei Meter hoch, und man brauchte
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