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Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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ich.
    »Der Gouverneur wird Sie mit ihnen bekannt machen.«
    Sie führte mich in ein Vorzimmer. An der Wand hing ein Büffelkopf, und zwei schöne Navajo-Teppiche lagen auf dem Fußboden, aber die wahre Attraktion des Raumes waren vier Personen, die mit Sorgfalt ausgesucht schienen, als sollten sie die Macht und die Vielfalt von Texas repräsentieren. Ich bemühte mich, mir jedes einzelne Gesicht und das entsprechende Schildchen einzuprägen.
    Das erste solche Paar gehörte zu einem großgewachsenen, mageren, finsterblickenden Mann mit herabhängenden Schultern, dessen Erscheinung in jeder Umgebung Aufmerksamkeit erregen mußte. Als ich sein Schildchen las, begriff ich, was ihn aus der Masse hervorhob. Es war Ransom Rusk, laut Fortune und Forbes einer der reichsten Männer Texas’, »Besitzer eines Vermögens, das eine Milliarde Dollar vermutlich übersteigt«. Er war Ende fünfzig, und nach der Distanz zu urteilen, die er zu den anderen hielt, hatte er den festen Willen, sowohl sein Vermögen als auch seine Person vor möglichen Störenfrieden zu schützen. Er war teuer, aber nicht schick gekleidet, dies und seine ständig gerunzelte Stirn ließen erkennen, daß ihm gleichgültig war, was andere Menschen über ihn dachten.
    Er unterhielt sich gerade mit einem Mann von ganz anderem Schlag, einem großen, allem Anschein nach zugänglichen, hemdsärmeligen Typ Mitte fünfzig, der in einen teuren Anzug aus Whipcord gekleidet war, wie ihn Viehzüchter oft tragen. Er trug Stiefel mit hohen Absätzen und um den Hals einen Kordelschlips nach Westernart, der von einem großen Türkis festgehalten wurde. Als ich auf dem Schildchen seinen Namen las - Lorenzo Quimper -, mußte ich lächeln. Dieser Mann war eine Legende, der Prototyp des texanischen Geschäftemachers, Besitzer von neun Ranches, Freund des Präsidenten, Ölbaron und ein fanatischer Anhänger des Leichtathletikteams seiner Universität. Er sah gut aus, hatte aber etwas Pompöses, wenig Vertrauenerweckendes an sich. Als er mich eintreten sah, wandte er sich mir mit einem breiten Grinsen zu. »He, Freund«, sagte er und streckte mir seine Hand entgegen, »mein Name ist Quimper. Willkommen in der ersten Liga.« Sofort danach nahm er sein Gespräch mit Rusk wieder auf; ich war ihm nicht mehr als drei Sekunden wert gewesen.
    Die dritte Person, die ich jetzt ins Auge faßte, war eine großgewachsene grauhaarige Dame mit aristokratischem Profil, elegant gekleidet, soigniert, Ende sechzig. Sie hatte das Gebaren einer Frau, die nicht mit sich spaßen läßt, und sah aus, als wäre sie gewohnt, in Aufsichtsräten zu sitzen und wichtige Entscheidungen zu treffen. Wie mir ihr Schildchen verriet, handelte es sich bei ihr um Miss Lorena Cobb, Tochter beziehungsweise Enkelin zweier bedeutender Senatoren der Vereinigten Staaten, die der Nation und Texas in den Jahren nach dem Sezessionskrieg wertvolle Dienste geleistet hatten. Sie war eine jener Standardtexanerinnen, die sich in ihrer Jugend vom Machismo ihrer Männer einschüchtern ließen, in reiferen Jahren jedoch oft als die elegantesten und einflußreichsten Frauen der Welt ins Rampenlicht traten. Sie bildeten das Rückgrat texanischer Städte, indem sie ihre reichen Ehegatten und Freunde dazu überredeten, Krankenhäuser und Museen zu bauen, und dann die höheren gesellschaftlichen Kreise beherrschten.
    Der interessanteste der vier war ein feingliedriger Mann Ende dreißig, etwa einsfünfundsechzig groß, mit einem penibel gestutzten Schnurrbart. Er wog nicht mehr als fünfundsiebzig Kilo, und seine Haut war olivefarben. Sein Schildchen wies ihn als »Professor Efrain Garza, Texas A&M« aus, und der Akzent auf seinem Vornamen ließ mich vermuten, daß er ein Gastprofessor aus Mexiko war. Schon wollte ich ihn danach fragen, als die Für zum Büro auf sprang und der Gouverneur herausgestürmt kam, um uns zu begrüßen. Ein stämmiger Rotschopf, etwas über fünfzig, mit ausladenden Gesten, die uns anzutreiben schienen: »An die Arbeit! Wir haben nicht viel Zeit.«
    »Hallo! Hallo! Ich nehme an, Sie haben sich bereits alle miteinander bekannt gemacht.« Als wir erkennen ließen, daß wir das nicht getan hatten, blieb er stehen und packte Rusk am Arm, so als ob der Milliardär aufgrund seiner Macht Anspruch darauf hätte, als erster vorgestellt zu werden: »Fotos von diesem Herrn haben Sie sicher schon in den Zeitungen gesehen. Hier ist er also in Fleisch und Blut, Ransom Rusk.« Der große Mann lächelte trübe, und der

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